
Schleswig-Holstein Hohe Bedrohung durch Cyberkriminalität: Was Experten in SH raten
Deutsche Sicherheitsbehörden haben 2024 so viele Fälle von Cyberkriminalität registriert wie noch nie. Das zeigt das aktuelle "Bundeslagebild Cybercrime". Das raten Polizei und Verbraucherschützer.
Ein Leben ohne Laptop, Rechner oder Smartphone ist für viele undenkbar. Allerdings wird es zum Alptraum, wenn sich jemand in den PC hackt und zum Beispiel Bankdaten abgreift oder sogar die Identität klaut. Tatsächlich passiert das immer wieder: Laut Bundeskriminalamt (BKA) ist die Bedrohung durch Cyberkriminalität in Deutschland weiterhin groß.
Falscher Microsoft-Mitarbeiter am Telefon
Für Marita Ölze aus Kiel ist die Bedrohung nicht nur theoretisch, sondern bereits Realität geworden. Vor wenigen Tagen konnte sie an ihrem Laptop nichts mehr machen, der Bildschirm war blau und zeigte lediglich "Microsoft Service" an. Eine weibliche Computerstimme forderte die Kielerin auf, sofort die angegebene Nummer anzurufen, da sie einen Virus auf dem PC hätte.
"Tech Support Scam" nennt sich diese Masche. Nach einem über drei Stunden langen Gespräch mit einem vermeintlichen Microsoft-Mitarbeiter war Marita Ölze um 650 Euro ärmer. "Ich fühlte mich sicher und wohl, weil ich dachte, ich wäre mit Microsoft verbunden."

Marita Ölze aus Kiel ist auf eine Internet-Betrugsmasche reingefallen.
Angebliche Mitarbeiter behaupten, der PC oder Laptop sei von Viren befallen oder gehackt worden und sie würden das beheben. Stattdessen, wie im Fall von Marita Ölze, greifen die Betrüger sensible Daten wie Adresse, Kontodaten und Passwörter ab. "Ich dachte, der macht seine Arbeit", ärgert sie sich.
Cyberkriminelle verursachen fast 180 Milliarden Euro Schaden
Die Kielerin ist bei Weitem nicht die einzige, die Opfer einer Cybercrime-Betrugsmasche wurde. Bei der Vorstellung des aktuellen BKA-Lageberichts am Dienstagvormittag versuchte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) die Dimension einzuordnen.
Schätzungsweise entstanden im vergangenen Jahr wirtschaftliche Schäden von mehr als 178 Milliarden Euro und damit über 30 Milliarden Euro mehr als 2023. Es sei die bislang höchste gemessene Schadenssumme. Die Cyberkriminalität werde ständig aggressiver, aber auch die Gegenstrategien würden professioneller, betonte Dobrindt.
Fast 4.000 Cybercrime-Fälle in SH im vergangenen Jahr
Das Landeskriminalamt (LKA) hat in seiner im März erschienenen Kriminalstatistik für das Jahr 2024 genau 3.789 Cybercrime-Fälle in Schleswig-Holstein ausgewiesen. Das sind rund 500 mehr als noch im Jahr zuvor.
Was wir feststellen und sagen können, ist, dass der Bereich Cyberkriminalität in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr zugenommen hat. Und die Aussichten für die kommenden Jahre stehen für die Verbraucher schlecht da."
— Yannick Fischer, Zentrale Ansprechstelle Cybercrime LKA SH
29 Prozent aller angezeigten Cybercrime-Fälle in Schleswig-Holstein sind laut Kriminalstatistik aufgeklärt worden.
Privatleute sind meist von Phishing betroffen
Die Art der Taten sind vielfältig, erklärt Yannick Fischer von der Zentralen Ansprechstelle Cybercrime (ZAC) des LKA Schleswig-Holstein in Kiel. "CEO-Fraud" ist zum Beispiel eine neue Masche: Kriminelle geben sich als Geschäftsführer oder Kassenwart eines Vereins aus und veranlassen bei einem Mitarbeitenden oder Mitglied, dass ein Geldbetrag auf ein Konto - meist im Ausland - überwiesen werden soll.
Privatleute sind meist vom Phishing betroffen. Dabei erbeuten Betrüger per Mail oder SMS personenbezogene Daten. "Bei Privatpersonen in 99 Prozent der Fälle ist es eine E-Mail, eine SMS, eine WhatsApp, wo man dann etwas falsches anklickt und zum Beispiel eine TAN rausgibt." Laut Yannick Fischer ist auch der "Tech Support Scam" eine beliebte Masche - wie im Fall von Marita Ölze.
Diese Tipps gibt die Verbraucherzentrale:
Verbraucher sollten lieber einmal öfter misstrauisch sein als einmal zu wenig, rät LKA-Experte Fischer: "Immer wachsam sein, einen zweiten Blick verwenden, sich nicht hetzen lassen." Auch Michael Herte von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein berät immer wieder Opfer von Internetbetrügern und rät:
- Klicken Sie nicht auf Links von unbekannten Absendern oder wenn Sie unsicher sind.
- Geben Sie den Link zum Beispiel von ihrer Bank lieber händisch ein, als auf einen vermeintlich echten Link zu klicken
- Wenn sie ihn doch anklicken, seien Sie aufmerksam: Sieht der Name, die Domain nachvollziehbar aus? Steht da https?
- Seien Sie generell misstrauisch bei E-Mail-Absendern, die Sie nicht kennen. Doch auch E-Mails von bekannten Absendern können manipuliert sein - wenn die Absender selbst Opfer einer Phishing-Attacke geworden sind.
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 03.06.2025 | 19:30 Uhr