Niedersachsen Schimmel im Archiv: Viele Justizgebäude in Niedersachsen betroffen
Mehr als ein Dutzend Amtsgerichte in Niedersachsen haben ein Schimmelproblem. Auch ein Archivkeller in Oldenburg ist betroffen. Eine Grundsanierung der betroffenen Gebäude wäre jedoch aufwendig - und teuer.
In zahlreichen Amtsgerichten in ganz Niedersachsen wurden Schimmelsporen nachgewiesen, darunter in Soltau, Braunschweig, Goslar, Hameln und Delmenhorst. Das geht aus einem Erhebungsbericht des Niedersächsischen Landtags in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium hervor. Auch ein Archivkeller im Oldenburger Amtsgericht wurde laut einem Gutachten im Oktober positiv auf Schimmelsporen getestet. Der Archivraum musste daraufhin für mehrere Tage gesperrt werden, was zu einem Bearbeitungsstau führte.
Archivkeller darf nur mit Schutzkleidung betreten werden
Inzwischen darf das Archiv nur noch für einen kurzen Zeitraum und mit Schutzkleidung betreten werden. Wie aus den Bestimmungen des Gutachtens hervorgeht, sind die Mitarbeitenden angewiesen, wenigstens Handschuhe, einen Mundschutz und Schuhüberzieher zu tragen. Sollten sie sich länger im Archivkeller aufhalten, müssen sie ganze Schutzanzüge tragen. Denn der Schimmelbefall schadet nicht nur den Akten: Die gesundheitsschädlichen Schimmelsporen sind in der Luft nicht sichtbar und können durch einen Luftzug aufgewirbelt und verteilt werden. Laut dem Bundesministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz (BMUV) können die Sporen daher über die Kleidung auf andere Gegenstände oder Orte übertragen werden. Sie können zu Hautreizungen und Schleimhautentzündungen führen und Allergien und Asthma auslösen.
Akteneinsicht nur noch elektronisch
Testamente, Grundbücher oder Urkunden dürfen befallene Archivlager daher nicht verlassen. Zu groß ist die Gefahr, dass der Schimmelpilz über die kontaminierten Akten in die Büros gelangt. In Oldenburg ist deswegen im Keller eigens ein Scanner eingerichtet worden. Hier werden die Dokumente elektronisch eingelesen, wodurch sie dann wenigstens als digitale Kopie eingesehen werden können. Danach wird die Akte wieder dem Archiv zugeführt, wo ihr Schicksal im Schimmel-Milieu allerdings relativ ungewiss ist.
Das Archivlager im Oldenburger Amtsgericht ist von Schimmelsporen befallen. (Themebild)
Historische Bausubstanz ist ungeeignet
Bei den von Schimmel betroffenen Amtsgerichten handelt es sich nach Angaben des Staatlichen Baumanagements Niedersachsen in den meisten Fällen um historische Gebäude, die älter als 100 Jahre sind. In der jüngeren Vergangenheit haben sich die Schadensbilder jedoch gehäuft, was mit den steigenden Starkregenereignissen zusammenhängen soll. Die Bausubstanz der alten Gebäude könne den Wassermassen nicht standhalten, so die Behörde. So komme es zu Schäden durch Feuchtigkeit.
Baumanagement: Sanierung nahezu unmöglich
Eine Grundsanierung würde laut Baumanagement nicht nur die Amtsgerichte in Niedersachsen betreffen, sondern auch Gebäude von Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten. Die zu treffenden Baumaßnahmen wären nicht nur zeitaufwendig und umfangreich, sondern auch kostenintensiv. Finanziell und personell sei das überhaupt nicht möglich, teilte das Staatliche Baumanagement dem NDR Niedersachsen mit. In aktuellen Schadensfällen behelfe man sich in der Regel mit Bautrocknungsgeräten, um die Schadensausbreitung wenigstens einzudämmen.
Lagerung in Kellern noch zeitgemäß?
Da trotz Digitalisierung der Gerichtsakten gewisse Dokumente immer noch zusätzlich im Original aufgehoben werden müssen, hat die Behörde nach eigenen Angaben bereits mehrfach angeregt, Ausweichflächen für die Archivierung in Betracht zu ziehen. Außerdem kommt es durch zeitweise Sperrungen der Archivkeller immer wieder zu Verzögerungen und Stau in der Abarbeitung, wie die Behörde betont. Und fest steht demnach auch: Solange in den Untergeschossen archiviert wird, gibt es für die Mitarbeitenden immer eine latente bis hochgradige Gesundheitsgefährdung durch Schimmelsporen.
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Hallo Niedersachsen | 15.12.2024 | 19:30 Uhr