Blick auf eine kleinere blaue Tür in einem Fachwerkhaus in einer Fußgängerzone, daneben weist ein grünes Schild eine Gewaltschutz-Beratungsstelle aus.

Niedersachsen Rückschlag für Kinderschutz: Landespolitik drückt Bedauern aus

Stand: 30.05.2025 18:40 Uhr

Der SOS-Kinderdorf-Verein im Landkreis Osterholz schließt seine Fachberatungsstelle gegen Gewalt und sexualisierte Gewalt. Für die Landtagsfraktionen ein Widerspruch zur neuen Kinderschutzstrategie.

Erst Mitte Mai hatte das Land Niedersachsen eine neue Strategie zum Kinderschutz beschlossen. Die Landesregierung will demnach mehr Geld investieren und Gewaltberatungsstellen finanziell absichern. Auf Anfrage des NDR Niedersachsen zur Schließung der unabhängigen Beratungsstelle im Landkreis Osterholz schreibt die Staatssekretärin im Sozialministerium, Christine Arbogast (SPD): "Es ist natürlich sehr zu bedauern, wenn eine Fachberatungsstelle schließt, denn jeder Beitrag ist wichtig, der zur Beratung von Kinder- und Jugendlichen beiträgt, insbesondere in einem Flächenland wie Niedersachsen." Auf solche Schließungen habe die Landesregierung aber keinen Einfluss. 

Arbogast: "Jugendämter ersetzen keine Beratungsstellen" 

Um den tatsächlichen Bedarf an Beratungsleistungen zu ermitteln, solle nun im Rahmen der Kinderschutzstrategie die Beratungslandschaft in Niedersachsen evaluiert werden, so die Staatssekretärin. Grundsätzlich sollten Beratungsstellen auch nicht durch die Jugendämter ersetzt werden, sagt Arbogast, aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort hätten auch eine große Expertise in allen Bereichen der Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. 

CDU: Neue unabhängige Beratungsstelle notwendig 

Auch die Opposition im Niedersächsischen Landtag bedauert die Entscheidung des SOS-Kinderdorf-Vereins. Die zuständige CDU-Fachpolitikerin Sophie Ramdor schreibt auf NDR Anfrage, es sei aber eine freie Entscheidung des SOS-Kinderdorfes. Gut sei, dass das Jugendamt ab Juli kurzfristig die Aufgaben übernehme. "Wichtig ist es aber, dass vor Ort eine neue unabhängige Fachberatungsstelle aufgebaut wird, damit Betroffene niedrigschwellig und schnell Hilfe erhalten", so die CDU-Politikerin. Der Gang zum Jugendamt stelle für Betroffene häufig eine höhere Hürde dar. Ähnlich sieht es auch die AfD-Fraktion: Gerade bei sexualisierter Gewalt sei Vertrauen in die Neutralität der Beratung entscheidend. Viele Betroffene scheuten den Gang zum Jugendamt, heißt es von Vanessa Behrendt, der kinder- und jugendpolitischen Sprecherin der AfD.

Grüne fordern eine gemeinsame Strategie 

"Es ist ein fatales Signal für den Kinderschutz", so Behrendt. Eine Schließung der Stelle in Osterholz: für die AfD ein Schritt in die falsche Richtung. Auch die Sprecherin für Kinder, Jugend und Familien von Bündnis 90/Die Grünen, Swantje Schendel, fordert, dass der Landkreis gemeinsam mit Land und anderen Trägern eine Lösung findet, um schnell wieder ein unabhängiges Angebot sicherzustellen. Dass das SOS-Kinderdorf seine Fachberatungsstelle schließt, hinterlasse eine Lücke im Landkreis Osterholz: "Die alleinige Anbindung der Fachberatung an das Jugendamt kann das bestehende niedrigschwellige Angebot nicht vollwertig ersetzen", teilt Schendel mit. Denn gerade in frühen Phasen der Beratung könne die Behörde ratsuchende Personen abschrecken. Für viele Betroffene sei es entscheidend, eine unabhängige erste Anlaufstelle zu haben. 

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Hallo Niedersachsen | 30.05.2025 | 19:30 Uhr