
Mecklenburg-Vorpommern Von leerstehend zu lebendig: Dobbertiner Schule wird zentraler Kulturort
Die alte Schule in Dobbertin in Mecklenburg-Vorpommern steht seit fast 20 Jahren leer. Die Künstlerin Takwe Kaenders will sie zu einem lebendigen Kulturort umwandeln. Noch ist vieles provisorisch, es fehlen fließend Wasser und Strom.
Seit 1877 stand in der heutigen Schulstraße in Dobbertin (Kreis Ludwigslust-Parchim) ein Krankenhaus. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es dann zur Schule umgebaut. Bis 2006 wurden hier Kinder unterrichtet. Mittlerweile richtet sich die Künstlerin Takwe Kaenders einen Kunstort ein. Sie hat den Verein Rothener Hof vor mehr als 20 Jahren mit aufgebaut. Nun geht sie in Dobbertin neue Wege. Denn sie habe einen Platz gesucht, an dem sie einen Kunstraum erschaffen kann. Dort sollen unter anderem Menschen hinkommen können, die nichts mit Kunst zu tun haben, erklärt die Künstlerin. "Ich habe den Bürgermeister Dirk Mittelstädt angerufen und gesagt: Ich möchte gerne so etwas wie ein richtiges Kulturhaus machen. Hast du ein Gebäude?" Der Bürgermeister hat ihr dann die alte Schule vorgeschlagen. Wenn sie ein Konzept hätte, dann könnten sie darüber reden, war seine Antwort.
Leerstand auf dem Land mit sozialem Sinn
Ein Konzept hat Künstlerin Takwe Kaenders: Kulturräume zum Mitmachen sollen entstehen. Dabei geht es nicht um das große Geld. Sondern um kooperative und kreative Formen, die dem Leerstand auf dem Land einen sozialen Sinn entgegensetzen. "Wir sind jetzt acht Frauen und wir probieren uns aus, von einem Café bis hin zu Gemeinschaftsräumen." Auf der unteren Etage soll eine Fahrradwerkstatt entstehen, daneben ist Platz für die Metallwerkstatt von Takwe Kaenders. "Wir ergänzen das zum Fahrradreparieren. Der nächste Raum soll ein Druckraum werden, da macht Heidrun Klimmey Kurse." Im Keller soll noch ein Jugendclub entstehen. "Da müssen die Jugendlichen aber selber ran", sagt die Kaenders.
Alte Schule soll wiederbelebt werden
Von draußen hat die Schule den alten Grauputz-Charme der 1970er-Jahre. Drinnen sind die zum Teil 3,50 Meter hohen Decken zu DDR-Zeiten mit Holz abgehängt worden. Der Terrazzo-Boden ist noch gut in Schuss, sorgt aber für einen Hall, der jeden Schritt im Haus hörbar macht.
Bereits 2021 machten sich Studenten der Hochschule Wismar Gedanken um eine mögliche Wiederbelebung. Sie schlugen vor, das Haus komplett zu restaurieren und zusätzlich eine Mensa anzubauen: Um den zahlreichen Touristen etwas Neues anzubieten. Takwe Kaenders zeigt auf die Spuren der Planung im ehemaligen Direktorenzimmer. "Das ist ein Loch, da sieht man, dass Proben genommen wurden, um zu gucken, wie die Substanz von dem Haus ist. Sie haben gedacht, sie reißen es wohl doch lieber ab. Aber für mich war es jetzt gut." Noch stehen hier Trennwände aus Pressholz, die für Durchgänge abgerissen werden sollen.
61-jährige Künstlerin macht Emaille-Kunst
Takwe Kaenders studierte Ende der 1990er-Jahre an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein Metallkunst und Emaillieren. Zahlreiche Ausstellungen, Stipendien und Arbeitsaufenthalte führten sie unter anderem nach Ecuador, Marokko und Tansania. Die heute 61-Jährige hat ihre Werkstatt im Obergeschoss eingerichtet. Kupferplatten und Glaspulver in verschiedenen Farben sind ihre wichtigsten Arbeitsmittel. Ihre Profession leide unter einem Vorurteil. "Ich habe vor Jahren mal einen Artikel in der Zeitung gelesen, wo geschrieben wurde, dass das wohl die blödeste Technik ist und man die gar nicht mehr braucht."
Mittlerweile gibt es Biennalen für Emaille-Kunst in Litauen und Frankreich. Und wer nicht überzeugt ist, der kann sich in Dobbertin bald ansehen, wie kunstvolle Glasschichten auf Metall gebrannt werden. "Das Haus steht immer offen, es kann jeder vorbeikommen und dann gibt es auch einen Kaffee," schmunzelt die Künstlerin. Noch wird die alte Schule in Dobbertin renoviert. Aber nach "Kunst offen" an Pfingsten, wo die Künstlerinnen und Künstler ihre Türen öffnen, wird noch mehr Leben in die alte Schule in Dobbertin einziehen.
Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur | Kulturjournal | 28.05.2025 | 19:20 Uhr