Mecklenburg-Vorpommern Neuwahlen: Gerangel um Spitzenplatz in der Landes-SPD
Als letzte Partei in Mecklenburg-Vorpommern bestimmt die SPD erst kurz vor Weihnachten ihren Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl. Es läuft alles auf einen Zweikampf zwischen dem Haushaltsexperten Frank Junge und der Integrations-Staatsministerin Reem Alabali-Radowan hinaus.
Es knirscht in der SPD. Von vorweihnachtlicher Besinnlichkeit kann bei den Sozialdemokraten keine Rede sein. "Alle sind ordentlich aufgeregt", sagt ein parteiinterner Beobachter. Bei der Wahl 2021 hat die Partei von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig noch alle sechs Wahlkreise direkt gewonnen. Nach den aktuellen Umfragen wird ihr das jetzt in keinem einzigen mehr gelingen. Für die Abgeordneten geht es um den eigenen Job. Anders als bei der CDU droht auch deshalb ein offener Streit über die Frage, wer die Landespartei als Spitzenkandidat in den bevorstehenden Bundestagswahlkampf führen soll.
Zwei wollen an die Spitze
Die Union hat ihren Generalsekretär Philipp Amthor am Wochenende zur Nummer 1 gekürt - mit 96,6 Prozent und ganz viel Geschlossenheit. In der SPD spaltet dagegen ein Zweikampf Parteispitze und die Basis. Denn zwei Bewerber wollen ganz nach vorn: Frank Junge, Abgeordneter aus Wismar, Chef der SPD-Landesgruppe im Bundestag und Mitglied im wichtigen Haushaltsausschuss, will wie schon 2021 Spitzenkandidat werden. Reem Alabali-Radowan, Staatsministerin für Integration im Bundeskanzleramt und Vize-Landesvorsitzende, bewirbt sich ebenfalls.
Alabali-Radowan erst seit drei Jahren in der SPD
Die 34-Jährige hat den Segen von oben. Die Landesvorsitzende Schwesig spricht sich immer wieder für sie aus. Für Schwesig ist die aus dem Irak stammende und in Moskau geborene Parteigenossin eine Art Ziehkind. Alabali-Radowan trat erst Anfang 2021 in die SPD ein und machte dann schnell Karriere. Alabali-Radowan ist auch die Kandidatin der Jusos. Die loben sie als einen Gegenentwurf zum CDU-Spitzenkandidaten Amthor. Denn mit ihrem Politikstil verkörpere sie die Integration von Menschen, die unterrepräsentiert seien - beispielsweise Migranten oder junge Menschen. Ihre Bundestagskollegin Anna Kassautzki spricht sich offen für ihre Genossin aus: "Ich bin dafür, dass sie auf Platz 1 kommt." Sie sei eine "tolle Staatsministerin".
Mageres Ergebnis bei Direktkandidatur
Allerdings gibt es auch parteiinterne Kritiker, die jedoch nicht offen auf die Bühne treten, aus Angst davor, intern gemaßregelt zu werden. Sie werfen Alabali-Radowan vor, sich nicht genügend für ihren Wahlkreis Schwerin/Ludwigslust zu engagieren und in den vergangenen drei Jahren kaum wahrnehmbar gewesen zu sein. Am Sonnabend bei der erneuten Wahl zur Direktkandidatin in Schwerin hat sie die Kritik gespürt. Trotz Rückenwind-Rede der Landesvorsitzenden Schwesig fuhr sie ein verhältnismäßig mageres Ergebnis ein. Ohne Gegenkandidaten bekam sie nur 84 Prozent der Stimmen.
Für Junge stimmten 100 Prozent
Der SPD schien das etwas peinlich zu sein - erst auf Nachfrage gab die SPD-Kreisvorsitzende Mandy Pfeifer das Resultat bekannt. Ganz anders lief das für Junge, als er in seinem Wahlkreis Wismar nominiert wurde: Er bekam 100 Prozent. Vor der entscheidenden Landesvertreterversammlung am Sonnabend in Güstrow haben sich bereits Allianzen für den 57-Jährigen gebildet: Die SPD-Kreisverbände Rostock, Mecklenburgische Seenplatte und Ludwigslust-Parchim wollen für ihn stimmen. Sein eigener Kreisverband Nordwestmecklenburg steht ohnehin geschlossen hinter ihm.
Was macht von Malottki?
Offen ist, wie sich der Vize-Landesvorsitzende Erik von Malottki, Bundestagsabgeordneter aus Greifswald, in diesem Zweikampf verhält. Wie seine Abgeordneten-Kollegen steht er angesichts der schlechten Umfragewerte massiv unter Druck. Allerdings bestreitet er, dass die SPD keine Aussicht auf ein Direktmandat habe. "Der Trend ändert sich - zu unseren Gunsten", sagte von Malottki. "Ich will meinen Wahlkreis direkt gewinnen", erklärte er auf Anfrage. Er ließ offen, ob er dennoch auf der Landesliste einen vorderen Platz anstrebt.
Landesvorstand berät am Mittwoch
Von Malottki verwies auf den SPD-Landesvorstand. Der kommt an diesem Mittwoch in Güstrow zusammen. Das Gremium will der Landesvertreterversammlung, die am Sonnabend ebenfalls in Güstrow tagt, dann einen Listenvorschlag präsentieren und sich damit in der Frage der Spitzenkandidatur festlegen. Der Vorstand muss dabei auch die verschiedenen Interessenlagen zwischen den Landesteilen Vorpommern und Mecklenburg austarieren. Außerdem geht es um eine paritätische Liste mit gleichen Anteilen von Männer und Frauen. Spannend bleibt, ob die 95 Delegierten dem Personalwunsch ihrer Parteispitze folgen. "Die Entscheidung trifft nicht die Führung", sagte ein führender Sozialdemokrat.
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NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 16.12.2024 | 18:10 Uhr