Mecklenburg-Vorpommern Kleiderkammer in Hagenow: Mehr als nur günstige Kleidung
Ein Ort zum Austauschen oder Anlaufstelle bei Problemen: Die Kleiderkammer in Hagenow (Landkreis Ludwigslust-Parchim) bietet Kleidung zu günstigen Preisen und ist auch eine Art Beratungsstelle - gezwungenermaßen.
Cordula Wichmann und Monika Puls zeigen sich gegenseitig Hüte. "Und was hältst du von dem?", sagt Cordula und lacht. Die Frauen treffen sich oft in der Kleiderkammer des Arbeitslosenverbandes in Hagenow. Zum Shoppen aber vor allem um unter Menschen zu kommen, sagen sie. Sie sind Rentnerinnen und haben nur wenig Einkommen zur Verfügung. In der Kleiderkammer darf einkaufen, wer versichert unter einem bestimmten Einkommen zu liegen.
Die Leiterin fing selbst als Ein-Euro-Jobberin an
In ihrem Büro weiter hinten in der ehemaligen Kita telefoniert Leiterin Waltraud Krüger die anderen beiden Standorte der Kleiderkammern ab: in Lübtheen und Wittenburg hat der Ortsverband des Arbeitslosenverbandes auch Standorte. Bis zu 70 Kundinnen und Kunden würden täglich in die Hagenower Kleiderkammer kommen, schätzt Waltraud Krüger. Sie hat selbst als Ein-Euro-Jobberin hier angefangen. Weil sie Bürokauffrau gelernt hat, wurde ihr die Leitung angeboten - sie liebt die Buchhaltung, sagt sie. Und dann hat sie die Kleiderkammer erstmal ordentlich umgestaltet, erzählt sie stolz. Die Räume sind hell und freundlich, auf Sauberkeit legt sie großen Wert. Eines ist in den vergangenen Jahren aber nicht so gelaufen, wie sie es sich vorgestellt hat. Es gab in Hagenow mal eine allgemeine soziale Beratung, eine Schuldnerberatung, eine Möbelbörse, Nähwerkstatt und Bücherclub. Aus verschiedenen Gründen ist nicht viel davon übrig.
Zwei Frauen zeigen sich gegenseitig Hüte in der Kleiderkammer des Arbeitslosenverbandes in Hagenow.
Wichtige Angebote sind weggefallen
Die Möbelbörse habe sich mehr oder weniger nicht mehr gelohnt, seitdem es in Hagenow ein Sozialkaufhaus gibt, sagt Waltraud Krüger. Die Schuldnerberatung sei umgezogen. Schmerzlich sei vor allem, dass es keine allgemeine soziale Beratung mehr gebe. Die hätten sie selbst betrieben aber vor drei Jahren gab es durch eine Gesetzesänderung höhere Anforderungen, bedauert Waltraud Krüger. Sie seien eben keine Fachkräfte. Und so bekommt der Verein kein Geld mehr für die soziale Beratung. Probleme haben die Kunden natürlich trotzdem, vor allem mit öffentlichen Schreiben und Anträgen. Sie und die anderen helfen wo sie können.
"Bei uns war in erster Linie Formulare ausfüllen - damals HartzIV, jetzt Bürgergeld. Der Erstantrag ist sehr umfangreich. Oder Briefe richtig lesen. Das machen wir jetzt nebenbei."
— Waltraud Krüger, Ortsverband Hagenow und Umgebung ALV MV
Am Monatsende wird das Geld knapp
Marion Drenkberg, eine der Mitarbeiterinnen, bringt gerade neue Kleidung vom Sortieren in die Verkaufsräume. Vier Altkleidercontainer in Hagenow leeren sie täglich. Heute sind ein paar Babysachen dazugekommen - die werden immer gebraucht, sagt sie. Marion Drenkberg arbeitet seit zehn Jahren in der Kleiderkammer. Es sei ihr Traumjob, weil sie hier so nah am Menschen arbeitet. Die Kleiderkammer hilft auch dem Krankenhaus aus, wenn Patienten neue Sachen benötigen. Sie und die anderen lachen viel und es sei immer viel zu tun, sagt Marion Drenkberg. Jetzt, zum Monatsende, würden allerdings weniger Kunden kommen, weil bei vielen das Geld erst recht knapp sei.
Die Kleiderkammer des Arbeitslosenverbandes in Hagenow.
Reges Vereinsleben
Der Ortsverband Hagenow und Umgebung, der die Kleiderkammer betreibt, hat 38 Mitglieder. Sie machen Ausflüge und feiern gemeinsam. Auch eine Selbsthilfegruppe, die sich jeden Mittwoch trifft, gehört dazu. Die Kleiderkammer ist für die Vereinsmitglieder und viele der Kunden mehr als ein Laden, in dem sie günstig einkaufen können. Sie ist auch einer ihrer Lieblings-Treffpunkte.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 30.05.2025 | 19:30 Uhr
