
Mecklenburg-Vorpommern Aktionstag: Damit Schmerz nicht das Leben bestimmt
Ständig Schmerzen zu haben, monatelang, jahrelang - für rund 65.000 Menschen in Mecklenburg-Vorpommern ist das Alltag, so der Rostocker Mediziner Dr. Jörn Bajorat. Auf Hilfe aber müssten Betroffene oft lange warten.
Dr. Bajorat leitet die Schmerztagesklinik der Rostocker Universitätsmedizin. Den 3. Juni, den bundesweiten Aktionstag gegen Schmerz, nutzen er und sein Team einerseits, um deutlich zu machen, wie groß die Versorgungslücken im Land sind. Zum anderen wollen sie aber auch Betroffenen Mut machen. Denn oft gelingt es selbst in verfahrenen Situationen noch, verlorene Lebensqualität zurückzugewinnen.
Seit 27 Jahren von Arzt zu Arzt
Der Rostocker Hendrik Buß ist gerade erst in der Klinik aufgenommen worden, aber er hat schon reichlich Therapieerfahrung. Seit 27 Jahren plagt den gelernten Kfz-Schlosser sein Rücken. Er wurde mehrfach operiert, hat etliche Medikamente geschluckt und musste mehrere Entzüge bewältigen, weil die Pillen leider auch abhängig machten. Auf den Platz in der Tagesklinik wartet er seit zwei Monaten. "Das ist im Vergleich noch wenig, mit ein bisschen Pech kann das auch ein halbes Jahr dauern", sagt er. Und das sei eine verdammt lange Zeit, wenn die Schmerzen allgegenwärtig sind.
Der Schmerz und sein Auslöser entkoppeln sich
Vier Wochen lang bleiben die Patienten in der Regel in der Tagesklinik der Universität. Sie lernen zunächst, ihre Krankheiten zu akzeptieren. Danach geht es um Entspannung, Ablenkung, Linderung, darum, dem Schmerz im Leben nicht das Ruder zu überlassen. So wie Hendrik Buß haben fast alle schon eine Odyssee durch unzählige Arztpraxen hinter sich, der Schmerz und sein Auslöser haben meist gar nicht mehr viel miteinander zu tun. "Und eben das macht die Behandlung so kompliziert", sagt Bajorat. Um helfen zu können, sei ein interdisziplinäres Team nötig – bestehend aus spezialisierten Medizinern, Psychologen, Ergotherapeuten und Schwestern. Tageskliniken wie seine gäbe es an fast allen größeren Krankenhäusern in Mecklenburg-Vorpommern und er ist froh, dass sie hierzulande alle bestens miteinander vernetzt sind. Denn das sei deutschlandweit nicht selbstverständlich.
Tagsüber gut versorgt, nachts zu Hause
Das Prinzip Tagesklinik ist in seinen Augen ideal, weil die Patienten tagsüber gut versorgt werden, ohne ganz aus ihrem Leben herausgerissen zu werden. Auf die Weise können sie das, was sie von den Experten lernen, abends und an den Wochenenden gleich zu Hause ausprobieren. Sein großer Wunsch wäre es, etwa ein halbes Jahr nach der Therapie noch einmal eine einwöchige Auffrischung anbieten zu können – bisher ein Traum. Denn alle bestehenden Einrichtungen im Lande hätten jetzt schon mehrmonatige Wartezeiten.
Programm zum Aktionstag an der Schmerzklinik
Heute lädt das Interdisziplinäre Team der Rostocker Schmerztagesklinik um 14 Uhr in den Hörsaal der benachbarten Orthopädischen Klinik, Doberaner Straße 142. Bei der Veranstaltung werden neue Behandlungsmöglichkeiten vorgestellt und es gibt die Gelegenheit, mit den Experten ins Gespräch zu kommen. Die Deutsche Schmerzgesellschaft, die den Aktionstag organisiert, stellt außerdem ein kostenloses Info-Telefon zur Verfügung. Es ist erreichbar von 10 bis 18 Uhr unter der Nummer 0800 18 18 120.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 02.06.2025 | 19:30 Uhr