
Berlin Hürden bei Inklusion an Berliner Schulen im neuen Schuljahr erwartet
Um Kinder mit besonderem Förderbedarf an Regelschulen zu unterrichten, braucht es genügend Unterstützung. Deren Umfang berechnet die Bildungsverwaltung allerdings nach einem neuen System. Einige Schulen fürchten Einschnitte. Von Kirsten Buchmann
Rund 600 Kinder lernen an der Christian-Morgenstern-Grundschule in Berlin-Spandau, einer Schule in einem sozialen Brennpunkt. 66 der Kinder haben einen sonderpädagogischen Förderbedarf. Für das kommende Schuljahr rechnet Schulleiterin Karina Jehniche durch ein neues Stundenzumessungssystem allerdings mit weniger Lehrerstellen, um sie zu unterstützen.
Die genaue Zahl kann sie momentan noch nicht beziffern. Sie sagt aber, jede Kraft weniger, "das hat Auswirkungen, die habe ich erst mal nicht zur Verfügung, um die Kinder optimal zu fördern". Den Regelunterricht werde sie im kommenden Schuljahr gut abdecken können. Ansonsten müsse sie aber schauen, "dass wir die zusätzlichen und gerade die individuellen Förderangebote so organisiert kriegen, dass für alle Kinder immer noch was Gutes rauskommt".

Zusätzliche Förderstunden auf Antrag
Nach der UN-Behindertenrechtskonvention haben Kinder und Jugendliche das Recht auf inklusive Bildung. Wie die inklusive Schule in Berlin funktioniert, damit hat sich am Donnerstag der Bildungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses beschäftigt. Die neue Förderstundenzumessung an den Schulen stößt dort auf Kritik.
Bisher wurde die Unterstützung so berechnet, dass Schulen mit vielen sozial benachteiligten Kindern mehr Förderstunden bekamen, weil sie mehr Förderbedarf haben. Ab Sommer sollen die Schulen dagegen eine Grundausstattung für die Unterstützung von Inklusionskindern erhalten. Wenn sie darüber hinaus mehr Stunden brauchen, müssen sie sie beantragen.

Opposition kritisiert Rückschritt
Franziska Brychcy von der Linken ist skeptisch. Denn die Fachbeiräte und andere Beteiligte hätten deutlich gemacht, "dass sie es nicht gut finden, bei der Sonderpädagogik-Zumessung mit dem Rasenmäher vorzugehen, sondern wirklich nach dem individuellen Bedarf zu gucken". Auch die Grünen werten die Senatspolitik als Rückschritt für die inklusive Bildung.
Kritik kommt aber nicht nur von Seiten der Opposition, sondern auch aus den Reihen der schwarz-roten Koalition. Der SPD-Abgeordnete Marcel Hopp pocht darauf, die Unterstützung müsse sich auch in einer Mangelsituation an den konkreten Bedarfen an den Schulen orientieren.

Akuter Fachkräftemangel
Die Bildungsverwaltung wiederum verteidigt ihr Vorgehen. Das neue Zumessungssystem sei zielgenauer. Die Schulen hätten eine verlässliche Grundausstattung plus ihre individuell beantragten Stunden für die sonderpädagogische Unterstützung. Laut Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) mangelt es auch nicht an Ressourcen, sprich am Geld, für die inklusive Schule, sondern sie sagt: "Wir haben einen akuten Fachkräftemangel." Die Zahl der Kinder mit Förderbedarf dagegen steige, gerade im Bereich des Förderbedarfs "Geistige Entwicklung" und "Emotional-soziale Entwicklung".
Trotz ihrer Personalsituation versucht die Spandauer Schulleiterin Karina Jehniche optimistisch zu bleiben, wenn es darum geht, die Kinder individuell zu fördern: "Wir werden es irgendwie hinkriegen für das nächste Jahr. Aber es wird schwieriger werden."Sie werde Klassen mit besonders vielen Kindern mit Förderbedarf durch insgesamt fünf pädagogische Unterrichtshilfen ihrer Schule unterstützen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 05.06.2025, 19:30 Uhr