Sprengstoff in Berlin entdeckt Verdächtiger trug offenbar hochexplosives TATP bei sich
Bundespolizisten kontrollierten gestern einen Mann in Berlin - der flüchtete und hinterließ eine Tasche mit einem halben Kilo Sprengstoff. Die Art des Sprengstoffes wurde in der Vergangenheit bei Terroranschlägen verwendet.
- Polizisten wollen am S-Bahnhof Neukölln Mann kontrollieren - er flieht und lässt Tasche mit Sprengstoff zurück
- Bei dem Sprengstoff soll es sich um die hochexplosive Substanz TATP handeln
- Sprengstoff wird in Park nahe Fundort zur Explosion gebracht
- Fahnung nach flüchtigem Mann läuft
- Es gibt Aufnahmen aus Überwachungskameras am S-Bahnhof
Bei dem Sprengstoff, der am Mittwoch bei einer Polizeikontrolle am S-Bahnhof Berlin-Neukölln gefundenen worden ist, handelt es sich offenbar um ein halbes Kilo des hochexplosiven Stoffes Triacetontriperoxid (TATP). Das erfuhr der rbb am Donnerstag von Quellen aus Sicherheitsbehörden. Den Sprengstoff hatte ein Mann zurückgelassen, als er vor einer Kontrolle durch Bundespolizisten floh.
Die Polizei wollte sich auf Nachfrage des rbb nicht offiziell dazu äußern, ob es sich um TATP handelt. Weder bestätigte noch dementierte sie die Information. Zuerst hatte die "B.Z." berichtet.
TATP - genutzt von Terroristen, aber auch bei Geldautomatensprengungen
TATP wurde in der Vergangenheit bei vollendeten oder geplanten islamistischen Terroranschlägen eingesetzt, etwa im Pariser Club Bataclan oder in Brüssel. Auch bei dem Verdächtigen, der mutmaßlich einen Anschlag auf ein Taylor-Swift-Konzert in Wien verüben wollte, wurde TATP gefunden. TATP wurde aber beispielsweise auch von Kriminellen für die Sprengung von Geldautomaten genutzt.
Die abgesperrte Thomashöhe am Mittwochabend.
Verdächtiger flieht über S-Bahn-Gleise
Der Mann hatte am Mittwoch einen Großeinsatz der Polizei ausgelöst. Bundespolizisten wollten ihn am Mittwochnachmittag gegen 15:30 Uhr am S-Bahnhof Neukölln kontrollieren, wie die Polizei mitteilte. Es sei eine "verdachtsunabhängige Personenkontrolle" gewesen, wie sie am S-Bahnhof Neukölln wegen der dort höheren Kriminalitätsrate durchgeführt werde. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft zeigte der Mann einen polnischen Personalausweis, der zuvor "verlustig" gemeldet worden war.
Der Mann soll laut Polizeiangaben anschließend über die Gleise geflüchtet sein und einen Beutel zurückgelassen haben. In diesem haben sich ein mit Klebeband umwickeltes Päckchen befunden. Kurze Zeit später sei klar geworden, dass es sich dabei um Sprengstoff handelte.
Gegenstand, den der Verdächtige bei sich getragen haben soll
Polizei und Staatsanwaltschaft fahnden nach großem, schlanken Mann
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte dem rbb am Donnerstag, er gehe im Moment nicht von einer Gefahr für die Bevölkerung aus. Das Motiv des Mannes sei noch ungeklärt. Aber auch von der Berliner Polizei hieß es, bislang gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass möglicherweise ein geplanter Terroranschlag vereitelt worden sei.
Die Ermittlungen liegen inzwischen bei der Berliner Polizei. Zunächst waren auch die Bundespolizei und offenbar kurzzeitig der Staatsschutz in die Ermittlungen involviert gewesen. Derzeit befasst sich unter anderem ein Sprengstoffkommissariat des Berliner Landeskriminalamts mit dem Fall.
Laut Staatsanwaltschaft liege die Priorität zunächst darauf, den weiter flüchtigen Mann ausfindig zu machen. Auch eine Öffentlichkeitsfahndung sei dazu zeitnah angedacht, mit Bildern von Überwachungskameras aus dem Bahnhof. Der gesuchte Mann sei zwischen 1,85 bis 1,90 Meter groß sein, schlanker Statue und trage einen Kinnbart, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Nach DPA-Informationen ließ der Mann bei seiner Flucht den Ausweis zurück. Dieser soll aber nicht ihm selbst gehört haben, sondern das Dokument soll auf einen anderen Mann ausgestellt worden sein - laut "B.Z." auf einen 30-jährigen Polen. Der Ausweis soll nach dem Bericht seit Januar 2022 als gestohlen oder unterschlagen gemeldet sein. Ein erster Abgleich der Polizei mit Aufnahmen aus Überwachungsvideos soll ergeben haben, dass es sich bei dem Flüchtigen nicht um den Ausweisbesitzer handelt, schreibt das Blatt.
Sprengstoff in Park zur Explosion gebracht
TATP hat eine vergleichsweise sehr hohe Sprengkraft. Es ist extrem empfindlich gegenüber Schlag, Reibung und Wärme und dadurch so gefährlich. Die Kristalle des Stoffs sind äußerst instabil und können spontan explodieren, beispielsweise durch Temperatur- oder Lichtunterschiede.
Die Bundespolizisten brachten den explosiven Fund offenbar deshalb nicht zum üblichen, weiter entfernten Sprengplatz im Grunewald, sondern zur Parkanlage Thomashöhe in der Nähe des S-Bahnhofs. Berliner Polizisten sperrten den Bereich weiträumig ab. Feuerwehrkräfte hoben ein Erdloch aus. Der Fund wurde gegen 20 Uhr gesprengt.
Nach Informationen der "B.Z." soll die Detonation "mehrere hundert Meter weit zu hören" gewesen sein. Ein Beamter sagte der Zeitung am Mittwochabend: "Wäre dieser Sprengsatz im Nahbereich einer Menschengruppe hochgegangen, dann hätte es dramatische Folgen gehabt."
Sprengstoff wird am Mittwochabend im Park Thomashöhe gesprengt
Sendung: Tagesschau24, 31.10.2024, 11 Uhr
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