Weniger neue Stellen Paus rudert bei Streit über Kindergrundsicherung zurück
Die Ampel-Koalition streitet weiter über die Kindergrundsicherung: Familienministerin Paus will nach heftiger Kritik nun versuchen, mit weniger neuen Stellen auszukommen. Aus Reihen der FDP wird ein neuer Gesetzentwurf gefordert.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus geht in der Diskussion über die geplante Kindergrundsicherung davon aus, dass die kritisierte Zahl von zusätzlich 5.000 Behördenstellen zumindest nicht auf Dauer benötigt wird.
"Ich bin mir sicher, dass unter anderem durch Synergieeffekte und konsequente Digitalisierung die Gesamtzahl der Stellen noch reduziert werden kann", sagte die Grünen-Politikerin der Nachrichtenagentur dpa. "Ich kann verstehen, dass die Zahl, die im Umlauf ist, Diskussionen verursacht. Es handelt sich dabei um Prognosen der Bundesagentur für Arbeit. Natürlich schauen wir uns sehr genau an, wo es Möglichkeiten zur Reduzierung des Verwaltungsaufwandes gibt."
Paus: Geht darum, Kinder aus der Armut zu holen
Paus sagte, es gehe nicht um mehr Stellen, sondern darum, Kinder aus der Armut zu holen. Sie wies erneut darauf hin, dass man mit dem Vorhaben "die bürokratischen Hürden für Familien in unserem Land deutlich verringern" wolle. "Sie verdienen gute Beratung und Betreuung. Und vor allem sollen sie einfacher die Unterstützung erhalten, auf die sie Anspruch haben. Wenn mehr Familien Anträge stellen, müssen diese auch bearbeitet werden."
Dafür brauche es natürlich auch die entsprechenden Strukturen, so Paus. "Die müssen effizient aufgestellt werden, gerade weil wir uns gemeinsam dem Bürokratieabbau verpflichtet haben." Die Bundesregierung habe sich auf die Kindergrundsicherung geeinigt. "Dabei geht es um weniger Bürokratie und mehr für Kinder. Es ist gut, dass sie im Kabinett beschlossen wurde - jetzt sollten und werden wir die parlamentarischen Verhandlungen auf normalem Wege weiterführen."
FDP fordert neuen Entwurf
Vor allem der Koalitionspartner FDP hat kritisiert, dass für die Umsetzung bei den örtlichen Familienbehörden 5.000 zusätzliche Stellen geschaffen werden sollen. Die Liberalen halten Paus' Gesetzentwurf deshalb so nicht für zustimmungsfähig. Die Kindergrundsicherung gilt als das sozialpolitische Prestigeprojekt der Grünen. Bisherige Leistungen wie das Kindergeld, Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder oder der Kinderzuschlag sollen gebündelt werden.
Und der Streit in der Koalition hält weiter an: Aus der FDP wird nun ein neuer Gesetzentwurf gefordert. Der vorliegende Entwurf von Paus sei "handwerklich schlecht, nicht zu Ende gedacht und hat juristische Lücken", sagte der stellvertretende FDP-Bundestagsfraktionsvorsitzende Christoph Meyer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Es gehe um ein komplexes Gesetzesvorhaben, sagte Meyer zu den Plänen, Leistungen wie das Kindergeld, den Kinderzuschlag und Beträge aus dem Bürgergeld für Kinder ab 2025 zu bündeln. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Parlament vor Lisa Paus' Zeitplan oder ihren wirren Forderungen buckelt", fügte der FDP-Politiker hinzu.
AWO fordert schnelle Lösung
Derweil rief der Präsident der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Michael Groß, die Ampel-Koalition dazu auf, den Konflikt beizulegen. "Wir erwarten eine schnelle Lösung", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Für uns ist es nicht hinnehmbar, dass dieses wichtige Vorhaben nun durch einen Streit über Verwaltungsstellen weiter verzögert wird." Die Kindergrundsicherung müsse "endlich kommen", und sie müsse automatisiert ausgezahlt werden.
Das Kabinett hatte im September einen Gesetzentwurf mit dem Ziel verabschiedet, dass die Kindergrundsicherung am 1. Januar 2025 in Kraft tritt. Nach Bedenken der Bundesagentur für Arbeit und des Bundesrats kündigte die Bundesregierung im Dezember an, den Zeitplan zu überprüfen.