Streit um Verbrenner-Aus "Dieses Misstrauen ist ausräumbar"
Im Streit um das Verbrenner-Aus pocht Umweltministerin Lemke auf eine baldige Einigung. Die "Hängepartie" müsse so schnell wie möglich beendet werden, sagte sie im Bericht aus Berlin. Schon in der nächsten Woche könnte es soweit sein.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat eine zügige Einigung im Streit um das Verbrenner-Aus angemahnt. "Die Missverständnisse zwischen dem Kommissar und zwischen dem Verkehrsminister oder der FDP, die müssen jetzt endlich ausgeräumt werden", sagte Lemke im Bericht aus Berlin.
Sie glaube, dass mit jedem Tag, den "diese Hängepartie" länger dauere, Vertrauen beschädigt werden könnte in die europäischen Prozesse und in die Aussagen der Bundesregierung. "Deshalb muss und soll diese Hängepartie so schnell wie irgend möglich beendet werden", betonte die Ministerin. Lemke sprach davon, dass dies "im Laufe der nächsten Woche passieren sollte".
Die EU hatte ihren endgültigen Beschluss für das Verbrenner-Aus Anfang März aufschieben müssen, weil Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) mit Rückendeckung seines Parteichefs Christian Lindner kurzfristig ein Veto eingelegt hatte. Die FDP will rechtlich verbindlich festschreiben, dass Autos mit Otto- oder Dieselmotor auch nach 2035 noch neu zugelassen werden können, wenn sie synthetische Kraftstoffe tanken, sogenannte E-Fuels.
Bedingung für E-Fuel-only-Fahrzeuge
Im Interview erklärte Lemke nun, dass die Bundesregierung bereits im November die Position eingenommen habe, dass man dem Dossier zustimmen wolle - inklusive einem sogenannten Erwägungsgrund. Demnach solle eine Möglichkeit geschaffen werden, "wie auch nach 2035 Fahrzeuge, die ausschließlich und nachweislich mit E-Fuels betankt werden können, außerhalb der Pkw-Flottengrenzwerte zugelassen werden können".
Die sogenannten Flottengrenzwerte sind Vorgaben für Hersteller, wie viele Treibhausgase neu gebaute Autos im Betrieb ausstoßen dürfen. Eigentlich ist vorgesehen, dass dieser Wert in rund zwölf Jahren auf Null sinken soll, was de facto das Aus für neue Verbrenner bedeutet. Es gibt aber Ausnahmen etwa für besondere Fahrzeuge wie Einsatzwagen oder rollstuhlgerechte Autos.
Eine Bedingung stellte die Umweltministerin, sollte es ab 2035 tatsächlich eine eigene Fahrzeugkategorie für E-Fuel-only-Fahrzeuge in der EU geben: "Wenn es eine solche Kategorie gäbe - nachweislich nur mit E-Fuels - dann muss natürlich auch die Nachweistechnik dafür da sein", sagte sie, das müsse bis dahin geklärt sein.
Deutschland irritiert auf EU-Ebene
Lemke erklärte weiter, die ganze Verfahrensverzögerung basiere darauf, dass ganz offensichtlich in der FDP Misstrauen darüber herrsche, ob die Kommission diesen Vorschlag auch wirklich zeitnah und korrekt umsetzen werde. "Ich bin der Meinung, dieses Misstrauen ist ausräumbar - und es muss ausräumbar sein", so die Grünen-Politikerin.
Deutschlands Auftreten sorgt dabei auf EU-Ebene für Verwunderung, wie Lemke selbst bestätigte. Sie habe vergangene Woche den Umweltministerrat besucht: "Wenn sie dort mit den Kolleginnen und Kollegen den ganzen Tag im Raum sitzen, dann sehen sie natürlich die Fragezeichen und die Irritationen in den Gesichtern." Das habe auch außerhalb der offiziellen Tagesordnung eine große Rolle gespielt.
"Ich glaube, wenn in der nächsten Woche klare Entscheidungen getroffen werden, dann ist der Schaden zumindest behebbar", sagte Lemke. Deshalb plädiere sie dafür, dass dies in der kommenden Woche auch geschieht.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der im Aufsichtsrat von Volkswagen sitzt, ergänzte im Bericht aus Berlin: "Das Verfahren sollte nicht Schule machen. Ich glaube, da sind sich auch alle einig."
Weil sieht E-Pkw im Vorteil
Weil betonte den Nachteil von E-Fuels im Vergleich zu E-Pkw. "Sie sind in der Produktion sehr aufwendig und deswegen am Ende des Tages auch wesentlich teurer als die Alternative, nämlich die elektrobetriebene Mobilität", sagte er. "Das führt dazu, dass - soweit ich weiß - alle großen Automobilkonzerne in ihrer Investitionsplanung voll und ganz darauf setzen."
Der Ministerpräsident betonte aber, dass E-Fuels vor allem bei großen Verkehrsträgern benötigt würden - insbesondere bei Lkws, bei Schiffen und auch Flugzeugen.