Umweltschädliche Subventionen Milliarden, die woanders gebraucht werden
Sie kosten viel Geld und schaden dem Klima: Die Ampelkoalition will deshalb viele umweltschädliche Subventionen abschaffen - zumindest in der Theorie. Denn noch gibt es keine Streichliste. Woran hakt es?
Die Ampelkoalition braucht Geld. Und zwar viel Geld, um die zahlreichen Projekte der Bundesregierung zu finanzieren. Seit Wochen wird hinter den Kulissen um Milliardenbeträge gerungen. Mehr Geld für Verteidigung? Wie soll die Kindergrundsicherung finanziert werden? Was ist mit den anderen Vorhaben im Koalitionsvertrag?
Dabei scheint sicher: Über höhere Steuern oder ein Aufweichen der Schuldenbremse wird kein Geld in die Kasse kommen. Dagegen sperrt sich nämlich Bundesfinanzminister Christian Lindner.
Zuschüsse, zinsverbilligte Kredite, Steuervorteile
Zunehmend in den Fokus geraten deswegen die sogenannten umwelt- und klimaschädlichen Subventionen. In der Debatte um den Haushalt 2024 werden die Rufe immer lauter, sie abzubauen. Erst kürzlich forderte Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck, zu beraten, wie man die Einnahmen verbessern und den Abbau umweltschädlicher Subventionen vorantreiben kann.
Den Koalitionsvertrag hat der Grünen-Politiker dabei auf seiner Seite. Dort heißt es: "Wir wollen zusätzliche Haushaltsspielräume dadurch gewinnen, dass wir im Haushalt überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben abbauen."
Doch was sind das für Subventionen? Um wie viel Geld geht es? "Es geht im Kern um direkte Finanzhilfen des Staates, die eine umweltschädliche Wirkung haben", erklärt Holger Bär von der Umweltorganisation Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft.
Im Detail handelt es sich um Zuschüsse oder zinsverbilligte Kredite. "Oder es geht um Steuervergünstigungen", so Bär, "die der Staat uns als Konsumenten und einigen Branchen gewährt, sodass die weniger Steuern zahlen müssen."
Viele Subventionen im Verkehrs- und Energiebereich
In allen Fällen werden Anreize gesetzt, etwas zu kaufen oder zu machen, was direkt oder indirekt Umwelt und Klima schadet. Viele dieser Subventionen seien im Verkehrs- und Energiebereich zu finden, sagt Andreas Burger vom Umweltbundesamt. Die Energiesteuervergünstigung für Dieselkraftstoff spiele stets eine große Rolle oder auch das sogenannte Dienstwagenprivileg.
Burger nennt des Weiteren die Energiesteuerbefreiung auf Kerosin im Luftverkehr und die Mehrwertsteuerbefreiung bei internationalen Flügen. Am bekanntesten ist vermutlich die Pendlerpauschale, die Autofahrer - aber auch alle anderen - bei der Steuererklärung geltend machen können.
Dazu kommen diverse Steuervergünstigungen für die Industrie und Landwirtschaft wie der geringere Steuersatz auf Agrardiesel. Meist wird der Kauf oder die Verarbeitung fossiler Rohstoffe gefördert. Auch der reduzierte Mehrwertsteuersatz auf tierische Produkte wie Fleisch, Milch, Käse gehört zu den umwelt- und klimaschädlichen Subventionen.
Subventionen in Höhe von 65,4 Milliarden Euro
"Wir haben auf Bundesebene insgesamt 41 Subventionen erfasst, die umweltschädlich sind", fasst Burger zusammen. Und das sei nur die Spitze des Eisbergs. Denn in den Bundesländern und auf kommunaler Ebene kämen weitere umweltschädliche Subventionen dazu. Zusammengerechnet ergebe sich eine beachtliche Summe. "Insgesamt sind wir auf ein Subventionsvolumen von 65,4 Milliarden Euro gekommen", erläutert Burger. "Das sind staatliche Mehrausgaben oder Mindereinnahmen, die pro Jahr anfallen."
Der Wissenschaftler weist jedoch darauf hin, dass sich nicht jede dieser Subventionen von heute auf morgen abschaffen lässt. Dagegen sprächen hauptsächlich juristische Gründe. Die Hälfte ließe sich aber kurzfristig streichen.
Es geht laut Burger nicht darum, Bürgerinnen und Bürger zusätzlich zu belasten. Das Ziel müsse es sein, "Fehlanreize" abzubauen und dafür finanzielle Anreize zu schaffen, die umweltfreundliche Verhaltensweisen und Investitionen begünstigen.
Statt weniger noch mehr Subventionen
Doch statt Subventionen zu streichen, wurden zuletzt neue eingeführt, bilanziert Holger Bär vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft. Der Grund: die Energiekrise und ihre Folgen. Er nennt beispielsweise den Tankrabatt sowie die Gas- und Strompreisbremse. Auch das seien umweltschädliche Subventionen, die dazu verleiteten, weiterhin fossile Kraft- und Rohstoffe zu verbrauchen, statt diese massiv einzusparen: "Auch auf internationaler Ebene sehen wir ein Allzeithoch an klimaschädlichen Subventionen."
Diese Subventionen abzubauen, setzt nicht nur finanzielle Mittel frei, die in andere Projekte investiert oder zum Schuldentilgen verwendet werden könnten. Der Abbau sei vor allem auch aus klimapolitischer Sicht dringend nötig, betonen Wissenschaftler und Umweltexperten. In vielen Bereichen könnte dadurch CO2 eingespart und die nationalen und internationalen Klimaschutzziele schneller erreicht werden.
Sozial- und Umweltverbände machen Druck
Auch aus diesem Grund haben sich inzwischen 18 Sozial- und Umweltverbände zusammengetan. Gemeinsam fordern sie die Bundesregierung auf, umwelt- und klimaschädliche Subventionen konsequent abzubauen - und damit das umzusetzen, was sich die Ampelparteien selbst in den Koalitionsvertrag geschrieben haben.
Ob und wann die Bundesregierung den Abbau der Subventionen in Angriff nimmt, ist offen. Angeblich will die Ampel bis Mitte des Jahres einen Plan beziehungsweise ein Reformpaket vorlegen. Erste Forderungen aus den Reihen der Grünen wurden von der FDP abgelehnt, zum Beispiel die Steuervorteile für Dienstwagen, sprich das "Dienstwagenprivileg", zu kippen.
Auch bei den Steuervorteilen im Luftverkehr stehen die Liberalen in Person von Bundesverkehrsminister Volker Wissing auf der Bremse. Was am Ende tatsächlich auf der Streichliste landet und wovon dann noch Umwelt, Klima und nicht zuletzt die Haushaltskasse der Koalition profitieren, ist noch offen.