Mehrwertsteuer in Gastronomie Schwesig will Veto im Bundesrat einlegen
Obwohl die Ampel ein massives Haushaltsproblem hat, kommt aus ihren Reihen die Forderung, eine teure Subvention weiterlaufen zu lassen: die reduzierte Mehrwertsteuer für die Gastronomie. SPD-Ministerpräsidentin Schwesig droht gar mit einem Veto im Bundesrat.
Mecklenburg-Vorpommern will sich nach dem Beschluss der Bundesregierung, die Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie zurückzunehmen im Bundesrat für eine Beibehaltung des reduzierten Steuersatzes einsetzen. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig kündigte in der "Rheinischen Post" ein Veto in der Länderkammer an. "Ich habe kein Verständnis für diese Entscheidung", sagte die SPD-Politikerin der Zeitung.
Die Branche habe wegen der Pandemie schwere Zeiten durchgemacht und habe nun mit hohen Energie- und Lebensmittelpreisen zu kämpfen. "In dieser Situation ist eine faktische Steuererhöhung für die Branche nicht akzeptabel", sagte Schwesig. Das sei für sie ein "entscheidender Punkt bei den Beratungen über das Wachstumsbeschleunigungsgesetz". Auch Kita- und Schulessen sowie das Essen in Krankenhäusern und Pflegeheimen wären betroffen.
Die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie war in der Corona-Pandemie von 19 auf sieben Prozent gesenkt worden, um die Branche zu stützen. Wegen der Energiekrise im Zuge des Ukraine-Kriegs wurde die Regelung bis Ende 2023 verlängert. Die Ampel-Regierung hat sich nun darauf verständigt, dies auslaufen und ab Januar wieder die normale Mehrwertsteuer von 19 Prozent gelten zu lassen. Die Gastronomiebranche warnt seit Längerem vor weiteren Betriebsschließungen, sollte es wieder zum höheren Steuersatz kommen.
Esken widerspricht Lindner
Auch SPD-Chefin Saskia Esken bedauert die Rückkehr zu 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen. "Ich habe mich immer dafür eingesetzt, die reduzierte Mehrwertsteuer im Bereich der Gastronomie zu verstetigen und nicht nur kurzfristig zu verlängern", sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Dass eine Einigung darüber nicht zustande kam, habe am Gesamtgefüge des Haushalts gelegen: Die nötige Gegenfinanzierung habe gefehlt, sagte sie.
Esken kritisierte vor diesem Hintergrund auch Finanzminister Christian Lindner (FDP), der seine Partner in der Regierungskoalition dafür verantwortlich gemacht hatte. "Wenn alle Parteien an einem Strang gezogen hätten, wäre eine weitere Verlängerung drin gewesen", hatte Lindner zuvor der "Bild am Sonntag" gesagt. "SPD und Grüne hatten aber andere Prioritäten."
Dazu sagte Esken, es gehöre zum Miteinander innerhalb einer Regierung und einer Koalition, "dass man dieses Ergebnis gemeinsam vertritt und sich nicht gegenseitig die Schuld zuschiebt". Es sei zudem "schlicht falsch", dass es SPD und Grüne gewesen seien, die auf die Erhöhung gedrungen hätten. Die Beibehaltung der niedrigeren Mehrwertsteuer sei vielmehr "von der FDP kurz vor Schluss der Verhandlungen selbst zurückgezogen" worden.
Karliczek fordert Kurskorrektur
Die tourismuspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Union und ehemalige Bundesministerin Anja Karliczek forderte eine Kurskorrektur der Regierung. "Es stehen Tausende gastronomische Betriebe auf dem Spiel, mit Auswirkungen auf Steuereinnahmen, Existenzen und auch der touristischen Infrastruktur in Deutschland", sagte die CDU-Politikerin ebenfalls der "Rheinischen Post". Würde die Steuersenkung von sieben Prozent beibehalten, könnten 100.000 Menschen im Bereich Gastronomie einen neuen Job finden.
Der Ökonom Marcel Fratzscher hält die Rückkehr zur regulären Mehrwertsteuer hingegen für richtig. Für eine Verlängerung gebe es keine Rechtfertigung mehr, die Corona-Krise sei vorbei. Zugleich sei die Subventionierung der Branche teuer und "das Geld fehlt irgendwo anders, für die Kindergrundsicherung und die Bekämpfung von Armut".