Neues Marinehauptquartier Deutschlands Führungsrolle im Ostseeraum
In Rostock wurde das neue taktische Marinehauptquartier eingeweiht: Die "Commander Task Force Baltic" soll im Austausch mit NATO-Partnern den Ostseeraum überwachen. Das ist herausfordernd, aber enorm wichtig.
Verteidigungsminister Boris Pistorius hat das neue taktische Hauptquartier der Marine in Rostock eingeweiht: die "Commander Task Force Baltic". Das Kommando ist für die Überwachung des Ostseeraums zuständig und soll Informationen mit den NATO-Partnern austauschen. Die bis zu 180 Soldatinnen und Soldaten erstellen ein Lagebild für eine Fläche von mehr als 400.000 Quadratkilometern.
Als eine Blaskapelle der Marine spielt, stellt der Minister fest: "With a little help from my friends. I think this song couldn’t have been chosen better." Für Pistorius hätte es kein passenderes Lied gegeben: "Mit ein wenig Hilfe von meinen Freunden."
Ostsee ist von zentraler Bedeutung
Elf Freunde Deutschlands sind es, die bei der "Commander Task Force Baltic" mitmachen, zusammen zwölf NATO-Partner. Vom taktischen Hauptquartier in Rostock aus beobachtet das Kommando die Ostsee. Ein Gewässer von zentraler Bedeutung, wie der Verteidigungsminister betont:
Hier verlaufen maritime Lebensadern, die Wachstum und Wohlstand sichern. Kommunikation und Energie. Hier wird Seehandel betrieben, von dessen Dynamik unsere Volkswirtschaften in hohem Maße abhängig sind."
Ein Beispiel sind die Nord-Stream-Pipelines, die durch die Ostsee verlaufen. Bei einem Anschlag im September 2022 wurden drei der vier Stränge zerstört, was enorme Auswirkungen auf die Energieversorgung in Deutschland und letztlich auch auf die Wirtschaftskraft hatte.
Beobachtungen über und unter Wasser
Pipelines gehören daher zu der Infrastruktur, die die "Commander Task Force Baltic" besonders im Blick hat. Ebenso Unterseekabel: Internetverbindungen laufen zu einem großen Teil über Glasfaserleitungen, die am Meeresboden liegen.
Die Kommandozentrale in Rostock beobachtet deshalb die Ostsee sowohl über als auch unter Wasser, erklärt Johannes Peters vom Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel: "Deutschland verfügt über die Mittel, vor allen Dingen ein sehr gutes Lagebild zu erstellen - mit den U-Booten, die wir haben, mit den Flottendienstbooten, die wir haben", sagt Peters. Deutschland habe schon immer maßgeblich das Unterwasser-, aber auch das Überwasserlagebild in der Ostsee quasi für die NATO bereitgestellt.
Vermehrte Sichtung russischer Forschungsschiffe
Vom neuen taktischen Hauptquartier in Rostock überwachen Soldatinnen und Soldaten über große Bildschirme auch alle Flugbewegungen über der Ostsee und die Position der Schiffe.
Die Ostsee gehört zu den meistbefahrenen Seewegen in Nordeuropa. Kommt ein Schiff vom geplanten Kurs ab, sorgt das für Aufmerksamkeit im Lagezentrum. Zuletzt hatte die Marine vermehrt russische Forschungsschiffe im Bereich von kritischer Infrastruktur gesichtet, was den Verdacht von möglicher Sabotage hat größer werden lassen.
Für Marine-Experte Peters ist die Arbeit des neuen Hauptquartiers daher elementar wichtig: "Je besser das eigene Lagebild ist, umso größer ist für einen Akteur die Wahrscheinlichkeit, dass er nicht unentdeckt bleibt mit dem, was er tut." Und umso höher sei die Hemmschwelle, etwas zu tun.
Von Deutschland wird Führung erwartet
Dass Deutschland die Ostsee-Überwachung leitet, hatten mehrere Anrainerstaaten seit Längerem schon eingefordert - weil die deutsche Marine die größte und schlagkräftigste im Ostseeraum ist. Gerade die NATO-Partner im baltischen Raum rufen Deutschland auf, auch bei der Ukraine-Unterstützung stark zu bleiben.
Die Zeitenwende müsse weitergehen, sagt die finnische Außenministerin Elina Valtonen im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio. Sie stellt klar "dass wir eben auch eine Führungsrolle Deutschlands in diesen Sachen wünschen. In Sachen gemeinsame Verteidigung, gemeinsame Abschreckung. Da müssen wir als Europa so viel mehr machen. Und da hoffen wir, dass Deutschland ganz vorne steht."
Bei der Überwachung der Ostsee hat Deutschland diese Führungsrolle nun eingenommen. Und sie soll bestmöglich gelingen mit ein wenig Hilfe der NATO-Freunde.