Schweden und die NATO "In der Ostsee sind wir die Experten"
Schwedens Beitritt zur NATO verändert die militärischen Verhältnisse in Nordeuropa und insbesondere im Ostseeraum. Was genau trägt das Land künftig zur NATO bei - und wer profitiert im Bündnis davon?
Wie ein riesiger Wal liegt das U-Boot im Hafen von Karlskrona. Nur ein kleiner Teil des dunklen Stahl-Kolosses ragt aus dem Wasser. Auf dem Turm flattert eine schwedische Kriegsflagge im Wind. Das U-Boot ist Teil der Flotte, die Schweden in die NATO mitbringt. Und darauf ist man hier stolz, so die Chefin der schwedischen U-Boot-Flottille, Paula Wallenburg.
Sie spricht von einer U-Boot-Flotte "auf Weltklasseniveau", die in engen Gewässern manövrieren könne. Dazu seien zwar auch andere Staaten mit ihren U-Booten in der Lage - "aber in der Ostsee sind wir die Experten. Wir kennen die Region in- und auswendig, so wie kaum ein anderer".
Fünf moderne U-Boote, speziell für Einsätze in der Ostsee ausgelegt: Gerade in Zeiten des russischen Angriffskriegs mache das die NATO stärker, findet Jacob Westberg, Professor an der Schwedischen Universität für Verteidigung in Stockholm.
Er räumt zwar ein, dass sich die Zahl von fünf U-Booten nicht nach einer großen Streitmacht anhören würde, verweist aber darauf, "dass ansonsten nur Deutschland und Polen U-Boote haben. Bei den polnischen ist nicht ganz klar, ob sie einsatzfähig sind. Deutschland verfügt über sechs U-Boote. Das ist also fast eine Verdopplung der NATO-Kapazitäten in der Region."
Langes Warten auf den Beitritt
Die Ostsee ist flach, das Wasser trüb, deshalb ist sie schwer zu überwachen - besonders im Alleingang. Flottillenchefin Wallenburg und ihr Team setzen deshalb künftig vor allem auf eine gute Zusammenarbeit mit Deutschland.
U-Boote könnten schließlich nicht eine unbegrenzte Fläche abdecken, wenn es um Überwachung oder Einsätze geht. In Zusammenarbeit könne man aber "Feinde besser daran hindern, hier zu operieren", betont sie.
Details über die künftige Zusammenarbeit will Wallenburg noch nicht verraten. Auch schon in den vergangenen Jahren hat Schweden sehr eng mit der NATO zusammengearbeitet, aber eben nicht als Mitglied.
Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine vor zwei Jahren reichten die Skandinavier zeitgleich mit Finnland ihren Aufnahmeantrag ein. Doch Schweden musste lange um das Okay der Mitgliedsländer Türkei und Ungarn kämpfen.
Dabei profitiert die NATO nicht nur von den schwedischen U-Booten und der starken Marine und Luftwaffe. Auch geopolitisch sei Schweden für das Bündnis ein wichtiges Puzzlestück, sagt Militär-Forscher Westberg. So werde die regionale Verteidigungsplanung der NATO viel einfacher, wenn sie die schwedischen Ressourcen und das schwedische Territorium in vollem Umfang berücksichtigen könne.
Ein "herausforderndes Umfeld"
Die baltischen Staaten und Polen seien nach Schwedens Beitritt viel besser zu schützen. Verstärkung und Ressourcen könnten künftig schneller im Ostseeraum transportiert werden.
Und für Russland werde es schwieriger, diesen Teil der Ostsee zu isolieren, sagt Westberg. Auch finanziell will Schweden beitragen: Schon dieses Jahr will das Land das NATO-Ziel von zwei Prozent des BIP für die Verteidigung erreichen.
In Karlskrona fühlt man sich mit der NATO-Mitgliedschaft auch sicherer, sagt U-Boot-Kapitän Viktor Moberg. Die Ostsee sei schon immer "ein herausforderndes Umfeld" gewesen. Aber in der aktuellen Situation sei alles noch unvorhersehbarer geworden.
Mit Schweden wird ein weiterer Ostsee-Anrainer nun Mitglied der NATO.