Pflegereform Lauterbach will steigende Pflegekosten stoppen
Die finanziellen Belastungen für Pflegebedürftige und deren Angehörige steigen. Die Pflegereform von Gesundheitsminister Lauterbach soll das bald ändern. Viel Zeit bleibt dafür nicht mehr.
Pflegebedürftige, die nicht zu Hause gepflegt werden können, müssen tief in die Tasche greifen. Die Kosten für einen Platz in einer Pflegeeinrichtung steigen seit Jahren. Nach einer Auswertung des Verbands der Ersatzkassen müssen Betroffene für das erste Jahr im Heim durchschnittlich rund 2.900 Euro im Monat zahlen. Vor allem in Süddeutschland ist es noch teurer.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will das ändern. Im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio sagt der SPD-Politiker: "Ich arbeite mit Olaf Scholz schon seit einigen Wochen sehr intensiv an einem ersten Vorschlag für eine Pflegereform." Das Ziel dieser Reform sei, "dass wir die stetig steigenden Pflegekosten beherrschen." Und zwar so, "dass der Anstieg stoppt", betont Lauterbach.
Pflegereform soll Änderung bringen
Der Minister verspricht eine "große Reform". Ein Teil der hohen Kosten habe allerdings nichts mit der Pflege der Menschen zu tun, sondern mit den steigenden Kosten für die Unterbringung und Versorgung. "Das sind alles Dinge, die bezahlt die Pflegekasse gar nicht. Und da müssen wir auch Lösungen finden." Er sei dazu auch mit Bauministerin Klara Geywitz im Gespräch. Lauterbach geht davon aus, dass die Reform noch in dieser Wahlperiode verabschiedet wird - auch wenn nur noch elf Monate bis zur nächsten Bundestagswahl bleiben. "Die Zeit reicht auf jeden Fall", sagt er.
Ein noch größeres Problem als die Finanzierung sieht der Minister darin, künftig genügend Pflegekräfte zu finden: "Weil die Babyboomer-Pflegekräfte verlassen die Pflege. Und wir haben den Nachwuchs nicht."
Mit drei verschiedenen Gesetzen, die schon im Verfahren seien, will er gegensteuern und genug Pflegekräfte ausbilden. Zudem setzt Lauterbach auf das weltweite Anwerben von Pflegekräften aus dem Ausland: "Wir werden in der Medizin und auch in der Pflege zunehmend, und zwar stark zunehmend, auf ausländische Kräfte angewiesen sein." Der Personalmangel habe schon heute schwerwiegende Folgen. "Es ist auf dem Land jetzt zum Teil schon so, dass die Pflegeeinrichtungen keine neuen Bewohner mehr aufnehmen können."
Lauterbach: Gesetze gegen Arzneimittelmangel wirken
Mit Blick auf Lieferengpässe bei mehreren wichtigen Medikamenten wie Antibiotika verteidigt der Gesundheitsminister im ARD-Interview seine bisherigen Gesetze gegen den Mangel von Arzneimitteln. Das Hauptproblem für die weiterhin bestehenden Probleme seien alte Rabattverträge mit den Arzneimittelherstellern bei Nachahmerprodukten, sogenannten Generika. Diese Verträge würden keine Regelungen zur Bevorratung der Medikamente beinhalten.
Lauterbach: "Somit sind immer dann, wenn Lieferengpässe da sind, die deutschen Apotheken leer, weil wir eben die Lieferengpässe nicht überbrücken können. Es gibt keine Lagerhaltung, die vorgeschrieben wäre." Das seien keine intelligenten Verträge gewesen, die unter früheren Gesundheitsministern geschlossen wurden.
Alte Verträge mit Herstellern müssen erst auslaufen
Diese Fehler seien inzwischen beseitigt worden. Nun würden die "alten, schlechten Verträge" systematisch auslaufen. Problem: Aktuell sind noch viele der bisherigen Verträge in Kraft, sie können nicht einfach gekündigt werden, erklärt Lauterbach. Allerdings: "Ein Viertel ist schon ausgelaufen. Da gelten schon die neuen Verträge. Drei Viertel laufen aus", so der Minister. Künftig sollen nur noch diejenigen Arzneimittelhersteller einen Vertrag erhalten, die sechs Monate Lagerhaltung nachweisen können.
Lauterbach: "Kommt dann tatsächlich ein Lieferengpass, sind diese Firmen nicht betroffen." Seine Gesetze würden wirken, und mit Verweis auf diesen Herbst und Winter unterstreicht der SPD-Minister: "Gerade bei Kindern werden wir weniger Lieferengpässe haben - bei Kinderantibiotika, auch bei den Fiebersäften wird es deutlich besser sein." Insgesamt sei die Zahl der nicht lieferbaren Medikamente zurückgegangen.
Apotheker üben Kritik
Manche Apothekerverbände sehen das anders. Vor zwei Wochen schlug der Apothekerverband Nordhessen Alarm und kritisierte, dass wieder viele Antibiotika-Säfte für Kinder und Babys fehlen würden. Aktuell werden Engpässe bei Kochsalzlösungen gemeldet, die vor allem in Kliniken gebraucht werden. Grund: Hurrikan "Helene" hat den größten Produktionsstandort der USA für Infusionslösungen beschädigt. Seitdem sprechen Experten von einer erhöhten Nachfrage und Engpässen im Markt, unter denen auch deutsche Krankenhäuser leiden.
Nach den offiziellen Zahlen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte gibt es derzeit bei rund 500 Arzneimitteln Lieferengpässe. Insgesamt sind in Deutschland 50.000 verschreibungspflichtige Medikamente zugelassen.