
Koalitionsverhandlungen "Nicht streiten, sondern Lösungen anbieten"
Die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD gehen in die vermutlich entscheidende Woche. Ministerpräsidentin Schwesig, die für die SPD mitverhandelt, ist zuversichtlich. Jüngste Umfragen erhöhen den Druck auf die Verhandler.
Die Unterhändler von Union und SPD kommen heute zu weiteren Gesprächen über einen Koaltionsvertrag zusammen. Bislang dringt zum Stand der Verhandlungen wenig nach außen. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin und SPD-Verhandlerin Manuela Schwesig sprach im ARD-Morgenmagazin von "sehr konstruktiven Verhandlungen", die aber Zeit bräuchten.
Allen Beteiligten, "auch der SPD", sei klar, dass "ein 'Weiter so' in Deutschland nicht möglich ist", sagte Schwesig. Sie sprach die kritische Finanzierung der Sozialsysteme, Investitionen in die Wirtschaft und sinkende Energiepreise als zentrale Fragen an. Die SPD sei auch bei Themen wie dem Bürgergeld und der Migration offen für Veränderungen.
Schwesig betonte, dass sich beide Seiten annäherten und nicht uneins gegenüberständen. Der SPD sei am wichtigsten, "dass keine leeren Versprechungen gemacht werden, weder in der Umsetzung noch bei den Finanzen".
Umfrageergebnisse erhöhen den Druck
In jüngsten Umfragen wie dem ARD-Deutschlandtrend war die AfD bis auf zwei Prozentpunkte an die Union herangerückt. Angesichts dieser guten Umfrageergebnisse der AfD mahnte Schwesig, die Partei sei "kein Ost-Problem". Das würden die Regierungschefs der ostdeutschen Bundesländer seit vielen Jahren sagen. Deshalb brauche es eine Politik, die "sich nicht streitet, sondern Lösungen anbietet".
Den Menschen sei die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze und eine Perspektive auf wirtschaftlichen Aufschwung wichtig. Die AfD hingegen unterstütze die Politik von US-Präsident Donald Trump, der die deutsche Wirtschaft bedrohe.
CSU-General Huber: Machen uns krisenfest
CSU-Generalsekretär Martin Huber verteidigte im ARD-Morgenmagazin die eingeschlagene Richtung bei den Verhandlungen. Mit dem Sondierungspapier sei die Grundlage für einen Politikwechsel gelegt worden, insbesondere im Bereich Migration und der Wirtschaftspolitik.
Die geplante Neuverschuldung für Investitionen in die Infrastruktur werde die Wirtschaft wieder in Schwung bringen und Deutschland "krisenfest für die Zukunft" machen. Huber sprach von einem "wuchtigen Gesamtpaket". Angesichts der angespannten Weltlage sei es "bizarr", dass die AfD US-Präsident Donald Trump und den russischen Staatschef Wladimir Putin unterstütze.
Der Kurswechsel bei der Staatsverschuldung nach der Wahl und das mit Wahlversprechen gespickte Sondierungspapier hatten für viel Kritik gesorgt, vor allem an der Union und ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz.
Frei mahnt eigene Reihen zu Geduld
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, wehrte sich im Bericht aus Berlin gegen Kritik aus den eigenen Reihen. Diese Kritik basiere auf durchgestochenen veralteten Papieren. "Wir müssen doch Ergebnisse erst abwarten, bevor man sie bewerten kann", sagte Frei. Er sei zuversichtlich, dass eine Regierungsbildung bis Ostern gelingen werde.
"Wir setzen uns bewusst kein zeitliches Limit", sagte der Fraktionsmanager. Es gehe darum, so schnell wie möglich, aber auch so gründlich wie möglich zu arbeiten. Anschließend müsse man gute Politik machen, aus der Rezessionsspirale rauskommen, Wirtschaftswachstum erzielen und mehr Sicherheit schaffen. Das sei das beste Mittel gegen schlechte Meinungsumfragen, die Frei "bitter für uns" nannte.
SPD-Chefin Saskia Esken schlug beim Knackpunkt Migration eher konfrontative Töne an. Es sei ganz klar, dass die SPD am Grundrecht auf Asyl festhalten wolle, sagte sie in der ZDF-Sendung Berlin direkt. Dieses sei zu Recht in der Verfassung verankert. Bereits andere Staaten seien am Versuch von Asylverfahren auch in Drittstaaten gescheitert. "Wir sollten unsere Energie nicht auf solche Versuche verschwenden", sagte Esken.
Unions-Vertreter pochen auf eigene Positionen
Mehrere Vertreter von CDU und CSU pochen in dieser entscheidenden Phase der Verhandlungen darauf, dass ein möglicher Koalitionsvertrag eine deutliche Handschrift der Unionsparteien trägt. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, der "enorme prozentuale Abstand" im Wahlergebnis müsse sich auch im Verhandlungsergebnis abbilden.
Auch aus der Jungen Union (JU) kommen Forderungen, sich durchzusetzen. JU-Chef Johannes Winkel sagte der Süddeutschen Zeitung: "Die CDU darf keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, ohne dass ein Politikwechsel kommt." Er nannte Migration, Wirtschaft und Bürokratieabbau als die wichtigsten Themengebiete.
Die Brandenburger CDU-Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig forderte, wieder "Anhänger einer Mitte-rechts-Politik" zu bedienen. Dem Tagesspiegel sagte sie, im Wahlkampf sei versprochen worden, "dass wir wieder eine liberal-bürgerliche Politik machen wollen". Aus ihrer Sicht werde dieses Versprechen aktuell nicht eingehalten.