Forderungen nach Klimageld Warum der CO2-Preis sozial ungerecht ist
Im nächsten Jahr steigt der CO2-Preis stärker als geplant, was Heizen und Tanken teurer macht. Die Abgabe sei sozial ungerecht, warnen Wirtschaftswissenschaftler. Das Klimageld würde helfen. Aber das dauert wohl noch.
Mehr als 13 Milliarden Euro - so viel hat der deutsche Staat im vergangenen Jahr durch die CO2-Steuer auf Heizöl, Gas und Benzin und durch den europäischen CO2-Emissionshandel für die Industrie eingenommen. Zwar werden diese Abgaben erst einmal bei Ölfirmen, Stromkonzernen und Industrieunternehmen fällig, aber über höhere Preise zahlen sie am Ende die Bürgerinnen und Bürger.
Eigentlich sollte dieses Geld an die Bürgerinnen und Bürger zurückfließen, und zwar in Form eines pro Kopf ausgezahlten Klimageldes. Das fordern aktuell erneut Verbraucherschützer, Sozialverbände und Klimaschutzorganisationen. Die Bundesregierung selbst hatte es vor zwei Jahren in ihrem Koalitionsvertrag in Aussicht gestellt.
Ab Januar soll die CO2-Steuer in Deutschland nun noch einmal deutlich steigen: Von aktuell 30 auf dann 45 Euro pro Tonne CO2 - so hat es die Bundesregierung Mitte Dezember als Teil der neuen Haushaltsbeschlüsse beschlossen. Benzin und Diesel dürften dadurch jeweils mehrere Cent teurer werden, die Gasrechnung im Schnitt um rund fünf Euro pro Monat steigen.
Gut fürs Klima - ungerechte Verteilung
Auch die meisten Ökonominnen und Ökonomen halten ein Klimageld für sinnvoll. Denn so wichtig der CO2-Preis mit Blick auf das Klima sein möge, so ungerecht sei er mit Blick auf die Verteilungswirkung. Ärmere Haushalte verursachen im Schnitt weniger CO2, weil sie im Durchschnitt in kleineren Wohnungen wohnen, weniger oft in den Urlaub fahren und insgesamt weniger konsumieren als reichere Haushalte. Gleichzeitig geben sie einen deutlich größeren Anteil ihres Einkommens für das Heizen aus.
Das bestätigt auch eine neue Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Ein Klimageld würde "die Haushalte in unteren Einkommensgruppen und jene mit mittleren Verbräuchen umfassend entlasten", schreiben die Forscher.
Aber nicht nur ärmere Haushalte träfen hohe CO2-Preise besonders, sondern auch bestimmte Menschen in mittleren Einkommensklassen - etwa Rentnerinnen und Rentner, die allein in älteren Häusern auf dem Land lebten und denen "oft kaum finanzielle Mittel zur Emissionsreduktion durch Sanierung oder Heizungstausch zur Verfügung stehen dürften", wie das IMK schreibt. Sie bräuchten über das Klimageld hinaus noch zusätzliche Unterstützung.
Aktuell scheitert die Einführung des Klimagelds vor allem an zwei Dingen: Erstens müsste der Staat dazu die eindeutige Steuer-ID von jedem Menschen in Deutschland mit dessen Kontodaten verknüpfen - und das datenschutzrechtlich einwandfrei. Das Finanzministerium wollte das zwar angehen, aber bisher ist es noch nicht gelungen, diese Voraussetzungen für die Auszahlung zu schaffen. Immerhin soll der Mechanismus laut Ministerium nun "noch in dieser Legislaturperiode zur Verfügung stehen".
Mehrheit findet Energiewende "ungerecht"
Die zweite Hürde: Die milliardenschweren CO2-Einnahmen sind längst für andere Projekte verplant, darunter für viele Klimamaßnahmen. Dabei aber, so die VWL-Professorin und Wirtschaftsweise Veronika Grimm, würden "die Schwächsten in der Gesellschaft hinten runterfallen" - weil sie zum Beispiel gar kein Haus besitzen, bei dem sie sich finanziell geförderte Solarzellen aufs Dach oder eine Wärmepumpe in den Keller einbauen lassen könnten.
Als ungerecht empfindet auch die Mehrheit der Deutschen die Umsetzung der Energiewende, so das Ergebnis einer jüngst erschienenen Studie der Bertelsmann-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum für Nachhaltigkeit - Helmholtz-Zentrum Potsdam.
Die Wirtschaftsweise Grimm hält die Einführung eines Klimageldes für essenziell, "um überhaupt in die Richtung zu kommen, dass die Klimapolitik Akzeptanz findet", sagte sie der ARD. Die organisatorischen und datenschutzrechtlichen Probleme hält sie für lösbar. Und solange das Finanzministerium daran noch arbeite, könne das Klimageld angespart und dann gesammelt später ausgezahlt werden. Das würde dazu führen, dass die Ampelkoalition auch wirklich einen Anreiz hätte voranzukommen und die Auszahlung möglich zu machen, "zum Beispiel kurz vor der nächsten Bundestagswahl 2025".