Nach Einigung zum Haushalt Forderung nach Klimageld setzt Ampel unter Druck
Heizen, Strom und Tanken werden durch die Haushaltsbeschlüsse der Ampel für 2024 teurer als erwartet. Das kritisieren Wirtschaftsexperten und Verbände und fordern einen Ausgleich - etwa das versprochene Klimageld.
Nach der Einigung im wochenlangen Haushaltsstreit betonen die Spitzen der Bundesregierung die soziale Verträglichkeit ihres Kompromisses. Von Wirtschaftsexperten und Verbänden gibt es aber Kritik.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm appelliert an die Ampel, zum Ausgleich die bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte Zahlung eines Klimagelds an die Bürger einzuführen. "Das wäre eine sehr wichtige Maßnahme, um Akzeptanz für den Klimaschutz zu schaffen", sagte das Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung dem Fernsehsender "Welt".
Geringverdiener besonders betroffen
Für Menschen mit niedrigen Einkommen seien die Preissteigerungen, die die Verteuerung des Kohlendioxid-Ausstoßes nach sich zieht, besonders schwer abzufedern. Gerade sie würden aber von dem bereits im Koalitionsvertrag vereinbarten Klimageld besonders profitieren. Denn sie hätten in der Regel einen sehr kleinen CO2-Fußabdruck, würden pro Kopf aber genauso viel zurückbekommen wie alle anderen, erklärte Grimm. "Das Klimageld muss auf jeden Fall mit Blick auf die Zukunft wieder in den Mittelpunkt der Diskussion geraten."
"Klimageld muss kommen"
Ähnlich sieht es der Vize-Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Oliver Holtemöller. "Dass der CO2-Preis steigt, ist etwas, das Ökonomen schon lange empfohlen haben, um die Klimaschutzziele effizient zu erreichen", sagte er dem MDR. Dass der Sozialausgleich aber fehle, sei "ein Mangel".
Auch der Sozialverband VdK fordert, das noch zu ändern. "Eine Erhöhung des CO2-Preises ist unsozial", sagte VdK-Chefin Verena Bentele dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Deshalb muss das Klimageld kommen, damit Menschen mit kleinem Geldbeutel nicht übermäßig belastet werden."
Ver.di-Chef Frank Werneke warnte vor deutlichen Mehrbelastungen für Beschäftigte. "Die von der Ampelkoalition geplante Lösung hat eine harte soziale Schieflage", sagte Werneke der "Augsburger Allgemeinen". Mit der deutlichen Anhebung des CO2-Preises um zehn auf 45 Euro pro Tonne im kommenden Jahr würden insbesondere Berufspendler bei den Spritpreisen einseitig belastet. "Das eigentlich versprochene Klimageld zum sozialen Ausgleich ist nicht in Sicht", kritisierte der Gewerkschafter. "Die Anhebung des CO2-Preises trifft alle Bürgerinnen und Bürger - insbesondere die mit nicht so hohem Einkommen."
Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP auf die Einführung eines Klimageldes verständigt. Es soll Bürgerinnen und Bürger entlasten, die einen fortlaufend höheren CO2-Preis auf Erdöl, Gas und Kohle zahlen müssen. Im Vertrag ist von einem "sozialen Kompensationsmechanismus" die Rede, um künftige Preisanstiege bei Energie abzufedern und die Akzeptanz der CO2-Bepreisung zu gewährleisten. Wie das Klimageld genau aussehen soll, blieb jedoch ebenso wie der Zeitplan offen.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) machte Mitte vergangenen Jahres einen Vorstoß zur Umsetzung. Er schlug eine Einmalzahlung für Menschen mit einem Bruttoeinkommen von unter 4000 Euro (8000 bei Verheirateten) vor. Dies stieß aber bei der FDP auf Bedenken und auch die Grünen waren skeptisch. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verwies im August diesen Jahres nach der Kabinettsklausur in Meseberg zudem auf unzureichende Finanzierungsquellen.
Der aktuelle Haushaltsentwurf der Bundesregierung sieht keine Mittel für das Klimageld im kommenden Jahr vor.
Ampel verteidigt die Beschlüsse
Wirtschaftsminister Robert Habeck verteidigte die Beschlüsse zum Haushalt 2024. "Es ist richtig: Nicht mehr alle Kosten, die die Krise ausgelöst hat, können übernommen werden", sagte der Grünen-Politiker im ZDF zu den Folgen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltsführung.
Wenn man keine Schulden mehr aufnehmen dürfe und politisch vereinbart habe, keine Steuern zu erhöhen, dann könne der Staat entweder weniger Leistungen übernehmen oder die Einnahmen erhöhen. Er wies darauf hin, dass der Staat den Stromkunden weiterhin die Kosten der Umlage zur Ökostrom-Förderung (EEG-Umlage) abnimmt.
Scholz hob in der ARD hervor, dass die beschlossenen Lohn- und Einkommensteuer-Entlastungen in Höhe von 15 Milliarden Euro bestehen blieben. "Bei denen bleibt’s. Und das betrifft kleine, mittlere Einkommen", sagte er am Mittwochabend in der Sendung "Farbe bekennen".
Lindner: Entlastungen ab Januar
Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner betonte im tagesthemen-Interview: "Wir können sicher sagen, dass es für die breite Mitte, die arbeitende Bevölkerung in Deutschland, deutlich spürbare Entlastungen ab dem 1.1. nächsten Jahres gibt."
Geplant seien 15 Milliarden Euro Entlastungen bei der Lohn- und Einkommenssteuer, etwa solle das steuerfreie Existenzminimum angehoben werden. "Davon profitieren die kleinen, die mittleren Einkommen, auch die Fachkräfte und Rentnerinnen und Rentner, sofern sie Steuern zahlen."
Die Koalitionsspitzen hatten sich bei der Beilegung ihres wochenlangen Haushaltsstreits darauf geeinigt, dass der CO2-Preis zum 1. Januar stärker steigen soll als bislang geplant: nämlich von 30 Euro je Tonne Kohlendioxid-Ausstoß auf 45 Euro statt nur auf 40. Damit verteuert sich die Energieerzeugung, aber auch die Produktion vieler Güter.