Franziska Brantner, Felix Banasza, Katharina Dröge und Britta Haßelmann

Geplantes Finanzpaket Grüne wollen Grundgesetzänderungen nicht zustimmen

Stand: 10.03.2025 14:13 Uhr

Die Grünen-Spitze will dem von Union und SPD geplanten Finanzpaket im Bundestag nicht zustimmen. Man werde Schwarz-Rot nicht zur notwendigen Zweidrittelmehrheit für die Grundgesetzänderung verhelfen, so die Fraktionsspitze.

Union und SPD hatten auf die Unterstützung der Grünen gehofft, doch nun macht die Parteispitze klar: Die Grünen werden dem milliardenschweren Verteidigungs- und Infrastrukturpaket von CDU/CSU und SPD nicht zustimmen. Sie bleiben aber gesprächsbereit.

Für die Fraktion gelte die Empfehlung, das Paket nicht zu verabschieden, sagten die Vorsitzenden der Grünen-Bundestagsfraktion, Katharina Dröge und Britta Haßelmann. Die Grünen stünden nicht zur Verfügung, um "Wahlgeschenke" von Union und SPD zu finanzieren, machte auch Co-Parteichefin Franziska Brantner deutlich.

Da für das Finanzpaket das Grundgesetz geändert werden muss, braucht Schwarz-Rot für eine Verabschiedung im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit.

Grüne kritisieren "Schatzkiste"

Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion kritisierte das Vorhaben von Schwarz-Rot und bezeichnete es als "Schatzkiste mit Spielgeld". Die Union und SPD wollten diese nutzen, um sie in Steuerentlastungen zu stecken, in eine Reform des Agrardiesels und eine Erhöhung der Pendlerpauschale. Dröge kritisierte, der Klimaschutz spiele keine Rolle.

Auch Brantner warf Union und SPD vor, Probleme mit Geld "zuzukleistern" und so Differenzen zwischen den möglichen Koalitionspartnern übertünchen zu wollen.

"Es dürfte den ein oder anderen kalt erwischt haben", Iris Sayram, ARD Berlin, zur Ablehung der Grünen zu einer Zustimmung der Pläne von Union und SPD

tagesschau24, 10.03.2025 15:00 Uhr

Verteidigung, Mütterrente und Pendlerpauschale

Vergangene Woche hatten sich CDU, CSU und SPD auf das Finanzpaket als ein zentrales Element ihrer Koalitionsverhandlungen geeinigt. Es sieht eine Lockerung der Schuldenbremse für höhere Verteidigungsausgaben vor. Außerdem soll es ein schuldenfinanziertes Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur geben.

In dem schwarz-roten Papier geht es auch um konkrete innenpolitische Projekte. Einige davon sind deckungsgleich mit Wahlversprechen. So findet sich die Mütterrente im Papier. Auf Druck der CSU soll sie für vor 1992 geborene Kinder um sechs Monate weiter angehoben werden. Zudem soll die Umsatzsteuer in der Gastronomie gesenkt werden und es soll eine Erhöhung der Pendlerpauschale geben.

Theoretisch könnte auch die FDP Schwarz-Rot zur Zweidrittelmehrheit verhelfen. Deren Zustimmung gilt jedoch als unwahrscheinlich. Die FDP hat sich wiederholt gegen eine Reform der Schuldenbremse ausgesprochen - unter anderem daran war die vorherige Ampelkoalition zerbrochen. Die Grundgesetzänderungen sollten am 13. März ins Plenum eingebracht und am 18. März noch vom Bundestag in alter Zusammensetzung beschlossen werden - obwohl der neue Bundestag bereits gewählt ist. Wie es nun weitergeht, ist offen.

Dröge für Entscheidung im neuen Bundestag

Die Grünen schlugen indes nicht alle Türen zu, vor allem mit Blick auf ein Sondervermögen für Militärausgaben. Co-Parteichef Felix Banaszak kündigte einen eigenen Gesetzentwurf für den Bereich der Sicherheit und Verteidigung an. "Das Ziel ist es, am Ende zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen."

Dröge machte deutlich, dass die Grünen eine generelle Reform der Schuldenbremse wollen. Allerdings sprach sie sich dafür aus, eine Entscheidung dem neuen Bundestag zu überlassen. Schwarz-Rot solle auch auf die Linkspartei zugehen, forderte sie.

Die Union und die SPD möchten ihr Paket gerne noch in dieser Woche durch den Bundestag bringen, denn im jetzigen Parlament dürfte es für sie einfacher sein, auf die nötige Zweidrittelmehrheit zu kommen. Im neu konstituierten Bundestag wäre Schwarz-Rot auf die Stimmen der Linkspartei oder der AfD angewiesen.

Die Gespräche gehen trotz der Ablehnung der Grünen weiter. SPD und Union wollen nach Aussage von SPD-Chef Lars Klingbeil noch am Abend mit der Parteispitze sprechen. Klingbeil zeigte sich nicht überrascht, dass die Grünen für ihre nötige Zustimmung Forderungen stellten. "Ich nehme das sehr ernst", sagte er. Sein Ziel sei es, etwas hinzubekommen, das dem Ernst der Lage im Land angemessen sei. "Ich gebe die Zuversicht nicht auf, dass es gelingt."

Grüne lehnen Verhandlungsstil ab

Die Haltung der Grünen dürfte auch am Auftreten der CDU, CSU und SPD liegen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte wiederholt die Grünen scharf attackiert, obwohl bereits klar war, dass Schwarz-Rot auf die Stimmen der Grünen angewiesen ist.

Dröge kritisierte Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz, der zu spät das direkte Gespräch gesucht habe. Angebote, habe Merz auf ihre Mailbox gesprochen. Das sei unzureichend. "Aus unserer Sicht sind das nicht die Dinge, die der Lage im Land angemessen sind", sagte Dröge.

Grünen-Co-Chef Banaszak sagte mit Blick auf Union und SPD: "Wir stehen nicht zur Verfügung für einen politischen Stil, der wiederholt darauf setzt, gemeinsam etwas zu vereinbaren, es im Nachgang denen vorzulegen, die man braucht, um es umzusetzen und dann zu sagen, die Grünen müssen ja am Ende sowieso zustimmen."

Linnemann will auch mit FDP sprechen

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann wollte zunächst keine Stellung zu Forderungen der Grünen beziehen. Das würde die Gespräche erschweren, sagte er. Er bezeichnete Vorstellungen, die von Seiten der Grünen angemeldet worden sind, als "konstruktive Vorschläge". Gespräche würden nun auch mit der FDP geführt, sagte Linnemann.

Die hat sich bereits mit einem Gegenvorschlag zu Wort gemeldet. Der Fraktionsvorsitzende Christian Dürr forderte nach einer Sitzung der Parteigremien die Einrichtung eines mit 300 Milliarden ausgestatteten Verteidigungsfonds. Das Geld solle zusätzlich zu Verteidigungsausgaben in Höhe des Zwei-Prozent-Ziels der NATO im regulären Verteidigungsetat bereitgestellt werden, sagte Dürr.  "Wir wären damit vorbereitet auch auf höhere NATO-Verpflichtungen, auch auf eine NATO-Quote in Höhe von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts und höher", sagte Dürr. Das Sondervermögen von Union und SPD nannte er "neue Schuldenberge für alles Mögliche".

Woher eine Mehrheit nehmen?

Union und SPD müssen sich um Stimmen bemühen. Bislang versuchen sie weiterhin, die Abgeordneten im alten Bundestag zu überzeugen. Die Linkspartei, die im neuen Parlament auf 64 Sitze kommt, hat bereits Gesprächsbereitschaft angekündigt.

Die Co-Chefin der Linkspartei, Heidi Reichinnek, schrieb auf der Plattform Bluesky, dass ihre Hand ausgestreckt sei. "Wir als Linke stehen weiterhin dafür, die Schuldenbremse abzuschaffen", schrieb sie. "Aber wir sind bereit, auch eine Reform mitzutragen. Im neuen Bundestag gibt es demokratische Mehrheiten für eine solche Reform. Wir sind weiterhin gesprächsbereit."

Dagmar Pepping, ARD Berlin, tagesschau, 10.03.2025 13:01 Uhr