Digitalminister Wissing "Fortschritt versprochen und Fortschritt geliefert"
Wo steht Deutschland bei der Digitalisierung? Die Antwort hängt davon ab, wen man fragt. Der für Digitalisierung zuständige Minister Wissing klopft sich selbst und dem Bund auf die Schultern. Versäumnisse sieht er bei den Ländern.
"Der Bund hat in den letzten Jahren richtig Gas gegeben." Volker Wissing, Minister für Digitales und Verkehr, hat zum Start des Digitalgipfels die digitalen Errungenschaften des Bundes gelobt. "Wir haben Fortschritt versprochen und Fortschritt geliefert", sagte der FDP-Politiker im ARD-Morgenmagazin.
90 Prozent der Verwaltungsdienstleistungen des Bundes seien bereits digital verfügbar, so Wissing. 97 Prozent des Bundes seien mit Mobilfunk abgedeckt, die Glasfaseranschlüsse in wenigen Jahren verdoppelt worden. Bei der KI-Forschung liege Deutschland in Europa mit an der Spitze. "Die EU-Kommission sagt, es ist eine spektakuläre Aufholjagd", betonte er.
Bundesländer hinken hinterher
Zur Wahrheit über die deutsche Digitalisierung gehört allerdings auch: Die Bundesländer hinken hinterher. Dort sind weniger Online-Dienste verfügbar, als es inzwischen sein sollten. Auch Unternehmen klagen über die schleppende Digitalisierung. Experten kritisieren die mangelnde Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen.
Digitalminister Wissing räumte ein, dass die Länder beim Tempo des Bundes nicht mithalten konnten. Sie müssten ebenso konsequent digitalisieren, schneller vorankommen. Es stehe noch viel Arbeit an. "Die Bürger wollen das, aber nicht jede Kommunalverwaltung ist schnell genug", sagte Wissing und forderte eine bessere Verständigung unter den Ländern.
Wissing schiebt Verantwortung auf Länder
"Die Hauptverantwortung für die Verwaltungsdigitalisierung liegt in unserer Verfassungsordnung bei den Ländern", betonte Wissing. Der Bund unterstütze gerne - aber es gebe auch immer wieder Widerstände, wie beispielsweise bei der gänzlich digitalen Umsetzung des Deutschlandtickets. "Wir müssen nur digital vorgehen, und nicht das Analoge parallel weiterfinanzieren." Das koste nur Geld und habe weniger verfügbare Daten zu Folge.
In den Ländern ist die Digitalisierung nicht so weit vorangeschritten, wie in der Koalitionsvereinbarung angedacht. Dafür müssten allerdings auch vom Bund "sinnvolle Regeln" geschaffen werden, mahnte WDR-Datenschutzexperte Jörg Schieb.
Bildungsministerin drängt Länder in Sachen Digitalpakt
Auch in den Schulen hakt es weiterhin. Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hatte vor dem Gipfel erneut an die Länder appelliert, ihren Beitrag zum Digitalpakt 2.0 an Schulen zu leisten. "Wenn die Länder sich nun nicht endlich ehrlich machen", könne dieser nicht im Januar 2025 an den Start gehen, sagte die FDP-Politikerin der Nachrichtenagentur AFP. "Die Zeit drängt."
Die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern zum Digitalpakt 2.0, mit dem unter anderem Schulen technisch moderner ausgerüstet werden sollen, laufen derzeit. Umstritten ist vor allem die Finanzierung. Stark-Watzinger hatte insgesamt 2,5 Milliarden Euro an Bundesmitteln für den Zeitraum von 2025 bis 2030 zugesagt, wenn sich Bund und Länder die gesamten Kosten hälftig teilen. "Wir haben den Ländern ein faires Angebot gemacht, sie in ihren Aufgaben zu unterstützen", sagte die Ministerin.
Bahnstrecke Hamburg-Berlin soll 5G-tauglich werden
Doch nicht nur in Verwaltung und Schulen hapert es mit der Digitalisierung. Auch Bahnfahrende sind oft im Funkloch. Minister Wissing preist zwar die deutsche Mobilfunkabdeckung an - aber die Bahnstrecke von Berlin nach Hamburg ist noch immer berüchtigt für ihre großen Funklöcher.
Eine Allianz aus Mobilfunkbetreibern, Bahn und Bund soll das nun ändern. In einer Absichtserklärung verpflichteten sich die Bundesregierung, die Deutsche Bahn sowie die vier deutschen Mobilfunknetzbetreiber 1&1, Deutsche Telekom, Telefónica/O2 und Vodafone auf dem Digitalgipfel zu künftig bester Netzqualität auf der Strecke. Sie soll "Deutschlands Innovationsstrecke für Mobilfunk mit Gigabit-Datenraten im Zug werden", so Wissing.
Die Beteiligten wollen nun die geplante Sanierung der Gleise und Signalanlagen auf der Strecke zwischen Hamburg und Berlin nutzen, um die Verbindung 5G-tauglich zu machen - bis zum April 2026.