CDU-Klausur Für den Osten nichts Neues
Die CDU-Spitze hat sich zur Klausur getroffen - auch um über die anstehenden Wahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen zu sprechen. Denn die bereiten vielen in der Partei Kopfzerbrechen.
Sie hängen wie ein Damoklesschwert über der CDU: die Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern. Zunächst Anfang September in Sachsen und Thüringen. Dann wenige Wochen später in Brandenburg. In allen drei Ländern droht die AfD stärkste Kraft zu werden, was ein Fiasko für die CDU in den Ländern, aber auch für den Parteivorsitzenden Friedrich Merz wäre.
Was also tun? Erst einmal darüber reden. Für Sonntagnachmittag hatte Merz das Parteipräsidium, also den engeren Führungskreis, in ein Hotel in Berlin zu Klausur geladen. Dann gab es Abendessen und noch einmal gut zwei Stunden Debatte am Montagvormittag.
Großzügig gerechnet also sechs bis sieben Stunden Zeit, in denen es neben den anstehenden Landtagswahlen auch um die vergangene Europa- und die im nächsten Jahr anstehende Bundestagswahl ging. Und ein wichtiger Wahlkämpfer fehlte dabei: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Offiziell heißt es, es habe Terminprobleme gegeben. Man könnte auch vermuten, dass seine Lust, an der Klausur teilzunehmen, nicht besonders groß war.
Soziologe Mau als Osterklärer
Schon bei der Präsidiumssitzung einen Tag nach der Europawahl, bei der die AfD in Sachsen gewonnen hatte, war Kretschmers Laune erkennbar schlecht. Er schimpfte über eine falsche Themensetzung. Europa habe sich nicht als Friedensmacht dargestellt und das sei bitter. Zudem müsse man aufhören, immer nur über andere Parteien zu sprechen und vor Rechtspopulisten zu warnen. Unklar blieb, ob er damit nur die Bundesregierung oder auch die eigene Partei meinte.
Die Rolle des Osterklärers übernahm bei der Präsidiumsklausur also ein anderer. Der Soziologe Steffen Mau, der in seinem neuen Buch "Ungleich vereint. Warum der Osten anders bleibt" gerade konstatiert hat, dass man Unterschiede zwischen Ost und West respektieren sollte. Er plädiert für mehr Teilhabe, zum Beispiel durch Bürgerräte.
So etwas könne er sich auch vorstellen, meint Generalsekretär Carsten Linnemann bei der Pressekonferenz nach der Klausur. Jetzt gehe es aber erst einmal darum, in die Fläche zu gehen und diejenigen zu stärken, die in den Kommunen arbeiten.
Schwieriger Umgang mit dem Osten
Neben Linnemann auf der Bühne, sozusagen als Stimme des Ostens, ist Jan Redmann, Spitzenkandidat in Brandenburg. Auch er kündigt eine Art Präsenzoffensive an: Mit einer Holzbank im Gepäck will Redmann durchs Land ziehen und ins Gespräch mit den Bürgern kommen. Die CDU müsse ein Gegenanbot machen, auch zu den Populisten und Extremen. Politik müsse wieder zeigen, dass sie handlungsfähig ist. Alles nichts Neues - es sind Sätze, die so schon häufig gefallen sind.
Auch wenn es immer noch keine klaren Antworten gibt, so ist man in den CDU-Ostverbänden doch froh, dass sich die Parteispitze überhaupt für sie interessiert. Das sei nicht immer so gewesen. Der Umgang mit dem Osten ist für einen CDU-Vorsitzenden sprichwörtlich wie "auf rohen Eiern zu laufen".
Annegret Kramp-Karrenbauer scheiterte am Ende auch an Thüringen. Nach der Skandalwahl des FDP-Politikers Kemmerich zum Ministerpräsidenten, an der sich auch die CDU beteiligte, konnte sie sich nicht gegen den Thüringer Landesverband behaupten.
Ein warnendes Beispiel für jeden künftigen Parteichef, auch für Friedrich Merz. Der allerdings zuletzt in dem verminten Feld doch die eine oder andere Bombe zündete. Beim Sommerinterview im ZDF appellierte er an Wähler der SPD, Grünen und FDP, die CDU zu wählen, um somit die AfD zu verhindern.
Glühende Leitungen im Konrad-Adenauer-Haus
Vor allem in Sachsen und Thüringen fragt man sich nun aber, mit wem man denn eine Regierung bilden soll, wenn diese Parteien nicht ins Parlament einziehen und am Ende möglicherweise neben CDU nur AfD, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und die Linke übrig bleiben. Für AfD und Linke zumindest ist die Frage geklärt, es gibt es einen Unvereinbarkeitsbeschluss. Das Verhältnis zum BSW ist aber heikles Terrain.
Auch bei diesem Thema agierte Merz unglücklich, als er kurz nach der Europawahl öffentlich eine Zusammenarbeit ausschloss: Das BSW sei in einigen Themen rechtsextrem, in anderen wiederum linksextrem.
In Dresden, Erfurt und Potsdam war man aufgeschreckt. Eine Koalition mit dem BSW ausschließen? Sie könnte in den Ländern womöglich die letzte verbleibende Option für eine Koalitionsmehrheit werden. Die Telefone in der Parteizentrale liefen heiß.
Am nächsten Tag erklärte sich Merz öffentlich: Gemeint sei nur die Bundesebene gewesen. Bei der Klausur war das BSW nur am Rande Thema, heißt es aus Teilnehmerkreisen. Was auch daran liegen könnte, dass sich die Ostverbände nach dem Kramp-Karrenbauer-Desaster viel Beinfreiheit verschafft haben.
Man könne den ostdeutschen Wahlkämpfern von außen nicht vorschreiben, was sie zu tun oder zu lassen hätten - ein Satz, den man von westdeutschen CDU-Mitgliedern immer wieder hört. Nur wie lange wird der Rest der Partei stillhalten, wenn es tatsächlich zu einem Bündnis mit der Wagenknecht-Partei kommt? Dann könnten die Leitungen im Konrad-Adenauer-Haus wieder glühen. Allerdings könnten die Anrufe dann aus Düsseldorf, Kiel oder München kommen.