Haushaltsdebatte im Bundestag Lindner hält an Schuldenbremse für 2024 fest
Eigentlich sollte es um den Nachtragshaushalt für das laufende Jahr gehen. Doch wirklich diskutiert wurde im Bundestag über die Pläne für 2024. Finanzminister Lindner will dann auf jeden Fall wieder sparen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner hat den Nachtragshaushalt für 2023 im Bundestag verteidigt. Dabei betonte er, er wolle im kommenden Jahr wieder die Schuldenbremse einhalten.
Um Zukunftsinvestitionen und bedeutende Vorhaben der Koalition umzusetzen, würden andere überkommene, heute nicht mehr notwendige Ausgaben gestrichen, sagte Lindner. "Wir werden auf der Ausgabenseite umschichten." Noch mehr Schulden bei stark gestiegenen Zinsen seien nicht der richtige Weg.
"Intensive Gespräche" in der Koalition
Formal ging es im Bundestag nicht um den Etat für 2024, sondern eigentlich nur um den Nachtragshaushalt für das laufende Jahr. Doch die Debatte drehte sich vor allem um den Haushalt für das kommende Jahr.
Lindner beziffert dessen Finanzierungslücke auf 17 Milliarden Euro. Wie dieses Loch geschlossen werden soll, ist in der Ampel-Regierung umstritten. Im Gespräch sind diverse Sparmaßnahmen, aber auch eine Aussetzung der Schuldenbremse, um so zum Beispiel die Hilfszahlungen an die Ukraine über Kredite zu finanzieren.
Lindner warb jedoch dafür, eher den Wettbewerb zu stärken und Bürokratie abzubauen, als neue Schulden für Subventionen aufzunehmen. Der Finanzminister sprach von intensiven Gesprächen innerhalb der Koalition. "Das alles wird nicht immer bequem sein." Die Regierung werde aber neue Wege finden, ihre Vorhaben zu finanzieren. Die Staatsschuldenquote werde 2024 auf 64 Prozent der Wirtschaftsleistung sinken, nachdem es 2021 noch 69 Prozent gewesen seien, so Lindner - und: "Die Richtung stimmt. Wir wollen sie fortsetzen."
Union fordert "ernsthaftes Sparen"
Der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler sprach sich im Bundestag für den Abbau klimaschädlicher Subventionen aus. Er verwies auch auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, das die Bundesregierung verurteilt hat, Sofortprogramme für mehr Klimaschutz im Verkehr und bei Gebäuden aufzulegen. Außerdem müsse die Schuldenbremse für Investitionen in Klimaschutz und Infrastruktur erweitert werden.
Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg betonte, CDU und CSU seien bereit, der Koalition konstruktiv bei einer Lösung zu helfen - das setze aber voraus, dass die Ampel im Haushalt umschichte und ernsthaft spare. CDU-Haushälter Christian Haase sagte, frühere Regierungen hätten viel mehr als die 17 Milliarden eingespart und betonte: "Die Schuldenbremse verhindert nicht die wichtigen Ausgaben, die Schuldenbremse verhindert die unwichtigen."
Die Linken-Politikerin Gesine Lötzsch plädierte mittelfristig für die Abschaffung der Schuldenbremse: "Eine zerrüttete Infrastruktur, eine zerstörte Umwelt und eine unsinnige Schuldenbremse dürfen wir nicht an die nächste Generation vererben. Das wäre zutiefst unmoralisch und ungerecht."
Schuldenbremse für 2023 wird ausgesetzt
Der Entwurf aus dem Finanzministerministerium für den Nachtragshaushalt für das laufende Jahr liegt seit Montag vor und ist weniger umstritten. Für den Nachtragshaushalt soll zum vierten Mal in Folge die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ausgesetzt werden.
Das war nötig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Aufstockung des Klima- und Transformationsfonds (KTF) durch ungenutzte Kredite aus der Corona-Pandemie für unzulässig erklärt hatte. Der Beschluss für das Aussetzen der Schuldenbremse ist für Mitte Dezember geplant. Der Bundestag muss nach Art. 115 GG daher wieder eine "außergewöhnliche Notsituation" feststellen, die sich - wie es in den Regeln zur Schuldenbremse heißt - der Kontrolle des Staates entzieht und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt.
Aus dem KTF fehlen der Ampelkoalition allein bereits 60 Milliarden Euro für Projekte der Energiewende. Für den Haushalt 2023 ist vor allem bedeutend, dass der ähnlich wie der KTF finanzierte und im vergangenen Jahr aufgelegte Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) als Folge des Karlsruher Urteilsspruchs ebenfalls abgewickelt wird.
Neuverbuchung der WSF-Ausgaben
Die WSF-Ausgaben in diesem Jahr müssen nun auch in diesem Jahr verbucht werden, weshalb die Schuldenbremse nicht eingehalten werden kann. Mit dem Nachtragshaushalt werden insgesamt rund 45 Milliarden Euro in den normalen Haushalt übertragen, überwiegend aus dem WSF. Im Nachhinein sei der WSF falsch angelegt gewesen, sagte Lindner.
Unsicherheit gibt es bei den WSF-Ausgaben für das kommende Jahr, darunter etwa 5,5 Milliarden Euro als Subvention der Strompreise über die Netzentgelte. Auch andere sogenannte Sondervermögen müssen neu aufgestellt werden, mit dem Nachtragshaushalt neben dem WSF auch der Hilfsfonds zum Wiederaufbau nach der Flut im Sommer 2021.
Mit Informationen von Hans-Joachim Vieweger, ARD Berlin