Nach Hinrichtung Welche Maßnahmen gegen den Iran möglich sind
Nach der Hinrichtung des Deutsch-Iraners Sharmahd hat das Auswärtige Amt den Leiter der iranischen Botschaft einbestellt. Außenministerin Baerbock sagte, man behalte sich weitere Maßnahmen vor. Was wäre möglich?
Die Nachricht von der Hinrichtung des Deutsch-Iraners Jamshid Sharmahd hat auch im politischen Berlin für Entsetzen gesorgt. Die Bundesregierung verurteilt das Vorgehen des Mullah-Regimes mit scharfen Worten. Außenministerin Annalena Baerbock kündigt Konsequenzen an.
Wie kam es zu der Hinrichtung?
Der Regimekritiker Sharmahd war 2020 aus Dubai in den Iran verschleppt worden. In einem umstrittenen Terrorprozess wurde er im Februar 2023 zum Tode verurteilt. Angehörige und Menschenrechtler wiesen die Anschuldigungen gegen ihn bis zuletzt zurück. Die Bundesregierung setzte sich vergeblich für seine Freilassung ein.
Was kann die Bundesregierung nun tun?
Das Auswärtige Amt hat in einem ersten Schritt den Leiter der iranischen Botschaft einbestellt. Ein übliches Verfahren, das dazu dient, auf diplomatischer Ebene offiziell Protest zum Ausdruck zu bringen.
Darüber hinaus hat der deutsche Botschafter in Teheran beim iranischen Außenminister gegen die Hinrichtung protestiert, die Außenministerin Baerbock sehr deutlich als "Ermordung" bezeichnete. Sie hat inzwischen den deutschen Botschafter nach Berlin zurückbestellt, um über das weitere Vorgehen zu beraten.
Dass es die Bundesregierung angesichts der Schwere des Falls bei diesen üblichen diplomatischen Schritten bewenden lässt, ist nicht zu erwarten. Schon jetzt wird über verschiedene Maßnahmen diskutiert. Die Palette reicht von einer Verschärfung von Sanktionen bis hin zu einer Herabstufung der diplomatischen Beziehungen.
Welche Wirkung hätten diplomatische Maßnahmen?
CDU-Chef Friedrich Merz, der sich als politischer Pate für den Regimekritiker Sharmahd eingesetzt hatte, hat sich für eine Ausweisung des iranischen Botschafters ausgesprochen. Damit würden die diplomatischen Beziehungen sichtbar auf eine niedrigere Stufe gestellt.
Das Problem: Der Iran hat derzeit keinen Botschafter in Berlin. Der bisherige Botschafter war im Juli abberufen worden, ein Nachfolger ist noch nicht entsandt. Sollte Teheran die Entsendung hinauszögern, würde ein solcher Schritt erst einmal ins Leere laufen.
Es gibt deshalb auch den Vorschlag aus den Reihen der Union, das iranische Generalkonsulat in Frankfurt am Main zu schließen. Ein Vorstoß, den Außenministerin Baerbock Mitte Oktober bereits einmal abgelehnt hat. Sie befürchtet, dass der Iran im Gegenzug die deutsche Botschaft in Teheran schließen könnte. Damit würde Deutschland eine wichtige Kontaktstelle und Informationsquelle wegbrechen.
Was wäre mit weiteren Wirtschaftssanktionen?
Schon länger stehen Forderungen im Raum, bestehende Wirtschaftssanktionen zu verschärfen oder neue zu verhängen. Deutschland ist nach wie vor einer der wichtigsten Handelspartner des Iran. Deshalb gibt es aus Sicht des Unions-Außenpolitikers Jürgen Hardt durchaus Einflussmöglichkeiten.
Dem Iran müsse klar werden, dass jede politische Hinrichtung direkte und spürbare Folgen habe, so Hardt. Sein Vorschlag: Jedes Mal werden neue Warengruppen und weitere Personen auf die Sanktionsliste gesetzt.
In den Iran exportiert werden Maschinen und Produkte, die unter anderem für die medizinische Versorgung wichtig sind. Sanktionen in diesem Bereich dürften also spürbare Folgen in der iranischen Gesellschaft haben.
Auf EU-Ebene wird zudem seit Längerem über eine Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als terroristische Vereinigung diskutiert. Die Eliteeinheit gilt nicht nur als tragende Säule des Mullah-Regimes im sicherheitspolitischen Bereich, sie mischt auch in der iranischen Wirtschaft mit. Eine solche Einstufung würde das Verhältnis zum Iran komplett verändern.
Warum tut sich Deutschland schwer mit solchen Schritten?
Anders als andere Länder hat Deutschland noch immer einen direkten Draht zum iranischen Regime. Was nicht zuletzt mit Blick auf den Nahost-Konflikt von Bedeutung ist. Für den Iran war und ist die Bundesregierung ein wichtiger Ansprechpartner in Europa - nicht erst seit den Verhandlungen über das umstrittene iranische Atomprogramm.
Die Hinrichtung Sharmahds könnte allerdings zu einer gravierenden Veränderung des Verhältnisses führen. Die stille Diplomatie, der Versuch, hinter den Kulissen auf diplomatischer Ebene Lösungen zu finden, werten viele Politikbeobachter jetzt als gescheitert. Denn im Fall Sharmahd ist es der Bundesregierung trotz intensiver Bemühungen nicht einmal gelungen, den Regimekritiker konsularisch betreuen zu dürfen - geschweige denn, ihn freizubekommen.