Bürgergeld-Sanktionen Geplante Verschärfung soll befristet werden
Wenn jemand sich dauerhaft weigert Arbeit aufzunehmen, kann das Bürgergeld komplett gestrichen werden. Diese geplante Verschärfung ist ein Streitthema in der Koalition. Nun wird die Regelung offenbar verändert.
Die Bundesregierung hat schärfere Sanktionen für Bürgergeld-Bezieher geplant, nun kommt die Regelung wohl mit zeitlicher Begrenzung. Die schärferen Sanktionen soll es dem Kompromiss zufolge zunächst nur befristet für zwei Jahre geben. Das wurde dem ARD-Hauptstadtstudio aus Regierungskreisen bestätigt.
Die geplante Regelung sieht die Möglichkeit vor, dass Jobcenter künftig Arbeitslosen das Bürgergeld für maximal zwei Monate komplett streichen, wenn die Betroffenen eine Arbeitsaufnahme nachhaltig verweigern. "Die Regelungen zum Entzug des Regelbedarfs bei Arbeitsverweigerung sind auf zwei Jahre nach Inkrafttreten befristet", sieht eine Neufassung eines Änderungsantrags für das Haushaltsfinanzierungsgesetz vor.
Die Verschärfung bei den Sanktionen ist Teil eines Sparpakets zum Haushalt 2024. Die geplante Regelung zum Bürgergeld soll Einsparungen von rund 170 Millionen Euro pro Jahr bringen - 150 Millionen beim Bund und 20 Millionen bei den Kommunen. Dabei setzt die Regierung auch auf den Abschreckungseffekt.
SPD-Politiker Ralf Stegner hatte zuletzt dagegen erklärt, das Thema Sanktionen werde "maßlos überschätzt", nur wenige wären von Kürzungen betroffen. Kosten der Unterkunft und Heizung sollen nicht gestrichen werden können. Bisher sind die Sanktionsmöglichkeiten beim Bürgergeld vergleichsweise moderat: Zehn Prozent bei versäumten Terminen, bis zu 30 Prozent bei absprachewidrig unterlassenen Bewerbungen oder Kursteilnahmen.
Sanktion wird nach zwei Jahren geprüft
Ob die Möglichkeit der Komplett-Sanktionen nach zwei Jahren dauerhaft bleiben soll, soll dann auf Basis einer Überprüfung entschieden werden. Das Bundesarbeitsministerium soll dafür mit der Bundesagentur für Arbeit und ihrem Forschungsinstitut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung abstimmen, wie diese in die ohnehin laufende Evaluation des Bürgergeldes einbezogen werden kann.
Die Grünen im Bundestag, die die Verschärfung heftig kritisiert hatten, nahmen für sich in Anspruch, die Befristung durchgesetzt zu haben. "Wir haben dafür gesorgt, dass die Regelung automatisch wieder aus dem Gesetz verschwinden wird", sagte Fraktionsvize Andreas Audretsch der Nachrichtenagentur dpa. Anwendung und Wirkung müssten bis dahin intensiv beobachtet und überprüft werden.
Das Existenzminimum muss gesichert sein
"Niemand darf in Deutschland das nötige Geld für Essen und Trinken genommen werden", so Audretsch. Die Möglichkeit, das Bürgergeld komplett zu streichen, betreffe unmittelbar den Artikel 1 des Grundgesetzes, also die Menschenwürde. "Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil 2019 entschieden, dass das Existenzminimum in Deutschland zu jeder Zeit gesichert sein muss." Besorgt zeigte sich Audretsch über die derzeitige Debatte über Menschen, die Bürgergeld beziehen. "Dass die CDU sogar ins Spiel bringt, das Grundgesetz zu ändern, um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu umgehen, ist unverantwortlich."
Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) hatte eine Verfassungsänderung für schärfere Sanktionen beim Bürgergeld angeregt. "Menschen, die arbeiten können und ein Jobangebot erhalten, dies aber nicht annehmen, sollten im Grunde kein Bürgergeld mehr bekommen", hatte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gesagt. "Wenn hier eine generelle Streichung durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht gedeckt ist, sollten wir eben die Verfassung ändern."