Bürgergeld Gelingt eine Einigung?
Einen Tag vor dem Vermittlungsausschuss zum Bürgergeld gibt es Signale der Annäherung zwischen Union und Ampelkoalition. Die "Bild" berichtet aus Verhandlungskreisen, es gebe eine Einigung bei den Sanktionen.
Morgen kommt der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat zusammen, um über das Bürgergeld zu beraten. Wenn eine Einigung gelingt, könnte die Sozialreform Ende der Woche die letzte Hürde nehmen. Nach den Plänen der Bundesregierung soll sie zum Januar in Kraft treten und das heutige Hartz-IV-System ablösen.
Die Reform sieht unter anderem höhere Regelsätze und eine bessere Betreuung von Arbeitslosen vor. Im Bundesrat hatten die Landesregierungen mit Beteiligung der Union das Bürgergeld scheitern lassen. CDU und CSU hatten sich vor allem daran gestört, dass es für Bürgergeldempfänger sechs Monate lang nur wenig Sanktionen geben soll und dass es hohe Schonvermögen gibt. Deshalb muss die Reform nun im Vermittlungsausschuss verhandelt werden.
"Bild" berichtet von Annäherung
Nun gibt es offenbar erste Signale für eine Einigung. Die "Bild"-Zeitung berichtet, Ampelkoalition und Union hätten sich beim Thema Sanktionen angenähert. Dem Bericht zufolge sollen die Behörden nun doch ab dem ersten Tag das Bürgergeld kürzen können, wenn sich ein Empfänger nicht an die Regeln hält. Der Entwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil hatte Sanktionen in den ersten sechs Monaten stark eingeschränkt.
Die "Bild" berichtet auch, dass es Änderungen beim Schonvermögen geben soll - allerdings seien die genaue Höhe und die Zeit, in der ein Vermögen nicht angetastet werde, noch unklar. Nach bisherigem Plan sollten alleinstehende Bürgergeld-Empfänger ein Schonvermögen von 60.000 Euro haben. 90.000 Euro sollten es für ein zusammen lebendes Paar sein.
Optimismus auf allen Seiten
"Es bleibt im Wesentlichen bei Hartz IV, nur der Name ändert sich. Fördern und Fordern bleibt", zitiert die "Bild" die CDU-Spitze. CSU-Chef Markus Söder sagte "Bild" zufolge, die Verhandlungen ließen einen "gewissen Grundoptimismus" zu.
Aber auch Ampelpolitiker zeigen sich in der "Bild" optimistisch. "Wir glauben, dass das funktioniert in dieser Woche", wird SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert zitiert. "Das Bürgergeld wird kommen, da bin ich mir ganz sicher", so Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann.
GEW-Chef: "Unwürdiges Gezerre"
"Bitte kein neues Bürokratiemonster", fordert die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, im Gespräch mit den Funke-Medien. Sie spricht sich dafür aus, dass Betroffene einen einfachen Zugang zum Bürgergeld bekommen, gerade jetzt in Krisenzeiten, ohne aufwendige Vermögensprüfung. Trotz Zeitdruck müssten Kompromisse gefunden werden, die für eine wirkliche Verbesserung für die Betroffenen sorgten und in der Praxis umsetzbar seien.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) drängt auf eine schnelle Einigung. GEW-Vizechef Andreas Keller spricht in den "Stuttgarter Nachrichten" von einem "unwürdigen Gezerre" zwischen Regierung und Opposition, das auf dem Rücken der schwächsten Mitglieder der Gesellschaft ausgetragen werde, nämlich Kindern und Jugendlichen.
Weil: "Erschreckende Ignoranz"
"Es kann kluge Kompromisse geben, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren. Dann werden sich CDU/CSU aber auch bewegen müssen", sagt die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Die Union müsse sich entscheiden, ob sie die Partei dauerhaft über das Land stellen wolle, so die SPD-Politikerin.
"Mit gutem Willen lässt sich ein guter Kompromiss in Sachen Bürgergeld erzielen, für politische Scheindebatten ist das Thema ungeeignet", sagt Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil den "Stuttgarter Nachrichten". Bei der Kritik am Bürgergeld schwinge "teilweise eine erschreckende Ignoranz und soziale Kälte" mit, so der SPD-Politiker.
Mit Informationen von Oliver Neuroth, ARD-Hauptstadtstudio