Wahl in Berlin Wegner macht Tempo bei Regierungsbildung
Wer kann mit wem regieren? Nach der Berlin-Wahl will CDU-Spitzenkandidat Wegner möglichst zügig Sondierungsgespräche führen. Grüne und SPD erklärten zwar, dass sie dazu bereit wären - favorisieren aber die Fortsetzung der bisherigen Koalition.
Die Wahl ist vorbei, geht es nach der CDU soll jetzt schnell eine Regierung gebildet werden. CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner forderte Tempo bei den Gesprächen für eine mögliche Koalition. Es müssten sich zwar alle Parteien etwas Zeit nehmen, das Wahlergebnis ein bisschen sacken zu lassen. "Nichtsdestotrotz glaube ich, müssen wir in Berlin schnell zur Bildung einer neuen Landesregierung kommen", sagte der CDU-Landesvorsitzende und Wahlsieger während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit CDU-Chef Friedrich Merz. "Wir haben große Probleme, große Herausforderungen, große Krisen, und die müssen jetzt abgearbeitet werden, schnellstmöglich."
Rein rechnerisch hat die rot-grün-rote Landesregierung noch eine Mehrheit. Politisch habe der Senat aber seine Mehrheit verloren, sagte Merz. Die CDU habe einen deutlichen Regierungsauftrag, ergänzte Wegner. "Wir sind klar stärkste Kraft. Die beiden Zweitplatzierten liegen knapp zehn Prozent hinter uns." Die CDU-Gremien beschlossen, noch am Abend sowohl die Grünen als auch die SPD zu Sondierungen einzuladen. Es gehe nun darum, Kompromisse zu finden.
CDU wünscht sich Zweierbündnis
Sein Ziel sei eine stabile Regierung, die die Stadt wieder zusammenführe, betonte Wegner. "Sie muss wirklich alle im Blick haben und eine Politik für ganz Berlin machen." Der CDU-Landesvorsitzende setzt dabei bewusst auf eine Zweierkoalition. Im Vergleich zu Dreierbündnissen bringe diese Variante mehr Stabilität, sagte er zur Begründung. "Von daher glaube ich, haben wir da ganz gute Möglichkeiten, auch andere mit ins Boot zu ziehen."
Die CDU hatte die Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus vom Sonntag mit großem Abstand vor SPD und Grünen gewonnen, die laut vorläufigem Ergebnis praktisch gleichauf lagen. Die CDU könnte mit der SPD der amtierenden Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey oder den Grünen Zweierbündnisse bilden. Allerdings hätte auch die derzeit regierende rot-grün-rote Koalition weiterhin eine Mehrheit.
Giffey hält an Führungsanspruch fest
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey kündigte bereits an, dass die SPD auch mit der CDU verhandeln werde. Sie fügte aber hinzu, dass die Partei eine "starke, führende Rolle" in einer Regierung spielen wolle. Zudem gebe es einen handlungsfähigen Senat aus SPD, Grünen und Linkspartei, sagte sie. Man werde auch mit den bisherigen Koalitionspartnern sprechen. Am Ende müsse eine stabile politische Mehrheit organisiert werden.
Giffey forderte vor allem politisch-inhaltliche Konsequenzen aus der Wahl. Nötig sei eine Veränderungsagenda in vier zentralen Feldern. Dies betreffe die Bereiche Verkehr, Wohnungsbau, Innere Sicherheit und Verwaltung, sagte sie nach der Sitzung des SPD-Präsidiums.
Eine Ämterteilung zwischen SPD und Grünen bei den Top-Positionen komme für sie nicht infrage. Das Amt der Regerienden Bürgermeisterin müsse einer Person zugeschrieben werden. "Auch wenn es knapp ist, gibt es halt eine Mehrheit der SPD", sagte sie zu dem Vorsprung der SPD von 105 Stimmen gegenüber den Grünen.
Grüne wollen stärkere Rolle in der Berlin-Koalition
Die Grünen akzeptieren den Anspruch der SPD auf das Bürgermeisteramt. "105 Stimmen sind 105 Stimmen", sagte die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch über den Vorsprung der SPD bei den Zweitstimmen. Sie sei eine überzeugte Demokratin. "Wenn es ein amtliches Endergebnis am Ende gibt, dann ist es so."
Jarasch erhob zugleich allerdings Forderungen nach einer entsprechenden Neujustierung innerhalb der derzeitigen Senatskoalition im Falle einer Fortsetzung. Dem gewachsenen politischen Gewicht der Grünen müsse Rechnung getragen werden. "Natürlich müssen wir das Bündnis neu aufstellen, auch was die veränderten Kräfteverhältnisse angeht", sagte sie. Inhaltlich gebe es mit dem bereits 2021 ausgehandelten Koalitionsvertrag aber eine gute Grundlage.
Die Grünen-Spitzenkandidatin betonte zugleich, sie werde aber auch "sehr ernsthafte Gespräche" mit der CDU führen. Aus Sicht der Grünen sei der Klimaschutz einschließlich einer Verkehrswende eine Priorität. Es gehe aber auch um eine "gesellschaftliche Progressivität", die dazu in der Lage sei, "mit der realen Vielfalt der Menschen in einer Weltstadt wie Berlin umzugehen". Bei der CDU sehe sie das "so noch nicht", fügte sie an.
FDP betont Rolle in der Ampelkoalition im Bund
Eine Wahlschlappe erlitt die FDP. Sie flog mit 4,6 Prozent aus einem weiteren Landesparlament. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, sprach von einem bitteren Ergebnis, betonte aber zugleich die Bedeutung seiner Partei als Teil der Bundesregierung. "Doch fest steht: Freie Demokraten werden für die Erneuerung unseres Landes gewählt." Daran arbeite die FDP im Bundestag konzentriert weiter.
"Mit liberalen Projekten wie dem Generationenkapital oder der Beschleunigung von Infrastrukturvorhaben zeigen wir, welche Rolle die FDP als Gestaltungskraft spielt", so Dürr. Es gebe keinen besseren Wahlkampf für die Freien Demokraten als die erfolgreiche Gestaltung im Interesse der Menschen. Gerade beim Thema schnellere Planungsverfahren im Verkehr schwelt seit Wochen ein Streit in der Ampelkoalition zwischen FDP und Grünen.
Merz: "Die Handschrift der FDP wird nicht erkennbar"
CDU-Chef Merz glaubt hingegen, dass die Beteiligung der FDP an der Ampelkoalition negative Folgen für die hatte. Sie setze in der Bundesregierung nicht sehr viel durch. "Die Handschrift der FDP wird nicht erkennbar", sagte Merz. Deswegen habe die FDP ein "ziemlich schreckliches Jahr 2022" hinter sich.
"Ich persönlich bedauere das", sagte der CDU-Chef. Er wünsche sich in Deutschland eine stärkere liberale Partei. "Die FDP war einmal ein verlässlicher Partner für uns. Aber in der gegenwärtigen Verfassung sehe ich es nicht", sagte Merz auf die Frage nach künftigen Machtoptionen für die Union im Bund.