Versetzung in den Ruhestand Darf AfD-Politiker Maier weiter Richter sein?
Das Richterdienstgericht hatte Ende 2022 geurteilt: Richter Jens Maier wird in den Ruhestand versetzt. Dagegen hat der AfD-Politiker geklagt. Jetzt muss der Bundesgerichtshof entscheiden.
Es war ein gezielter Tabubruch, als der AfD-Politiker Björn Höcke im Januar 2017 das Berliner Holocaust-Mahnmal als ein "Denkmal der Schande" und die deutsche Erinnerungskultur als "dämliche Bewältigungspolitik" bezeichnete und eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad" forderte. Höckes Vorredner war damals Jens Maier, Richter am Landgericht Dresden und AfD-Mitglied. Für ihn sei es "eine große Ehre", neben seiner "Hoffnung" Höcke sitzen zu dürfen, so Maier bei der Veranstaltung in Dresden. "Kleiner Höcke" soll er sich selbst bisweilen genannt haben.
Klar rechtsextreme Wortwahl
In seiner Rede in Dresden 2017 verwendete Maier für die Aufarbeitung der NS-Zeit den Begriff "Schuldkult", unter Neonazis ein geläufiger Begriff. Und es war nicht seine einzige rechtsextreme Aussage. Migration nannte Maier "Herstellung von Mischvölkern". Und über den norwegischen Rechtsterroristen Anders Breivik, der 2011 in Oslo und auf der Insel Utøya 77 Menschen ermordet hatte, sagte er bei anderer Gelegenheit, er sei aus "Verzweiflung" über die Einwanderung von "Kulturfremden" zum Massenmörder geworden.
Von 2017 bis 2021 saß Maier für die AfD im Bundestag. Als seine Wiederwahl scheiterte, wollte er zurück in den Richterberuf. Die sächsische Justizministerin und Grünen-Politikerin Katja Meier bejahte zunächst einen Rückkehranspruch, stellte dann aber einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand. Das sächsische Richterdienstgericht am Landgericht untersagte Maier die Richtertätigkeit und entschied Ende 2022, ihn in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen.
Glaubwürdigkeit und Vertrauen verloren
Das Gericht prüfte, ob das Vertrauen der Öffentlichkeit in Jens Maier als Richter zerstört und er nicht mehr glaubwürdig sei. Im Urteil wurden viele Tweets, Presseberichte und Auftritte bei politischen Veranstaltungen von Maier ausgewertet - also alles, was das Bild von Maier in der Öffentlichkeit bestimmt. Auch seine Mitgliedschaft im offiziell aufgelösten "Flügel" der AfD spielte eine Rolle und dass der sächsische Verfassungsschutz Maier als Rechtsextremisten einstufte.
Ganz wesentlich war für das Gericht ein Tweet von Maier aus dem Jahr 2019. Dort schrieb er: "Wenn Angeklagte 'AfD-Richter' fürchten, haben wir alles richtig gemacht." Wegen Aussagen wie dieser ist das Richterdienstgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass das Vertrauen in die Justiz großen Schaden nimmt, wenn Maier weiter als Richter arbeiten würde.
Maier sieht sich selbst nicht als Rechtsextremist. Das sei ein "politischer Kampfbegriff". Er hat gegen diese Bezeichnung im sächsischen Verfassungsschutzbericht geklagt. Und weil das sächsische Justizministerium sich auf den Verfassungsschutz beziehe, müsse das Ergebnis seiner Klage abgewartet werden. Im Übrigen sieht er sich auch gar nicht in der Verantwortung: Die Tweets seien von Mitarbeitern verfasst worden und generell müsse der satirische Ton seiner Äußerungen beachtet werden.
Zwei Verfahren mit unterschiedlicher Stoßrichtung
Der Bundesgerichtshof (BGH), der als oberste Instanz für solche Klagen zuständig ist, muss jetzt klären, ob das Richterdienstgericht richtig entschieden hat. Grundsätzlich gibt es hohe rechtliche Hürden, wenn ein Richter in den Ruhestand versetzt werden soll. Denn die Unabhängigkeit von Richterinnen und Richter ist ein hohes Gut.
Außerdem dürfen sie in Deutschland politisch aktiv sein. Sie müssen sich dabei aber mäßigen und es darf keine Zweifel geben, dass sich Richterinnen und Richter bei Ausübung ihres Amtes politisch neutral verhalten. Die Grenze ist dort überschritten, wo ein Richter nicht mehr die Gewähr dafür bietet, seine Entscheidungen verfassungstreu, unparteiisch und ohne Ansehen der Person zu treffen.
Der BGH muss nun also die Frage beantworten: Haben Maiers rechtsextreme Äußerungen dazu geführt, dass die Öffentlichkeit kein Vertrauen in seine Amtsführung mehr haben kann? Bisher sind nur zwei Richter aus ähnlichen Gründen in den Ruhestand versetzt worden - einmal ging es um Verstrickungen ins Rotlichtmilieu, einmal um sexualisierte Gewalt an Kindern.
Es gibt auch noch ein zweites Verfahren gegen Maier - ein Disziplinarverfahren vor dem Richterdienstgericht in Leipzig. Dort ist die Frage, welche Dienstpflichten er durch seine Äußerungen verletzt hat. Es geht also um die Sanktion von Dienstvergehen - unter Umständen mit schweren Folgen für den 61-Jährigen. Das sächsische Justizministerium hat beantragt, ihn zu entlassen und ihm all seine Bezüge als Richter zu entziehen.
Der BGH wird jedenfalls nicht das letzte Gericht sein, dass sich mit Maiers Zukunft auseinandersetzt.