Konzept einer Grundsicherung CDU will "zurück zum Fordern und Fördern"
Das Bürgergeld ist der CDU seit seiner Einführung ein Dorn im Auge. Nun haben die Christdemokraten ihr Konzept einer Grundsicherung vorgelegt. Es setzt auf mehr Sanktionen. Aber mit wem könnte es umgesetzt werden?
"Einfach mal machen." Diese drei Wörter fallen in so gut wie jedem Interview mit CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. Sein "Signature-Satz" sozusagen. An diesem Montagmittag im Konrad-Adenauer-Haus will Linnemann nun endlich unter Beweis stellen, dass er gehandelt, dass er "einfach mal gemacht" hat. Über Monate hat er mit daran gearbeitet, jetzt steht es und ist von der Parteispitze abgesegnet: das Alternativkonzept der CDU zum Bürgergeld.
Nun kann Linnemann das Vorhaben stolz den Hauptstadt-Journalisten erklären: Es gehe um ein Zurück zum Fordern und Fördern. Jeder, der arbeiten könne, müsse das auch tun. Das sind Gemeinplätze, die die Partei immer wieder gern bringt. Neu ist zumindest der Name: Grundsicherung statt Bürgergeld. Denn Bürgergeld klinge danach, als würde es jedem Bürger zustehen. Nach bedingungslosem Grundeinkommen etwas, mit dem die CDU nichts anfangen kann. Grundsicherung, das hört sich tatsächlich anders an: nach Minimum, nach dem letztmöglichen Ausweg und ein bisschen klingt es auch nach dem alten Hartz IV.
Sanktionen gegen "Totalverweigerer"
Denn ein Kernpunkt der "Neuen Grundsicherung" sind schärfere Sanktionen: "Lehnt ein arbeitsfähiger Grundsicherungsempfänger ohne sachlichen Grund eine ihm zumutbare Arbeit ab, soll zukünftig davon ausgegangen werden, dass er nicht bedürftig ist." Heißt: Anspruch verwirkt. "Totalverweigerer" nennt die CDU diese Menschen, ihre Partner und Kinder sollen unter dem Verhalten aber nicht leiden. Wie das gehen soll, ist offen.
Dasselbe Schicksal droht denjenigen, die künftig ohne sachlichen Grund mehr als einmal nicht zu einem Termin im Jobcenter erscheinen. Auch die sollen zunächst keine Leistungen mehr bekommen. "Klamauk" nennen das Sozialverbände. Sogenannte Totalverweigerer müsste man mit der Lupe suchen, sagt der Vorsitzende des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider. Und diese wenigen würden sich nicht aus Böswilligkeit verweigern. Sie kämen meist nicht mit ihrem Leben klar. Viele seien psychisch krank. Mit Sanktionen würde man ihnen den letzten Tritt geben.
Kosten: unklar
Der Sozialflügel der CDU hat zur "Neuen Grundsicherung" seinen Segen gegeben. Der Vorsitzende des Arbeitnehmerflügels, Karl-Josef Laumann, steht sogar mit Linnemann auf der Bühne und verteidigt das Konzept als ausgewogen und angemessen.
Auffällig ist, dass sich in dem Konzept keinerlei konkrete Zahlen finden - weder zur Höhe des sogenannten Schonvermögens, dessen Grenze die CDU absenken will, also die Ersparnisse, die nicht angetastet werden dürfen, noch zur eigentlichen Höhe der Grundsicherung. Nur so viel: "Die historisch hohen Inflationsraten der letzten zwei Jahren haben jedoch zu unverhältnismäßigen Anpassungen und damit Akzeptanzproblemen in der Bevölkerung geführt. Solche Extreme wollen wir künftig verhindern."
Die FDP ist zumindest nicht abgeneigt
Nur mit wem will die CDU künftig diese Politik betreiben? Die FDP findet zumindest Schnittmengen. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai kann sich den Seitenhieb aber nicht verkneifen: Der Vorstoß der CDU nun sei schon erstaunlich, schließlich habe ja auch sie damals für das Bürgergeld gestimmt. Allerdings müsse man über die Zukunft des Sozialstaates reden, das sei richtig.
Das zeigt: Die CDU hat beim Bürgergeld einen der - zugegeben vielen - wunden Punkte in der Koalition ausgemacht. Denn Grüne und SPD wollen anders als die FDP nicht am Konzept Bürgergeld und dessen Höhe rütteln. Entsprechend harsch fällt die Reaktion auf die CDU-Vorschläge aus. SPD-Chef Lars Klingbeil wirft der Union vor, arbeitende Menschen gegen Menschen auszuspielen, denen es nicht so gut geht.
In der SPD dürfte die Vorstellung, das Thema noch einmal aufzumachen, für Schweißausbrüche sorgen, denn das Hartz-IV-Trauma schien mit der Einführung des Bürgergeldes gerade überwunden. Doch sollten sich die aktuellen Umfragen in der nächsten Bundestagswahl bestätigen, wird es wohl keine Koalition ohne die Union geben.
Am Ende wird es einen Kompromiss geben müssen
Auch wenn Generalsekretär Linnemann nicht von roten Linien reden will, die Reform des Bürgergeldes ist für die CDU ein zentrales Projekt der nächsten Regierung. Heißt also, bei Sondierungs- oder gar Koalitionsverhandlungen wird man an der Gretchenfrage "Wie hältst du es mit der Grundsicherung?" nicht vorbeikommen.
Da könnte der CDU in die Karten spielen, dass in ihrem Grundsicherungskonzept viele Details ungeklärt sind. Das lässt Spielraum für mögliche Kompromisse. Denn die Gefahr ist groß, den Korridor für mögliche Koalitionspartner zu sehr zu verengen. Die Ankündigung der Union das Heizungsgesetz rückabwickeln zu wollen, dürfte eine Zusammenarbeit mit den Grünen erschweren. Das Bürgergeld in seiner jetzigen Form abschaffen zu wollen, düpiert die SPD.
Am Ende wird es wahrscheinlich nicht für ein "CDU pur" reichen, wie sich Linnemann das wünschen würde. Dann geht es darum, Kompromisse zu finden. Ob das "Einfach mal machen" dann funktioniert, ist fraglich.