Bundespräsident Steinmeier "Diskriminierung von Roma muss aufhören"
Der Bundespräsident hat in Berlin das Mahnmal für Sinti und Roma gewürdigt - zum zehnten Jahrestag des Bauwerks. Die alltägliche Diskriminierung von Roma müsse aufhören, sagte Steinmeier.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat eine anhaltende Diskriminierung von Roma in Deutschland und Europa kritisiert. Die alten romafeindlichen Vorurteile hielten sich in vielen Teilen der Gesellschaft hartnäckig, so Steinmeier in Berlin. Sie würden überall in Europa von rechtsradikalen Kräften neu belebt. "Die alltägliche Diskriminierung von Roma und Romnja, die muss aufhören", sagte er.
Auch in Deutschland würden Roma im öffentlichen Raum, in der Schule, auf dem Arbeitsmarkt, bei der Polizei, in Behörden diskriminiert. Bis heute verheimlichten viele ihre Herkunft, Sprache und Kultur aus Angst vor Demütigung oder Anfeindungen. Das dürfe niemandem im Land gleichgültig sein. Angehörige der Minderheit würden auch hierzulande vermehrt Opfer von rassistisch motiviertem Hass und brutaler Gewalt, etwa beim Anschlag von Hanau 2020.
"Wir dürfen nicht zulassen, dass Ängste und Sorgen in der Gesellschaft dazu genutzt werden, Hass gegen Minderheiten zu schüren", sagte Steinmeier. "Auch das gehört zur besonderen historischen Verantwortung unseres Landes".
Steinmeier sprach bei einem Festakt zum zehnjährigen Jahrestag des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma. Die Anlage in der Nähe des Reichstagsgebäudes und des Brandenburger Tors besteht aus einem großen Bassin mit einem Stein, auf dem täglich eine frische Blume liegt. Das Denkmal wurde heute offiziell um eine Freiluftausstellung erweitert. Sie besteht aus neun Tafeln, die die Geschichten verfolgter Roma erzählen.
Steinmeier: "Unermessliches Unrecht"
Steinmeier bat erneut um Vergebung "für das unermessliche Unrecht, das den Roma Europas in der Zeit des Nationalsozialismus von Deutschen angetan wurde". Sie seien entrechtet und ausgegrenzt, vom Schulunterricht ausgeschlossen, von ihren Arbeitsplätzen vertrieben, zur Aufgabe ihrer Gewerbe gedrängt, mit Eheverboten belegt, zu Staatenlosen erklärt, vermessen und klassifiziert worden.
Steinmeier erinnerte auch an "die Missachtung, die deutsche Sinti und Roma nach Kriegsende auch in der Bundesrepublik erfuhren". Viele Überlebende hätten das als "zweite Verfolgung" empfunden. Und es habe viel zu lange gedauert, bis die an den Roma begangenen Verbrechen als Völkermord anerkannt wurden. "Für viele kamen Entschädigungen zu spät."
Geschichten der Opfer weiter erzählen
Mit dem zwischen Brandenburger Tor und Reichstagsgebäude gelegenen Gedenkort bekenne sich Deutschland zu seiner Verantwortung, die Erinnerung an den Völkermord an den europäischen Roma wachzuhalten. "Wir dürfen nicht vergessen, weil nie wieder geschehen darf, was damals geschehen ist", sagte der Bundespräsident.
Es müsse dafür gesorgt werden, "dass die Geschichten der Opfer lebendig bleiben - auch wenn es keine Überlebenden mehr gibt, die sie uns erzählen können". Es müssten vor allen Dingen Wege gefunden werden, "um junge Menschen entdecken zu lassen, was diese Geschichten mit ihnen und ihrer Lebenswelt heute zu tun haben", sagte Steinmeier.
Etwa eine halbe Million Sinti und Roma ermordet
Das Mahnmal erinnert an die etwa 500.000 von den Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1945 ermordeten Sinti und Roma. Die Angehörigen der Minderheit wurden systematisch verfolgt und in Konzentrationslager verschleppt, getötet oder zu Menschenversuchen missbraucht.
1982 benannte der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt dies als Völkermord, 1992 beschloss die Bundesregierung die Errichtung eines nationalen Denkmals in Erinnerung an die Ermordung dieser Verfolgten. 20 Jahre später wurde es am 24. Oktober 2012 eröffnet.
Heute leben Schätzungen zufolge etwa 70.000 bis 150.000 Sinti und Roma in Deutschland.