Ein Polizist steht vor einer Absperrung am Holocaust-Mahnmal in Berlin.

Angriff am Holocaust-Mahnmal Messerattacke laut Ermittlern antisemitisch motiviert

Stand: 22.02.2025 21:16 Uhr

Die Staatsanwaltschaft geht beim Messerangriff auf einen Touristen am Holocaust-Mahnmal in Berlin von einem antisemitischen Motiv aus. Der Festgenommene habe beabsichtigt, "Juden zu töten", so die Polizei. Gegen den Mann wurde Haftbefehl erlassen.

Der Angriff auf einen spanischen Touristen am Holocaust-Mahnmal in Berlin hat offenbar einen antisemitischen Hintergrund. Der Tatverdächtige habe angegeben, in ihm sei seit einigen Wochen der Plan gereift, "Juden zu töten", teilten Polizei und Generalstaatsanwaltschaft Berlin mit.

Vor diesem Hintergrund sei auch die Auswahl des Tatorts erfolgt. Das Denkmal für die ermordeten Juden in Europa erinnert in der historischen Mitte Berlins an die sechs Millionen Juden, die unter der Herrschaft der Nationalsozialisten ermordet wurden. 

Zudem soll eine religiöse Motivation bestanden haben. Demnach hatte der Mann neben dem Messer als mutmaßlicher Tatwaffe auch einen Koran, einen Zettel mit Versen aus dem Koran sowie einen Gebetsteppich in seinem Rucksack dabei. Nach aktuellen Kenntnisstand sollen zudem "Zusammenhänge mit dem Nahostkonflikt bestehen", wie die Staatsanwaltschaft mitteilte.

Anerkannter Flüchtling aus Syrien

Der Tatverdächtige ist demnach ein anerkannter 19-jähriger Flüchtling aus Syrien, der in einer Geflüchtetenunterkunft in Leipzig leben soll. Ihm wird vorgeworfen, den Spanier von hinten mit einem Messer angegriffen und lebensgefährlich am Hals verletzt zu haben.

Der 30-Jährige musste notoperiert und zeitweise in ein künstliches Koma versetzt werden. Lebensgefahr bestehe inzwischen nicht mehr, hieß es. Nach der Tat wurden auch einige Menschen von Rettungskräften betreut, die Zeugen des Geschehens geworden waren. 

Verdächtiger in Untersuchungshaft

Die Polizei hatte den mutmaßlichen Tatverdächtigen rund drei Stunden nach der Tat im Umfeld des Mahnmals festgenommen. Während der Polizeimaßnahmen lief er den Angaben zufolge auf die Beamten zu. Ihnen fielen seine blutverschmierten Hände und die Hose auf. Daraufhin nahmen sie den Mann fest, wobei er keinen Widerstand leistete. Er habe dabei zudem einen klaren Eindruck gemacht, hieß es. "Ob eine psychische Erkrankung vorliegt, ist Gegenstand der Ermittlungen."

Der Haftbefehl wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchten Mordes gegen den Angreifer wurde am Abend erlassen und in Vollzug gesetzt. Der 19-Jährige befindet sich nun in Untersuchungshaft.

Mann in Sachsen polizeibekannt

Laut Berliner Ermittlungsbehörden ist der Mann in Berlin bisher nicht strafrechtlich auffällig geworden und war weder polizei- noch justizbekannt.

Anders sieht es jedoch in Sachsen aus: Hier hatte der 19-Jährige wegen verschiedener Delikte mit der Polizei zu tun gehabt, teilte das sächsische Innenministerium mit. Bei den Delikten habe es sich um "einfache Straftaten der allgemeinen Kriminalität" gehandelt. Einen "Staatsschutzbezug" - also einen politischen Hintergrund - habe es bei diesen Taten nicht gegeben. 

Faeser: Abscheuliches und brutales Verbrechen

Bundesinnenministerin Nancy Faeser reagierte mit Bestürzung auf den mutmaßlich antisemitischen Angriff. Dies sei ein "abscheuliches und brutales Verbrechen", erklärte die SPD-Politikerin. Faeser betonte, wer solche Taten begehe und den Schutz in Deutschland "aufs Widerwärtigste" missbrauche, habe jedes Recht verwirkt in Deutschland zu sein. "Wir werden alle Wege nutzen, um Gewalttäter wieder nach Syrien abzuschieben", sagte sie.

Auch Berlins Innensenatorin Iris Spranger verurteilte den Angriff. "Ein versuchtes Tötungsdelikt mit dem Verdacht einer antisemitischen Motivation gerade am Denkmal für die ermordeten Juden Europas - das ist unerträglich", teilte die SPD-Politikerin mit. Ihre Gedanken seien bei dem Verletzten. "Ich wünsche ihm von Herzen baldige und vollständige Genesung."

Das Holocaust-Denkmal des Architekten Peter Eisenman war im Mai 2005 der Öffentlichkeit übergeben worden. Mit dem Stelenfeld und einem unterirdischen Informationsort wird in der Hauptstadt nahe dem Brandenburger Tor an die rund sechs Millionen ermordeter Juden unter der Herrschaft des Nationalsozialismus erinnert.

Markus Streim, RBB, tagesschau, 22.02.2025 13:32 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 22. Februar 2025 um 16:00 Uhr.