ARD-DeutschlandTrend Beim Thema AfD-Verbotsverfahren gespalten
Mehrere Bundestagsabgeordnete wollen ein Verbotsverfahren gegen die AfD beantragen. Doch die Deutschen sind bei dem Thema gespalten, zeigt der ARD-DeutschlandTrend. Eine knappe Mehrheit lehnt es ab - aber die Zahl der Befürworter steigt.
Es war am Rande des NATO-Gipfels in Washington im Juli, als Olaf Scholz eine Ankündigung gemacht hat, über die heute der Bundestag debattiert: die Stationierung von neuen US-Mittelstreckenraketen in Deutschland ab 2026. Der Kanzler argumentiert damit, dass diese Waffen zur Abschreckung gegenüber Russland gebraucht werden. Kritiker halten dagegen, dass Deutschland durch die Raketenstützpunkte zum Angriffsziel werde und ein neues Wettrüsten eingeleitet werde.
Die Deutschen sind gespalten, was diese Frage angeht: 40 Prozent bewerten die Entscheidung als richtig, 45 Prozent als falsch. In Ostdeutschland überwiegt mit 57 Prozent die Kritik, in Westdeutschland halten sich Zustimmung und Ablehnung (44:41 Prozent) etwa die Waage.
Die Anhänger der Union (55 Prozent), SPD (50 Prozent) und Grünen (49 Prozent) unterstützen etwa zur Hälfte die Stationierungspläne. Bei den Anhängern der AfD (62 Prozent) und der BSW-Anhängerschaft (69 Prozent) wecken sie mehrheitlich Widerspruch; ebenso bei denen, die aktuell keine Parteipräferenz angeben.
Vertrauen in die USA höher als während Trump-Amtszeit
Die USA haben seit dem Amtsantritt von Joe Biden bei den Deutschen deutlich an Ansehen gewonnen: Aktuell betrachtet gut die Hälfte (54 Prozent) die USA als einen Partner, dem man vertrauen kann. Gleichzeitig sagen aber auch 35 Prozent, dass man den USA nicht vertrauen können, und geben dafür unterschiedliche Gründe an: Die meisten nennen die einseitige Vertretung nationaler Interessen in der Welt - also die "America First"-Politik. Andere genannte Gründe sind beispielsweise die Person Donald Trump und die amerikanischen Militärinterventionen.
Weitaus größere Reputation als die USA genießt bei den Deutschen nach wie vor Frankreich (82 Prozent). Dagegen wird Russland von den Bundesbürgern mittlerweile in West wie Ost stabil mit tiefem Misstrauen begegnet.
In der Frage, inwiefern die von Russland angegriffene Ukraine als Partner Deutschlands gelten kann, sind die Bundesbürger gespalten. 40 Prozent finden, dass man der Ukraine vertrauen kann, 45 Prozent der Befragten sagen, dass man der Ukraine nicht vertrauen kann. Zugleich tut sich weiterhin eine Mehrheit von ihnen schwer, aktuell in Israel einen vertrauenswürdigen außenpolitischen Partner zu sehen. 27 Prozent geben an, dass man Israel vertrauen kann, 55 Prozent sagen, sie vertrauen Israel nicht.
Präsidentschaftskandidatin Harris Favoritin in Deutschland
In knapp einem Monat findet die US-Präsidentschaftswahl statt - und die Deutschen haben eine klare Favoritin: Die Mehrheit (78 Prozent) ist weiterhin eher von der Kandidatin der Demokraten, Kamala Harris, als vom republikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump (8 Prozent) überzeugt.
Dieses Urteil zieht sich durch alle Bevölkerungsgruppen und Wählermilieus. Eine Ausnahme bildet die AfD-Wählerschaft, in der sich die Unterstützung für beide Kandidaten jeweils etwa die Waage hält.
Diejenigen, die über die Wahl entscheiden, haben aktuell keinen Favoriten. In den nationalen Umfragen in den USA liegt Harris zwar leicht vorne, aber entscheidend ist ohnehin nicht dieser "popular vote", sondern die Wahlleute aus den Bundesstaaten, die die Kandidaten auf sich vereinen müssen. Und in den wahlentscheidenden - als Swing States bekannten - Bundesstaaten liegen Harris und Trump Kopf-an-Kopf. Der Wahlausgang ist also komplett offen.
Leichte Bewegung in der Sonntagsfrage
In Deutschland wird regulär erst in einem knappen Jahr gewählt. Wenn allerdings schon jetzt am Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die SPD auf 16 Prozent (+1 im Vergleich zu September 2024). Die Union läge bei 31 Prozent (-2) und wäre damit klar stärkste Kraft.
Die Grünen landen aktuell bei 13 Prozent (+2). Die FDP läge mit 3 Prozent (-1) weiterhin unterhalb der Mandatsschwelle. Die AfD läge unverändert bei 17 Prozent; die Linke - ebenfalls unverändert - bei 3 Prozent. Die Freien Wähler erreichen ebenfalls 3 Prozent. Und das Bündnis Sahra Wagenknecht liegt bei 8 Prozent (+-0). Auf alle anderen Parteien entfallen derzeit 6 Prozent.
Könnte ein von der Union geführtes Kabinett die Probleme in Deutschland besser lösen als die amtierende Ampel? 54 Prozent glauben aktuell, dass eine von der CDU/CSU geführte Bundesregierung ähnlich gut beziehungsweise schlecht arbeiten würde wie die aktuelle Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP (+4 im Vergleich zu September).
22 Prozent (-3) trauen ihr zu, die anstehenden Aufgaben und Probleme in Deutschland besser zu lösen. 14 Prozent sind der Meinung, eine unionsgeführte Bundesregierung würde schlechter arbeiten als die aktuelle Bundesregierung (-3).
Kritischer Blick auf mögliche zukünftige Kanzler
Die Union hat sich mittlerweile für Friedrich Merz als Kanzlerkandidat für die kommende Bundestagswahl ausgesprochen. 26 Prozent der Deutschen hielten ihn für einen guten Bundeskanzler; 55 Prozent denken das nicht. Über den aktuellen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) urteilen 22 Prozent positiv, 69 Prozent meinen, er sei kein guter Kanzler.
Robert Habeck (Grüne) würden 21 Prozent für einen guten Regierungschef halten; zwei Drittel sehen das anders. Die AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel findet in der Bevölkerung am wenigsten Rückhalt: 11 Prozent hielten sie für eine gute Bundeskanzlerin; 74 Prozent meinen, sie wäre keine gute Kanzlerin.
Unter den jeweiligen Partei-Anhängern hat Habeck den meisten Rückhalt: 73 Prozent der Grünen-Anhänger meinen, er wäre ein guter Bundeskanzler; 62 Prozent der Unions-Anhänger sagen das über Friedrich Merz. Sechs von zehn (60 Prozent) AfD-Anhängern hielten Alice Weidel für eine gute Kanzlerin. 57 Prozent der SPD-Anhänger halten Olaf Scholz aktuell für einen guten Kanzler.
AfD-Verbotsverfahren umstritten
Eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten will beim Bundesverfassungsgericht ein Verbotsverfahren gegen die AfD beantragen. Über den Antrag wird aktuell kontrovers diskutiert, und die Deutschen sind bei dem Thema gespalten: 42 Prozent halten die Einleitung eines solchen Verbotsverfahrens für angemessen, das sind fünf Punkte mehr als im Februar 2024. 46 Prozent (-5) halten dies für nicht angemessen.
Unter den Partei-Anhängern sprechen sich die Anhänger der Grünen mit 69 Prozent und der SPD mit 58 Prozent mehrheitlich für ein Verbotsverfahren der AfD aus, Unions-Anhänger sind geteilter Ansicht: Je 46 Prozent der Anhänger halten es für angemessen und nicht angemessen. Bei den Anhängern des BSW (55 Prozent) und der AfD (95 Prozent) überwiegt die Meinung, dass ein solches Verbotsverfahren unangemessen wäre.
Zwei Drittel sehen Gefährdung der Demokratie durch die AfD
Die Wahrnehmung der AfD in der Bevölkerung hat sich kaum verändert: 45 Prozent finden es gut, dass sich die AfD stärker als andere Parteien für einen begrenzten Zuzug von Ausländern und Geflüchteten einsetzt - das ist ein Punkt weniger im Vergleich zu Juni 2024. Am meisten Zuspruch findet diese Aussage unter AfD-Anhängern (100 Prozent) und Anhängern des BSW (77 Prozent).
Dass sich die AfD mehr als andere Parteien um die Probleme vor Ort kümmere, bejahen nur 23 Prozent der Befragten. Gleichzeitig meinen zwei Drittel (68 Prozent), eine starke AfD gefährde die Demokratie und den Rechtsstaat. Dieser Aussage stimmen Anhänger von Grünen (95 Prozent), SPD (89 Prozent), Union (82 Prozent), BSW (52 Prozent) mehrheitlich zu. Unter den Anhängern der AfD stimmen dieser Aussage 13 Prozent zu.
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte in Deutschland
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Telefon- und Online-Befragung (davon 60 Prozent Festnetz, 40 Prozent Mobilfunk)
Erhebungszeitraum: 07. bis 09. Oktober 2024
Fallzahl: 1.321 Befragte (787 Telefoninterviews und 534 Online-Interviews)
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und Rückerinnerung Wahlverhalten
Schwankungsbreite: 2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent
3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent
Durchführendes Institut: infratest dimap
Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle einer Erhebung mit 1000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.