DeutschlandTrend

ARD-DeutschlandTrend Grüne ziehen an Union vorbei

Stand: 06.05.2021 18:00 Uhr

Nach knapp zwei Jahren liegen die Grünen in der Sonntagsfrage erneut vor der Union auf Platz eins. Dabei profitieren sie laut ARD-DeutschlandTrend wohl auch von den guten Umfragewerten ihrer Kanzlerkandidatin.

Es ist das erste Mal seit knapp zwei Jahren, dass die Union in der Sonntagsfrage des ARD-DeutschlandTrend nicht auf Platz eins liegt - sondern hinter den Grünen. Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die Union aktuell auf 23 Prozent, das sind vier Punkte weniger im Vergleich zum Vormonat. Die Grünen dagegen verbessern sich demnach um vier Punkte auf 26 Prozent und wären damit stärkste Kraft.

Die SPD büßt im Vergleich zum Vormonat zwei Punkte ein und käme auf 14 Prozent. Die AfD verbessert sich um einen Punkt auf 12 Prozent, die FDP um zwei Punkte auf 11 Prozent. Die Linke verliert einen Punkt und käme auf 6 Prozent. Die Freien Wähler verbessern sich auf 3 Prozent, würden es damit aber nicht über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen.

Baerbock vor Laschet und Scholz

Wenn die Deutschen direkt über die kommende Bundeskanzlerin oder den kommenden Bundeskanzler entscheiden könnten, entschiede sich eine relative Mehrheit von 28 Prozent für die Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock. Jeweils 21 Prozent sprechen sich für den Unions-Kandidaten Armin Laschet beziehungsweise den SPD-Kandidaten Olaf Scholz aus. 30 Prozent antworteten mit "weiß nicht" oder machten keine Angabe.

Vor allem unter den eigenen Parteianhängern genießt Baerbock einen größeren Rückhalt als ihre beiden Mitbewerber. Vier von fünf Grünen-Anhängern (82 Prozent) entschieden sich im Falle einer Direktwahl für Baerbock als Kanzlerin. Scholz kommt unter den SPD-Anhängern auf 63 Prozent. Für Laschet spricht sich unter den Unions-Anhängern jeder Zweite (51 Prozent) aus.

Die Grünen profitieren bei ihrem Umfragen-Hoch derzeit also unter anderem von den guten Werten ihrer Kandidatin: Baerbock wird von 44 Prozent aller Befragten im Vergleich der drei Kanzlerkandidaten als am sympathischsten bewertet. Scholz kommt in dieser Frage auf 18 Prozent, Laschet auf 17 Prozent. Eine relative Mehrheit von 32 Prozent hält Baerbock zugleich für am glaubwürdigsten. Scholz kommt dabei auf 22 Prozent, Laschet auf 19 Prozent. Für am führungsstärksten halten die Deutschen hingegen Scholz. 31 Prozent schreiben dieses Attribut dem SPD-Kandidaten zu, 23 Prozent dem Unions-Kandidaten Laschet, 20 Prozent der Grünen-Kandidatin Baerbock.

Bundestagswahl 2021 ein besonders offenes Rennen

Ganz wichtig: Der aktuelle DeutschlandTrend beschreibt wie immer eine Momentaufnahme und sollte nicht voreilig als Fingerzeig Richtung Bundestagswahl im September verstanden werden. Das weiß die SPD nur zu gut: Sie erlebte nach der Nominierung von Martin Schulz im Februar 2017 selbst einen Höhenflug in Umfragen. In der Direktwahlfrage sprachen sich seinerzeit 50 Prozent für den SPD-Mann aus, nur 34 Prozent für die Amtsinhaberin Angela Merkel und in der Sonntagsfrage kam die SPD bis auf einen Punkt an die Union heran. Bei der Wahl im September aber hatte dann die Union mit mehr als 12 Prozentpunkten Vorsprung die Nase vorn - und Merkel blieb für vier weitere Jahre Kanzlerin.

Das Rennen ist in diesem Jahr besonders offen, da die drei Bewerber ums Kanzleramt ein fast identisches Wählerpotenzial haben: Sowohl über die Grünen als auch über Union und SPD sagt jeder zweite Deutsche aktuell, dass eine Wahl dieser Partei grundsätzlich für ihn infrage käme. Dabei dürften Grüne und SPD am ehesten um potenzielle Wähler konkurrieren, denn 67 Prozent der Grünen-Wähler könnten sich grundsätzlich vorstellen, SPD zu wählen. Und 59 Prozent der SPD-Wähler könnten sich grundsätzlich vorstellen, die Grünen zu wählen. Von den Unions-Anhängern könnten sich 44 Prozent grundsätzlich vorstellen, die FDP zu wählen, 43 Prozent die Grünen und 39 Prozent die SPD.

Kompetenzeinbußen bei den Regierungsparteien

Bei einem Blick auf sieben ausgewählte Politikfelder sehen die Deutschen nur auf einem die Kompetenz mehrheitlich bei einer der im Bundestag vertretenen Parteien. So trauen 58 Prozent den Grünen am ehesten zu, die Aufgaben der Umwelt- und Klimapolitik zu lösen.

Anders als den Grünen fehlt den beiden Regierungsparteien ein vergleichbares Thema, bei dem ihnen eine ähnlich große Lösungskompetenz zugeschrieben wird. Union und SPD schneiden auf allen abgefragten Politikfeldern schlechter ab als noch zur Bundestagswahl 2017.

Besonders eklatant ist das bei eigentlichen Kernthemen beider Parteien: Zur Bundestagswahl 2017 trauten noch 57 Prozent am ehesten der Union zu, die Wirtschaft in Deutschland voranzubringen. Heute sind es nur noch 37 Prozent. In der Flüchtlings- und Einwanderungspolitik ist der Wert der Union von 38 Prozent im September 2017 auf heute nur noch 22 Prozent zurückgegangen. Und in der Frage, wer Deutschland gut durch die Corona-Krise führen kann, halbierte sich der Wert seit September 2020 sogar von 60 auf 30 Prozent. Hier traut eine relative Mehrheit von 32 Prozent aktuell keiner Partei zu, diese Aufgabe zu lösen - oder antwortete mit "weiß nicht".

Für angemessene Löhne zu sorgen trauen die Wahlberechtigten mit 30 Prozent zwar noch immer am ehesten der SPD zu. Zur Bundestagswahl 2017 waren es aber noch 41 Prozent. Und: Die Kompetenz in der Familienpolitik sahen zur Wahl 2017 noch 38 Prozent am ehesten bei der SPD. Inzwischen sind es nur noch 22 Prozent. Die Grünen liegen bei diesem Thema mit 21 Prozent heute fast gleichauf, die Union bei 19 Prozent.

Auch bei der Digitalisierung ist die Kompetenz nach Ansicht der Wahlberechtigten nicht eindeutig verteilt: Hier liegt die Union gleichauf mit der FDP (jeweils 18 Prozent), die Grünen kommen auf 16 Prozent.

Mehrheit gegen sofortige Lockerungen für Geimpfte und Genesene

Schon ab Samstag sollen sie gelten, die Lockerungen von Corona-Einschränkungen für Geimpfte und Genesene. Doch die Mehrheit der Bürger steht diesem Vorhaben zum jetzigen Zeitpunkt kritisch gegenüber.

40 Prozent der Deutschen finden es grundsätzlich falsch, wenn Menschen, die vollständig gegen Corona geimpft sind oder bereits eine Corona-Infektion überstanden haben, von Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperren befreit werden. Demgegenüber finden zwar 55 Prozent, dass solche Lockerungen für Geimpfte und Genesene in die richtige Richtung gehen - aber sind beim Zeitpunkt geteilter Meinung: Von den Befürwortern finden es 48 Prozent richtig, dass die Lockerungen sofort gelten sollen; 51 Prozent sind allerdings der Meinung, Lockerungen sollten erst dann greifen, wenn mehr Menschen die Chance auf eine Corona-Impfung haben. Damit spricht sich eine Mehrheit der Bürger gegen sofortige Lockerungen für Geimpfte und Genesene aus.

Die geltenden Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind nach Ansicht von 40 Prozent der Deutschen angemessen (+16 im Vergleich zu April). Für 30 Prozent gehen sie zu weit (+6). Für 26 Prozent gehen sie nicht weit genug (-22). Die Veränderungen zum Vormonat stehen wohl auch damit im Zusammenhang, dass in der Zwischenzeit das neue Infektionsschutzgesetz verabschiedet wurde, das verbindliche Maßnahmen für bestimmte Inzidenzwerte vorschreibt - etwa nächtliche Ausgangssperren.

Impfbereitschaft der Deutschen gestiegen

Die Impfbereitschaft ist derweil gestiegen. Drei Viertel der Deutschen (75 Prozent) wollen sich auf jeden Fall gegen Corona impfen lassen oder haben bereits eine Impfung erhalten (+15 im Vgl. zu Februar). Weitere 11 Prozent wollen dies wahrscheinlich tun (-6). 6 Prozent sind wahrscheinlich nicht bereit, sich gegen Corona impfen zu lassen (-3), 7 Prozent auf gar keinen Fall (-5).

Untersuchungsanlage
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte in Deutschland
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Telefon*- und Online-Befragung
*davon 60 Prozent Festnetz, 40 Prozent Mobilfunk
Erhebungszeitraum: 3. bis 5. Mai 2021
Fallzahl: 1.351 Befragte (883 Telefoninterviews und 466 Online Interviews)

Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und
Rückerinnerung Wahlverhalten / Sonntagsfrage mit separater Gewichtung
Schwankungsbreite: 2* bis 3** Prozentpunkte
* bei einem Anteilswert von 10 Prozent ** bei einem Anteilswert von 50 Prozent

Durchführendes Institut: infratest dimap

Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle eine Erhebung mit 1000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 06. Mai 2021 um 22:15 Uhr.