Mehmet Daimagüler Regierung beruft Antiziganismus-Beauftragten
Seit Jahrhunderten leiden Sinti und Roma unter Diskriminierung und Ausgrenzung. Der erste Beauftragte der Bundesregierung für Antiziganismus soll dem nun entgegenwirken. Auf den Anwalt Daimagüler wartet viel Arbeit.
Der Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler wird der erste Beauftragte der Bundesregierung gegen Antiziganismus und für das Leben der Sinti und Roma in Deutschland. Das hat das Bundeskabinett beschlossen.
Der Beauftragte ist im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend angesiedelt. Er soll beispielsweise eine Nationale Koordinierungsstelle für die EU-Roma-Strategie 2030 aufbauen und eine Informationsstelle zur Erhebung antiziganistischer Übergriffe einrichten.
Sinti und Roma kämpften in Deutschland "mit Jahrhunderte alten, tiefsitzenden Vorurteilen in weiten Teilen der Mehrheitsgesellschaft und zunehmender Anfeindung und sehen sich einer wachsenden Radikalisierung in der rechtsextremen Szene ausgesetzt", erklärte Familienministerin Anne Spiegel. Mit der Berufung eines Antiziganismus-Beauftragten setze die Regierung ein klares Signal gegen Diskriminierung, Ausgrenzung und Anfeindung von Sinti und Roma.
Daimagüler will Bund-Länder-Kommission
Daimagüler sei ein "engagierter Anwalt für die Betroffenen von Menschenfeindlichkeit, Hass und Gewalt", so die Grünen-Politikerin. Er werde sich mit aller Kraft für deren Belange einsetzen und für die Rechte der Opfer von Antiziganismus eintreten.
Als Rechtsanwalt steht Daimagüler regelmäßig Opfern von politisch motivierten Hassverbrechen vor Gericht zur Seite. Bekannt wurde er vor allem als Vertreter der Nebenklage im Münchner NSU-Prozess. Er vertrat zudem jüdische Überlebende ebenso wie Überlebende des Völkermords an den Sinti und Roma in Verfahren gegen ehemalige Angehörige der KZ-Wachmannschaften.
Daimagüler erklärte, die Bekämpfung des Antiziganismus müsse ressortübergreifend und auf allen Ebenen angegangen werden, im Bund wie in den Ländern. "Da viele Maßnahmen in der Zuständigkeit der Länder liegen, werde ich mich für die Einrichtung einer ständigen Bund-Länder-Kommission einsetzen." Die Herausforderungen seien nur gemeinsam mit den Communities der Sinti und Roma zu bewältigen.
"Ausgrenzung und Diskriminierung bis heute"
Besonders am Herzen liege ihm die Einrichtung einer Kommission zur Aufarbeitung des Unrechts nach 1945. "Die Ermordung Hunderttausender Sinti und Roma im Nationalsozialismus blieb weitgehend ungesühnt", so Daimagüler. "Auch ihre Ausgrenzung und Diskriminierung endete nicht 1945, sondern setzte sich im Nachkriegsdeutschland fort und dauert bis heute an." Eine ehrliche Auseinandersetzung mit diesem Teil der deutschen Geschichte und Gegenwart sei überfällig, betonte der neue Beauftragte.
Der Sinti- und Roma-Zentralratsvorsitzende Romani Rose sagte, es komme darauf an, die gleichberechtigte Teilhabe von Sinti und Roma im gesamten gesellschaftlichen Leben voranzubringen. "Hierzu gehört auch, dass der Beitrag von Sinti und Roma zur deutschen und europäischen Kultur deutlich gemacht werden kann, vom Einfluss der Musik ungarischer Roma auf die europäische Klassik von Haydn bis Brahms und vielen anderen, oder auch in der Literatur, im Film und vielen anderen Bereichen."