Bundesrat stimmt EU-Reformvertrag zu Kein Ja aus der Hauptstadt
Der Bundesrat hat den EU-Reformvertrag ratifiziert. Doch die Hauptstadt enthielt sich der Stimme. Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit gab damit dem Koalitionspartner Die Linke nach, der ein Ja als Bruch des Koalitionsvertrags gewertet hätte. Er erntete dafür heftige Kritik.
Ohne die Stimme Berlins hat der Bundesrat den EU-Vertrag von Lissabon gebilligt. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD), entschied sich für die Enthaltung seines Landes, die damit als Nein-Stimme gewertet wurde. Wowereit, der selbst für den Vertrag ist, vermied auf diese Weise eine Regierungskrise im Berliner Senat, in dem die SPD mit der Partei Die Linke koaliert. Die Linkspartei lehnt den Vertrag mit der Begründung ab, dieser sei arbeitnehmerfeindlich und militaristisch. Angesichts des internen Streits der rot-roten Koalition über den EU-Vertrag erklärte Wowereit, er halte Die Linke auf Bundesebene nicht für regierungsfähig.
"Kniefall vor Linkspartei"
Der Bundestag hatte bereits im April gegen die Stimmen der Linkspartei den Lissabon-Vertrag gebilligt. Für die Verabschiedung des Vertrages durch den Bundesrat war die Unterstützung Berlins angesichts der geschlossenen Zustimmung der anderen Länder nicht notwendig. Die Enthaltung ausgerechnet der Hauptstadt wirft nach Einschätzung vieler Politiker jedoch einen Schatten auf das Abstimmungsergebnis. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla nannte die Entscheidung des Berliner Senats beschämend. Grünen-Chefin Claudia Roth sprach von einem "Kniefall vor dem anti-europäischen Populismus der Linkspartei".
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nahm Wowereit in Schutz. "Ich weiß, dass Klaus Wowereit für den EU-Vertrag ist, aber sich in dieser Situation nicht anders verhalten konnte", sagte er "Spiegel Online". Wowereit erklärte nach der Abstimmung, dass die Mehrheit für den EU-Vertrag nicht vom Votum Berlins abhängig gewesen sei. Andernfalls "hätte ich auch dafür Sorge getragen, dass Berlin mit Ja gestimmt hätte und zwar einheitlich - auch unter Inkaufnahme einer Koalitionskrise", sagte der Regierende Bürgermeister.
Warnzeichen für Rot-Rot
Wowereit erklärte, seine rot-rote Koalition sei nur knapp an einer ernsthaften Krise vorbeigeschrammt. Die Haltung der Linkspartei in Berlin sei ein Warnzeichen für die weitere Zusammenarbeit. Er werde genau beobachten, inwieweit der Einfluss von Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine spürbar werde. "Ich habe den Eindruck, dass Lafontaine billigend in Kauf nimmt, dass die Koalition in Berlin platzt", sagte Wowereit. Dagegen erklärte Klaus Lederer, Vorsitzender der Berliner Linkspartei, Wowereit habe sich an die Koalitionsvereinbarung gehalten und damit eine "gute Voraussetzung für die weitere Zusammenarbeit von Rot-Rot in Berlin" geschaffen.
Vertrag soll 2009 in Kraft treten
Um das Ratifizierungsverfahren für den Vertrag von Lissabon abzuschließen, muss der Bundespräsident das Reformwerk noch unterzeichnen. Der Vertrag, der der Europäischen Union zusätzliche Kompetenzen verleiht und die EU auf eine demokratischere Grundlage stellt, soll 2009 in Kraft treten.