Rabattverbot für Online-Handel Spahn will Apotheken vor Ort stärken
Wer krank ist, soll nicht auch noch günstigste Medikamente auf Rezept suchen müssen. Darum gibt es einheitliche Preise - ausländische Online-Händler sind aber ausgenommen. Das soll sich nun ändern.
Mit dem Rezept zur Apotheke, ein paar Euro zuzahlen, den Rest übernimmt die Krankenkasse - verschreibungspflichtige Medikamente sollen in Deutschland überall gleich viel kosten. Diese Preisbindung hat der Europäische Gerichtshof aber vor fast drei Jahren für ausländische Versandhändler gekippt: Das behindere den freien Warenverkehr in der EU, entschieden die Richter.
Seitdem gibt es ein Ungleichgewicht. Das kritisierte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn schon im vergangenen Jahr: Er bezeichnete die Rechtslage als "unhaltbaren Zustand", durch den "die einen alles dürfen und die anderen gar nichts". Nun sollen alle nichts dürfen - also keinerlei Rabatte oder Gutschriften für rezeptpflichtige Medikamente geben.
Umverortung des Gesetzes
Wie das gehen soll, ist in den vergangenen Monaten viel diskutiert worden. Die Lösung des Gesundheitsministers: Die Preisbindung wird aus dem Arzneimittelgesetz gestrichen - und kommt dafür ins Sozialgesetzbuch. Spahn hält diesen Schritt wegen der gesetzlichen Krankenversicherung für möglich: Rabatte würden das Sachleistungs- und das Solidaritätsprinzip unterlaufen, heißt es im Gesetzentwurf, der heute im Kabinett besprochen wird und dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt.
Ob die EU das akzeptiert, davon sind nicht alle überzeugt. Das Justizministerium habe Bedenken, berichtet das "Handelsblatt". Deshalb habe Gesundheitsminister Spahn zusichern müssen, dass er sich mit der EU-Kommission austausche, bevor er seinen Vorschlag in den Bundestag einbringe.
Händler erwarten wieder Klagen
Zweifel haben auch die deutschen Online-Apotheken. Für sie gilt anders als für ihre ausländischen Konkurrenten ebenfalls die Preisbindung. Und natürlich wären sie froh, wenn diese Ungleichheit vorbei wäre, so der Bundesverband Deutscher Versandapotheken. Aber: "Der Sachverhalt bleibt ja bestehen. Die internationalen Arzneimittelversandunternehmen, die sich das Recht erstritten haben vor dem Europäischen Gerichtshof, sich nicht an die deutsche Preisbindung halten zu müssen, werden damit nicht zufrieden sein. Insofern ist die Chance, dass da wieder geklagt wird, relativ groß", sagt der Geschäftsführer des Bundesverbandes, Udo Sonnenberg.
Besser fänden die deutschen Versandapotheken, wenn alle Rabatte geben könnten, aber nur innerhalb gewisser Schranken. Das wiederum lehnen die Apotheken vor Ort ab. Eigentlich wollten sie sogar den Onlinehandel für verschreibungspflichtige Medikamente komplett abschaffen. Doch das ist vom Tisch.
Vor-Ort-Apotheker sind erleichtert
Zumindest Rabatte verbieten - das begrüßt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Denn die Befürchtung war: Spätestens wenn das digitale Rezept kommt, würden viele Apotheken vor Ort in die Knie gehen. Mit den großen ausländischen Versandhändlern könnten sie im Preiskampf nicht mithalten, so Sprecher Reiner Kern: "Das hätte zur Folge, dass das bis jetzt noch recht gute und engmaschige, wohnortnahe Apothekennetz ausgedünnt würde, und das wiederum würde die Versorgung der Patienten verschlechtern, vor allem die Akutversorgung."
Stattdessen will der Bundesgesundheitsminister die Apotheken vor Ort stärken. Deshalb verspricht das Gesetz auch mehr Geld: für eine bessere Betreuung von Kunden, die zum Beispiel viele oder starke Medikamente nehmen, sowie mehr Honorare für Not- und Nachtdienste von Apotheken.