Pläne der Regierung Inhaftiert Ungarn alle Asylbewerber?
Ungarn hat sich bereits mit Zäunen, Rückführungen und anderen restriktiven Maßnahmen gegen Flüchtlinge weitgehend abgeschottet. Nun erwägt die Regierung offenbar zudem, alle neu ankommenden Flüchtlinge inhaftieren zu lassen. Grund: "gesteigerte Terrorgefahr".
Ungarn erwägt die Einführung einer generellen "fremdenpolizeilichen Schutzhaft" für Asylbewerber. "Im Sinne einer solchen Regelung würde sich niemand im Land frei bewegen, niemand das Land oder die Transitzonen verlassen können", sagte Kanzleramtsminister Janos Lazar. Die Inhaftierung soll bis zum rechtskräftigen Abschluss des jeweiligen Asylverfahrens dauern. Lazar begründete die Maßnahme mit der "gesteigerten Terrorgefahr" und erwähnte in diesem Zusammenhang den Terroranschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember mit zwölf Toten.
Regierungschef Viktor Orban bekräftigte die Pläne. Dem staatlichen Rundfunk sagte er, dass die Regierung die Einführung einer polizeilichen "Festsetzung von Fremden" beschlossen habe. Details nannte er nicht. Orban räumte aber ein, dass systematische Festnahmen mit EU-Recht nicht vereinbar seien. Gleichzeitig kündigte er an, in diesem Jahr "wichtige Kämpfe" mit Brüssel ausfechten zu wollen.
2016 stellten in Ungarn rund 29.400 Menschen einen Asylantrag, wobei die allermeisten Antragsteller in andere Länder wie Deutschland weiterreisten. Ende des Jahres zählten die ungarischen Behörden 467 Menschen in den Migrationszentren des Landes. Davon waren 273 Menschen in geschlossenen Einrichtungen eingesperrt. Menschenrechtsorganisationen wie das Helsinki-Komitee hatten wiederholt kritisiert, dass Ungarn viele Asylantragsteller während der Antragsprüfung festhalte.
NGOs "wegputzen"
In seinem regelmäßigen Rundfunk-Interview verteidigte Orban außerdem auch eine geplante restriktive Maßnahme gegen regierungskritische Zivilorganisationen. "Wir wollen Transparenz", sagte er. "Die Ungarn haben ein Recht darauf zu erfahren, wer woher Geld bekommt und ob - wenn es aus dem Ausland kommt - daran Erwartungen geknüpft sind."
Zuvor hatte der Vize-Fraktionschef der Orban-Partei Fidesz, Szilard Nemeth, gefordert, bestimmte Bürgerrechtsvereine, die vom US-Philanthropen George Soros unterstützt werden, "wegzuputzen". Andere Fidesz-Politiker ließen in der Folge durchblicken, dass in einem ersten Schritt den Leitern dieser Organisationen die Abgabe einer Vermögenserklärung vorgeschrieben werden könnte.
Ein konkreter Gesetzesentwurf liegt bislang nicht vor. Die Betroffenen befürchten, dass ihnen die Arbeit über kurz oder lang nach russischem Vorbild durch bürokratische Schikanen erschwert werden könnte.