Einleitung eines Strafverfahrens Ungarn will EU-Beschluss anfechten
Das vom EU-Parlament auf den Weg gebrachte Strafverfahren gegen Ungarn könnte eine langwierige Angelegenheit werden. Ungarn will juristisch dagegen vorgehen - und bekommt auch Schützenhilfe aus Polen und Tschechien.
Ungarn will juristisch gegen den Beschluss des EU-Parlaments vorgehen, ein Strafverfahren wegen der Verletzung von Grundwerten gegen das Land einzuleiten. Die Regierung des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban will am Montag "über die konkreten rechtliche Schritte" entscheiden, sagte Kanzleramtsminister Gergely Gulyas. Eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof sei die "wahrscheinlichste" Option.
Das EU-Parlament hatte ein Strafverfahren gegen Ungarn auf den Weg gebracht. Es kann bis zum Entzug von Stimmrechten auf europäischer Ebene führen. Nötig war dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Sie kam aus Sicht des EU-Parlaments zusammen, da 448 EU-Abgeordnete für das Verfahren stimmten. 197 Parlamentarier waren dagegen und 48 enthielten sich.
Streit um Berechnungen
Ungarn stellt sich hingegen auf den Standpunkt, dass bei der Berechnung auch die Enthaltungen als abgegebene Stimmen bewertet werden müssen. Unter diesen Umständen wären 462 Stimmen für die Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig gewesen. Die Einleitung des Verfahrens nach Artikel 7 des EU-Vertrags wäre gescheitert. Im Falle einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshofs wäre das Verfahren wohl vorerst blockiert.
Für einen Stimmrechtsentzug in dem Verfahren ist ein einstimmiges Votum der EU-Mitgliedsstaaten notwendig.
Polens Außenminister Jacek Czaputowicz: "Werden Veto einlegen"
Unterstützung aus Polen und Tschechien
Die EU-Kommission hatte im vergangenen Jahr erstmals überhaupt ein Verfahren nach Artikel 7 gegen Polen eingeleitet. Grund waren eine Reihe umstrittener Reformen des polnischen Justizsystems. Ungarn hatte schon früher erklärt, dass es im Falle Polens Sanktionen mit seinem Veto blockieren würde.
Die polnische Regierung kündigt dies nun auch für das ungarische Verfahren an. "Wir werden im Fall einer Entscheidung über Sanktionen unser Veto einlegen", sagte Außenminister Jacek Czaputowicz. Er warf der EU vor, "Druck auf die Länder in unserer Region auszuüben". Diese müssten deshalb "Solidarität in dieser Frage zeigen".
Und auch Tschechien stellt sich auf die Seite Ungarns. "Dieser Blödsinn leistet nur der negativen Stimmung in der EU Vorschub", sagte der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis der Nachrichtenseite "Parlamentni Listy". Er stehe an der Seite Orbans. "Wir sind Verbündete."