Panzerhaubitze 2000 Verschleiß an der Front
Bei der Verteidigung gegen die russische Armee ist die deutsche Panzerhaubitze 2000 eine wichtige Waffe der ukrainischen Truppen. Aber Verschleiß und Munitionsmangel vermindern die Kampfkraft.
Gut getarnt, im grau-braunen Gestrüpp im Umland der heftig umkämpften Stadt Bachmut, steht eine der schlagkräftigsten Waffen, die Deutschland bislang an die Ukraine geliefert hat. Es ist eine Panzerhaubitze 2000, ein mobiles und hochmodernes Artilleriegeschütz, rund 57 Tonnen schwer.
Das Rohr der Panzerhaubitze ragt aus den kahlen, blattlosen Baumkronen. Es zeigt in Richtung Osten, zu den russischen Stellungen. Die Ketten des Fahrzeugs haben tiefe Furchen in den schweren Erdboden gewalzt.
"Wir helfen der Infanterie"
Oleg streift mit einer Hand über die schlammverkrustete Seite der Haubitze. Er ist 28 Jahre alt, trägt Tarnfarben; im Gurt vor seiner Brust stecken drei Patronenmagazine.
Oleg ist Sergeant in der 43. Brigade, die diese Panzerhaubitze 2000 bedient. "Wir helfen der Infanterie", erklärt er die Aufgabe der Einheit. "Wir zerstören Bunker und Kommandoposten, aber vor allem kämpfen wir gegen andere Artilleriebatterien."
Gefechte über viele Kilometer Distanz
Diese Duelle zwischen feindlichen Batterien werden in der Regel über eine Entfernung von vielen Kilometern ausgetragen. Die Zielkoordinaten erhalten die Soldaten von Aufklärungseinheiten und Drohnen.
Zwischen 30 und 40 Kilometer weit feuert ihre Panzerhaubitze die Granaten, sagt Oleg - je nach Munitionstyp. Durch diese Feuerkraft kommt der Artillerie eine Schlüsselrolle im Stellungskrieg in der Ostukraine zu.
Aber wegen ihrer Wirkung im Kampfgeschehen ist die Panzerhaubitze 2000 auch selbst ein begehrtes Ziel für die russischen Truppen. Insbesondere, wenn die Soldaten durch eigene Schüsse ihre Position preisgeben.
Zu wenig Granaten
Gegenüber älteren sowjetischen Haubitzen sei die Panzerhaubitze 2000 klar im Vorteil, so Oleg. Er lobt die Feuergeschwindigkeit, Reaktionsfähigkeit und Mobilität der deutschen Waffe, bedankt sich "bei der deutschen Politik" für die Lieferungen.
Aber er beobachtet auch, dass die Panzerhaubitze nicht mehr ihre gesamte Kraft entfalten kann. Seit dem Sommer hat die Ukraine 14 Panzerhaubitzen 2000 von Deutschland erhalten. Seit Monaten arbeiten sie unter Dauerbelastung.
Früher hätten sie an manchen Tagen bis zu 220 Granaten abgefeuert, erzählt Oleg - "aber jetzt können wir das nicht mehr". Derzeit seien es noch durchschnittlich 45 bis 50. "Wir erhalten Munition, aber zu wenig", fasst er zusammen.
Und zuletzt hätte die Einheit Granaten erhalten, die nur 23 Kilometer weit fliegen. Das bedeutet, dass die Panzerhaubitze näher an die russischen Stellungen heranrücken muss und dadurch selbst leichter zum Ziel wird. Sie wird dadurch eigener Stärken beraubt.
Je näher die Haubitze an die Front herangebracht wird, umso verwundbarer wird sie.
Anfällig für Dreck und Feuchtigkeit
Im Inneren der Haubitze finden fünf Soldaten Platz. Andrii, 29, ist Kommandeur des Geschützes. Wie die gesamte Mannschaft wurde er in Deutschland an der Waffe ausgebildet. Auch seine Jacke stammt noch aus Bundeswehr-Beständen.
Weil die sensible Technik anfällig für Dreck und Feuchtigkeit ist, streift Andrii seine schlammverkrusteten Stiefel vor der Eingangsluke ab. Auf Socken steigt er in den Kommandositz.
Abnutzung durch viel Einsatz
Durch die großen Belastungen der vergangenen Monate und insbesondere durch die hohen Schussfrequenzen beobachtet er Verschleißerscheinungen an der Panzerhaubitze 2000. Inzwischen überhitze die Elektronik öfter in Einsätzen, sagt er. "Dann passieren Fehler", so Andrii.
So falle beispielsweise manchmal die teilautomatisierte Munitionszufuhr aus, sodass die Soldaten manuell - und langsamer - nachladen müssten. Oder die Zielerfassung lasse sich nicht mehr justieren. "Man muss dann die Maschine neu starten", sagt Oleg.
Und auch die Hardware zeige Abnutzungsspuren: So sei am Vortag beispielsweise der Rückstoßdämpfer beschädigt worden.
Die Granaten der Haubitze konnten zunächst bis zu 40 Kilometer weit entfernte Ziele treffen. Die neuere Munition ist auf kürzere Entfernungen ausgelegt.
Keine Ersatzteile, viel Improvisation
Für Reparaturen ist Olexander zuständig, ein bärtiger, hoch gewachsener Soldat. Auch er hat in Deutschland einen Crashkurs durchlaufen. Regelmäßig müssen die Panzerhaubitzen 2000 gewartet werden. Dazu kommen Reparaturen.
Aber die Reparaturen seien schwierig. "Schauen Sie sich die Bedingungen hier an", sagt Olexander und zeigt auf die Bäume, Sträucher und Matschflächen ringsherum.
"Wir improvisieren", sagt Olexander. "Solange etwas nicht schwer verbogen oder deformiert ist, reparieren wir es. Aber es gibt kaum Ersatzteile, fast gar keine."
Manche Schäden treten zum ersten Mal auf
Dabei stünden sie auch mit ihren Ausbildern in Deutschland in Kontakt. Bei schwierigen Problemen würden sie Videos von den Schäden schicken. Aber es komme vor, dass auch die deutschen Mechaniker keine Lösung wüssten.
"Die Panzerhaubitze wird hier im intensiven Kampf erprobt", sagt Olexander. "Wir entdecken hier manche Schäden an der Maschine zum ersten Mal."
Er wünscht sich "ein paar Haubitzen mehr", sodass die vorhandenen Geschütze "ordentlich repariert" werden könnten - und in der Zeit ein anderes Geschütz in die Feuerposition nachrücken könnte.
Fünf Soldaten finden in der Haubitze Platz.
Hoffnung auf die Gegenoffensive
Trotz Munitionsmangels und fehlender Ersatzteile hofft Sergeant Oleg auf eine baldige, neue Gegenoffensive der Ukrainer. Auch die Panzerhaubitze 2000 soll dabei helfen, ebenso wie die jüngst gelieferten 18 deutschen Kampfpanzer Leopard 2A6".
"Es gibt nichts, das nicht hilft", so Oleg. "Alles hilft. Zu 100 Prozent."
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.