Brexit-Pläne abgelehnt Hardliner fallen May in den Rücken
Die britische Premierministerin May ist mit ihren Verhandlungsplänen zum Brexit erneut im Unterhaus gescheitert. Es droht weiter ein ungeordneter Austritt aus der EU. Das begrüßen einige Brexit-Hardliner.
Theresa May ist im Unterhaus erneut krachend gescheitert. 303 Abgeordnete stimmten gegen ihren Antrag für das weitere Vorgehen im Brexit-Streit, nur 258 dafür. Die britische Premierministerin selbst hatte es allerdings vorgezogen, bei dem Votum lieber nicht dabei zu sein.
Der oppositionelle Labour-Chef Jeremy Corbyn hielt es nicht lang auf seinem grünen Sitz aus und ergriff kurz nach der Abstimmung das Wort: "Sie kann nicht einfach weiter auf Zeit spielen und darauf warten, dass irgendetwas passiert, womit sie ihr Gesicht wahren kann. Es ist überraschend, dass die Premierministerin noch nicht einmal selbst hier ist. Denn eigentlich wollte ich sie bitten zum Rednerpult zu kommen und zuzugeben, dass ihre Strategie nicht aufgegangen ist."
Labour-Chef Corbyn wirft May eine Verzögerungstaktik vor.
Hardliner in eigenen Reihen stimmen gegen May
Die Niederlage hatte ihr die eigene Partei beschert. Aus Protest enthielten sich fast 70 Brexit-Hardliner, fünf stimmten sogar dagegen. Der stellvertretende Vorsitzende der einflussreichen European Research Group, Steve Baker, rechtfertigt den Schritt: "In dem vorliegenden Antrag ist ein No Deal vom Tisch und das können wir nicht zulassen, deswegen haben wir uns enthalten, wir stehen immer noch dazu", sagte er. "Wir befürworten nach wie vor Alternativen zum sogenannten Backstop. Dafür gibt es eine klare Mehrheit und die Premierministerin hat ein Mandat, das zu verhandeln. Aber für uns ist ganz klar, ein Austritt ohne Abkommen darf nicht vom Tisch sein."
May sind diejenigen in den Rücken gefallen, für die sie in Brüssel in Sachen Backstop nachverhandeln will. Es geht weiterhin um die umstrittene Notfalllösung, die eine harte Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland vermeiden soll. Dafür will sie rechtlich bindende Änderungen erreichen. Wie das erreicht werden, soll ist völlig unklar, denn Brüssel will das Austrittsabkommen nicht erneut öffnen.
Symbolische, aber wichtige Abstimmung
Die Abstimmungsniederlage ist nur eine symbolische Schlappe. Aber es zeige die Schwäche der Regierung, erklärt Anand Menon, Politikwissenschaftler vom King’s College in London: "Das Ergebnis hat keine rechtlich bindende Wirkung, aber auf politischer Ebene ist es peinlich für die Regierung - und es ist ein starkes Signal von der European Research Group: Wir werden das Schiff in die Richtung eines Brexit lenken, den wir wollen."
Laut BBC ist es bereits die zehnte Niederlage, die die Regierung beim Thema Brexit eingefahren hat. Für den stellvertretenden Vorsitzenden der konservativen Tory-Partei James Cleverly gibt es offenbar kein Grund zur Aufregung: "Es gibt keine neuen Erkenntnisse, die wir aus der heutigen Abstimmung ziehen können. Die Premierministerin wird weiter mit der EU verhandeln und versuchen, weitere Änderungen für den Backstop zu bekommen. Wir werden die EU am 29. März geordnet verlassen."
Riss geht durch beide Parteien
Die konservative Tory-Abgeordnete Anna Soubry zeigte sich außer sich. Sie setzt sich für ein zweites Referendum ein: "Beide Parteien sind völlig zerrissen. Was für ein Fiasko. Wir haben hier ein absolutes Führungsproblem", sagte sie. Es müsse jetzt etwas passieren. "Das ist die größte Entscheidung seit dem Zweiten Weltkrieg, wir werden hier zur absoluten Lachnummer in der ganzen Welt. Wir haben der Regierung zwei weitere Wochen gegeben. Dann hat das Parlament die letzte Chance, Kontrolle über den Prozess zu bekommen und sicherzustellen, dass wir aus dem Schlamassel herauskommen."
Auch die Labour-Partei ist gespalten, der Labour-Chef Corbyn steht massiv in der Kritik, weil er sich nicht entschieden für ein zweites Referendum einsetzt. Beide Parteien - Labour und die konservativen Tories - brechen immer weiter auseinander. Und so lange sich im Parlament keine Mehrheit für eine Alternative findet - sei es für eine Verschiebung des Brexit, für einen softeren Brexit oder ein zweites Referendum -, steuert Großbritannien ungebremst auf einen No-Deal-Brexit zu.