EU und NATO beraten über Libyen Was bringt eine Flugverbotszone?
Der Druck zu handeln ist groß. Die Frage jedoch, was die internationale Gemeinschaft angesichts der Gewalt in Libyen tun kann, ist schwer zu beantworten. EU und NATO beraten über Optionen: Auch eine Flugverbotszone über Libyen ist im Gespräch. Aber was ist das eigentlich?
Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkstudio Brüssel
Eine Flugverbotszone heißt erst einmal ganz platt gesagt: Dieser Luftraum ist gesperrt - entweder für bestimmte Maschinen oder für den gesamten Flugverkehr. In der Charta der Vereinten Nationen wird dies als ein Mittel bezeichnet, Frieden zu erzwingen. Mit militärischen Mitteln freilich.
"Wir sollten es nicht beschönigen: Eine Flugverbotszone über Libyen wäre ein Angriff auf das nordafrikanische Land", stellt US-Verteidigungsminister Robert Gates klar. Die Einrichtung einer solchen Zone beginne mit der Zerstörung der als ausgesprochen Gaddafi-treu geltenden libyschen Luftabwehr. Das hieße, Militärflughäfen, Startbahnen, Radaranlagen und Luftabwehrstellungen zu bombardieren. Nur so wäre sichergestellt, dass die eigenen Flugzeuge, die die Einhaltung des Flugverbots kontrollieren, nicht abgeschossen werden können.
Mit UN-Mandat?
Eine solche Aktion muss vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschlossen werden. So geschehen etwa Anfang der 90-er Jahre im Bosnien-Krieg. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen stellte in diesen Tagen immer wieder klar: Ohne Mandat interveniert das Militärbündnis nicht, derzeit dürfe man laut UN-Mandat gar keine Waffen einsetzen
Gleich mehrere Vetomächte im Sicherheitsrat haben Bedenken: Russland, China und auch die USA, die wenig Begeisterung für einen neuen Kriegsschauplatz verspüren.
Ohne UN-Mandat?
Dann also vielleicht ein Einsatz ohne UN-Mandat? Auch hier gibt es ein Beispiel aus der Geschichte: die Flugverbotszonen über dem Irak nach dem zweiten Golfkrieg. Länder wie Frankreich oder Großbritannien könnten sich eine Neuauflage vorstellen. Nur: Hebelt man das Völkerrecht wieder derart aus, könnte das die ohnehin oft bezweifelte Glaubwürdigkeit des Westens in der arabischen Welt erschüttern. Gaddafi könnte als der Gute dastehen, der sich dem übergriffigen Westen entgegenstemmt. "Wir wollen auf keinen Fall, dass wir uns kontraproduktiv verhalten. Dass wir der Propaganda Vorschub leisten und damit argumentativ dem Diktator in die Hände spielen", mahnt etwa der deutsche Außenminister Guido Westerwelle.
Ausländische Soldaten auf libyschem Boden?
Deshalb ist auch klar: Für jedes Eingreifen braucht man den Rückhalt der arabischen Liga und der afrikanischen Union. Wie schwierig das ist, zeigt schon die Haltung der libyschen Oppositionellen. Mahmoud Jebril vom Nationalrat der befreiten Städte sagt: Flugverbotszone ja, aber nicht um jeden Preis. "Kein ausländischer Soldat darf libyschen Boden betreten", sagt er.
Militärexperten zufolge wären aber durchaus Spezialeinheiten am Boden nötig, um Ziele zu markieren oder Luftangriffe zu koordinieren. Oder für den Fall, dass Patrouillenflugzeuge abgeschossen werden und die Crew aus dem Land geholt werden muss. Dazu kommen weitere Bedenken: Die zu überwachenden Fläche ist riesig, Libyen ist etwa fünf Mal so groß wie Deutschland. Um alles abzudecken, müsste man jeden Tag geschätzt 50 bis 70 Flugzeuge einsetzen.
Ist Gaddafi zu stoppen?
Und auch der Nutzen einer Flugverbotszone wird von Experten in Frage gestellt: In Bosnien konnte man damals das Massaker von Srebrenica nicht verhindern. Und im aktuellen Fall müsste der libysche Machthaber Gaddafi zwar auf seine Flugzeuge verzichten, nicht aber auf Panzer und Bodentruppen. Mit denen könnte er weiter gegen sein Volk vorgehen.