Wahlpleite für Johnson Nur noch ein Mandat Mehrheit
Boris Johnsons Tories haben bei einer Nachwahl einen Parlamentssitz an die proeuropäischen Liberaldemokraten verloren. Damit hat er nur noch die kleinstmögliche Mehrheit im Londoner Parlament.
Der neue britische Premierminister Boris Johnson hat einen Rückschlag erlitten: Seine konservativen Tories verloren eine Nachwahl zum Unterhaus in einem Wahlkreis in Wales.
Der konservative Kandidat Chris Davies unterlag im Wahlkreis Brecon and Radnorshire der Kandidatin der europafreundlichen Liberaldemokraten, Jane Dodds. Sie hat einen Vorsprung von rund 1400 Stimmen. Andere Anti-Brexit-Parteien wie die Grünen oder die walisische Regionalpartei Plaid Cymru hatten zugunsten der Liberaldemokraten auf eigene Kandidaten verzichtet.
Dodds machte eine Kampfansage an Johnson: Sie werde ihm im Parlament "laut und deutlich" sagen: "Hör' auf, mit der Zukunft unserer Kommunen zu spielen, und schließe einen ungeregelten Brexit jetzt aus!"
Allerdings war die Wahl nicht nur vom Thema Brexit geprägt, sondern auch von einer Kontroverse um Davies: Er hatte sein Mandat im Zuge eines Skandals um falsche Abrechnungen aufgeben müssen. Bei der Nachwahl trat er dann erneut für die Tories an. Johnson hatte die Region am Dienstag besucht, um ihn zu unterstützen.
Was wird aus Johnsons Brexit-Kurs?
Für Johnson war die Nachwahl der erste Test nach seiner Amtseinführung in der vergangenen Woche: Im Unterhaus haben die Konservativen und ihr Koalitionspartner DUP aus Nordirland jetzt nur noch 320 Sitze. Die gesamte Opposition hingegen hat 319 Abgeordnete.
Johnson will Großbritannien am 31. Oktober aus der EU führen - notfalls auch ohne Deal. Er will das zwischen seiner Vorgängerin Theresa May und Brüssel vereinbarte Abkommen nachverhandeln. Das lehnt die Europäische Union aber strikt ab.
Liberaldemokratin Jane Dodds feiert mit Parteikollegen: Der bisher von den Tories gehaltene Sitz für die Grafschaft Brecon und Radnorshire im Osten von Wales fiel an die Politikerin.
Sorge vor Austritt ohne Deal
Auch in Großbritannien stößt Johnson mit seinen Plänen inzwischen auf erheblichen Widerstand. Bei seinen ersten Besuchen in Schottland, Wales und Nordirland erntete der Premier heftige Kritik von Parteien und auch Demonstranten. So fürchten viele Landwirte in Wales etwa um EU-Fördergelder im Falle eines Brexits ohne Abkommen. Johnson droht der EU mit einem solchen Austritt immer wieder. Die Sorge der Gegner: Ein No-Deal-Brexit könnte die Wirtschaft und andere Lebensbereiche schädigen.
Johnson und viele andere Befürworter eines EU-Austritts wollen den sogenannten Backstop in dem Deal streichen. Die Garantieklausel soll eine harte Grenze zwischen dem britischen Nordirland und der Republik Irland verhindern - denn das könnte den alten Konflikt zwischen katholischen Befürwortern einer Vereinigung Irlands und protestantischen Loyalisten wieder schüren.