Johnson gegen Fristverlängerung Neues Gesetz könnte zu hartem Brexit führen
Großbritanniens Premier Johnson hat einen zügigen EU-Austritt versprochen. Nun will er liefern und scheut dabei offenbar nicht den harten Brexit: Bis Ende 2020 soll ein Abkommen mit der EU stehen - ohne Chance auf Verlängerung.
Bruch mit der EU, notfalls um jeden Preis: Der britische Premierminister Boris Johnson will offenbar eine Verlängerung der Übergangsphase nach dem Brexit ausschließen. Das berichtete unter anderem die britische Nachrichtenagentur PA unter Berufung auf Regierungsquellen. Ein Regierungsvertreter bestätigte der Nachrichtenagentur Reuters, Johnson wolle für die Aushandlung eines Handelsabkommens eine Frist bis Ende 2020 - eine Verlängerung solle gesetzlich ausgeschlossen werden.
"Wir werden sicherstellen, dass wir rechtzeitig diesen Deal hinbekommen", sagte Vizepremierminister Michael Gove der BBC. Experten zweifeln aber daran, dass dieser knappe Verhandlungszeitraum nach dem für 31. Januar 2020 angesetzten Austritt Großbritanniens ausreichen wird.
Erste Kabinettssitzung seit der Wahl
Am Morgen kam das Ministerkabinett erstmals nach dem Wahlsieg der Tories in der Downing Street zusammen. Am Nachmittag soll das neu gewählte Unterhaus zur konstituierenden Sitzung zusammenkommen und seinen Parlamentspräsidenten wählen. Lindsay Hoyle, der amtierende Sprecher, gilt als gesetzt für das Amt. Traditionell halten die Parteichefs von Regierung und Opposition eine Laudatio auf den neu gewählten Sprecher - somit werden sowohl Johnson als auch Labour-Vorsitzender Jeremy Corbyn eine Rede halten.
Beobachter erwarten, dass der für markige Sprüche bekannte Premier sich dabei Spitzen gegen Corbyn nicht verkneifen kann. Dieser wollte nach der Wahlniederlage von Labour weder die Verantwortung dafür übernehmen noch zeitnah abtreten - erst in den ersten Monaten des kommenden Jahres ist Corbyn eigenen Angaben zufolge zum Rücktritt bereit. Der Druck auf ihn wächst aber in den eigenen Reihen.
Von der Leyen kündigt Treffen an
Königin Elizabeth II. soll am Donnerstag Johnsons Regierungserklärung verlesen - am Freitag folgt die Abstimmung über das mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen. Darin vorgesehen ist ein EU-Austritt zum 31. Januar und eine Übergangsphase bis Ende 2020, in der weiterhin EU-Vorgaben angewandt werden, bis das Verhältnis zum Staatenbund geklärt ist. Bei Bedarf kann die Phase um bis zu zwei Jahre verlängert werden - offenbar wollen die Tories aber nun einen Passus aus dem Gesetzentwurf streichen, die das Unterhaus über eine solche Verlängerung entscheiden lässt.
Die Opposition warnt bereits, dies erhöhe die Gefahr eines EU-Austritts ohne Abkommen, also eines sogenannten harten Brexit. Die Folge könnten erhebliche Handelshemmnisse sein. Doch die Zustimmung zu dem Deal gilt angesichts eines konservativen Vorsprungs von 80 Sitzen auf die übrigen Parteien als sicher. Spekuliert wird, ob Johnson nur durch ein Manöver den Druck auf die EU erhöhen will und seine Meinung doch noch ändert.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vereinbarte mit dem britischen Premierminister einen raschen Start der Verhandlungen über die künftigen Beziehungen nach dem Brexit. "Wir werden uns Anfang 2020 treffen", schrieb von der Leyen nach einem Telefonat mit Johnson auf Twitter. "Großbritannien wird immer ein Freund, Partner und Verbündeter sein."
Mit Informationen von Imke Köhler, ARD-Studio London