Europäische Armee Warum Trump skeptisch ist
Bei ihrem Treffen heute in Brüssel wollen die EU-Außen- und Verteidigungsminister über eine engere militärische Zusammenarbeit beraten. Die USA sind von der Idee nicht begeistert.
Wenn amerikanische Politiker den Begriff "Europäische Armee" hören, noch dazu aus dem Munde eines französischen Präsidenten, dann denken sie fast reflexhaft an das Jahr 1966. Der damalige französische Präsident Charles de Gaulle wollte seine Verteidigungspolitik unabhängiger von den USA gestalten. Sein Rückzug aus der NATO stürzte das transatlantische Militärbündnis in eine schwere Krise.
Seitdem werden französische Alleingänge in der Verteidigungspolitik in den USA mit großer Skepsis aufgenommen, betont Norman Eisen, früher US-Botschafter in Prag und jetzt Transatlantik-Experte der Denkfabrik Brookings: "De Gaulle zog Frankreich aus der gemeinsamen Militärkommando-Struktur der NATO zurück. Es dauerte Jahrzehnte, bis Frankreich 2009 zurückkehrte. Macron ist also nicht der erste Regierungschef, der die NATO-Strukturen und Amerikas Rolle herausfordert."
Trump hatte Macrons Vorstoß für eine "Europäische Armee" zuletzt kritisiert.
"Konkurrenz zur NATO wäre unklug"
Die Amerikaner befürchten, dass der Aufbau einer gemeinsamen "Europäischen Armee" teure Doppelstrukturen schafft und zur Konkurrenz für die NATO wird. Schließlich müsste eine neue europäische Kommandostruktur aufgebaut werden. Die Amerikaner sind jedoch nicht bereit, den militärischen Oberbefehl der NATO mit einer gemeinsamen "Europäischen Armee" zu teilen.
Letztlich befürchten sowohl die US-Regierung als auch der Kongress dadurch eher eine Schwächung der NATO, sagt Norman Eisen: "Wenn Europa seine Militärkapazitäten stärken will, sollte es dies innerhalb der NATO tun. Wird es dagegen eine Konkurrenz zur NATO oder gar unabhängig davon, wäre dies unklug."
Der frühere US-Botschafter in Prag kennt die unterschiedlichen Befindlichkeiten der Europäer sehr gut. Auch deshalb hält er eine gemeinsame europäische Armee für ziemlich illusorisch. Während Frankreich sein Militär aktiv in seinen früheren afrikanischen Kolonien einsetzt und auch beim Sturz des libyschen Diktators Gaddafi 2011 die treibende Kraft gewesen sei, gebe es in Deutschland immer noch große Vorbehalte gegenüber Auslandseinsätzen deutscher Soldaten.
Übertriebene Kritik
Die NATO nehme Rücksicht auf solche Befindlichkeiten ihrer Mitgliedsländer. Dagegen könnte der Kommandeur einer gemeinsamen europäischen Armee gleichermaßen über französische wie deutsche oder italienische Soldaten befehlen - ohne Rücksicht auf nationale Interessen. Norman Eisen sieht derzeit nur ein gemeinsames Interesse aller europäischen NATO-Partner: eine starke Verteidigung gegenüber Russland.
Die USA setzen auf die NATO: Im Oktober waren 50.000 Männer und Frauen beim Manöver "Trident Juncture" in Norwegen im Einsatz.
Diesen Schutz könne aber niemand besser gewährleisten als die US-geführte NATO: "Warum an etwas herumbasteln, was sich bewährt hat? Besser sollte jedes europäische NATO-Mitgliedsland zwei Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgeben. Das macht unsere Streitkräfte viel stärker."
Die harsche Reaktion von US-Präsident Trump auf Macrons Vorstoß für eine europäische Armee findet Norman Eisen allerdings völlig übertrieben. Mit seiner plumpen Kritik an den Europäern und den ständigen Ermahnungen, sie schuldeten der NATO Geld, habe Trump viel dazu beigetragen, dass Frankreich und Deutschland nun unabhängiger von den USA agieren wollen.