Britisches Kabinett Starmers wichtigste Ministerinnen und Minister
Erstmals in der britischen Geschichte geht das Finanzressort an eine Frau. Rachel Reeves ist ehemalige Ökonomin der Bank of England. Neuer Außenminister wird ein Freund von Ex-US-Präsident Obama. Ein Überblick über die zentralen Posten im Kabinett.
Gleich nach dem Wahlsieg der Labour-Partei hat der britische Premier Keir Starmer die ersten Minister und Ministerinnen ernannt. Damit gibt er auch einen ersten Hinweis darauf, wohin es in Zukunft gehen soll.
Angela Rayner wuchs in einer Sozialwohnung in Nordengland auf.
Vize-Premierministerin: Angela Rayner
Angela Rayner ist die Ausnahme in einem Land, in dem Politiker üblicherweise in Oxford oder Cambridge studiert haben. Sie wuchs in einer Sozialwohnung in Nordengland auf, verließ die Schule ohne Abschluss und wurde mit 16 alleinerziehende Mutter. Sie habe "einen Doktortitel in 'echtem Leben'", sagt die 44-Jährige über sich selbst.
Rayner engagierte sich in der Gewerkschaft, ist seit 2015 Abgeordnete und seit 2020 stellvertretende Labour-Chefin. Mit ihren linken Positionen, den offenen Worten und dem nordenglischen Dialekt hebt sich Rayner deutlich von Starmer ab. Im Kabinett wird sie für Wohnungsbau und Angleichung der Lebensverhältnisse in den Regionen zuständig sein.
Rachel Reeves widmet sich der Wirtschaft Großbritanniens und verspricht Disziplin bei den öffentlichen Finanzen.
Finanzen: Rachel Reeves
Rachel Reeves ist die erste Frau an der Spitze des Finanzressorts. Damit hat die Politikerin, wie sie selbst sagt, "die letzte gläserne Decke in der Politik" durchbrochen. Reeves spielte eine zentrale Rolle bei der Neuausrichtung der Partei und ihrem Bestreben, wirtschaftliche Kompetenz zu verkörpern. Labour sei jetzt "die natürliche Partei der Unternehmen", wiederholt sie immer wieder und verspricht "eiserne Disziplin" bei den öffentlichen Finanzen.
Reeves propagiert eine aktive Rolle des Staates mittels Investitionen und will "die öffentlichen Dienste wieder aufbauen". Die ehemalige Ökonomin der Bank of England steht vor der gewaltigen Aufgabe, das Versprechen der Labour-Partei einzulösen. Sie soll die Wirtschaft ankurbeln und in öffentliche Dienste investieren, während gleichzeitig eine hohe Staatsverschuldung drückt.
Die neue Schatzkanzlerin stammt aus einer Londoner Lehrerfamilie, liebt Schach und gilt als Macherin. In die Politik ging sie, als Tony Blair Premier war.
David Lammy war mit 27 ins Unterhaus gewählt worden und damit einst der jüngste Abgeordnete. Jetzt ist er Außenminister.
Außenpolitik: David Lammy
Auf mehr als 40 Auslandsreisen in den vergangenen zwei Jahren hat sich David Lammy bereits in Diplomatie geübt. Nach dem Brexit müsse Großbritannien "die große Kunst der Strategie wiederentdecken", sagt der neue Außenminister. Der 51-jährige Anwalt will sich der EU wieder annähern, ansonsten sind keine großen Änderungen in der Außenpolitik unter Labour zu erwarten. Parteiintern wird der aktuellen Labour-Führung vorgeworfen, zu israelfreundlich zu sein.
Mit 27 Jahren wurde Lammy als jüngster Abgeordneter ins Unterhaus gewählt. Er ist mit dem früheren US-Präsidenten Barack Obama befreundet. Dessen Nachfolger Donald Trump nannte er einst einen "Soziopathen mit Neonazi-Sympathien". Inzwischen sagt er allerdings, er sei mit dieser Äußerung missverstanden worden. Möglicherweise wird Lammy es persönlich mit Trump zu tun bekommen, falls dieser erneut US-Präsident wird. Vorsorglich traf sich Lammy Presseberichten zufolge schon mit Trumps Beratern.
Verteidigung: John Healey
John Healey wurde 1997 ins Parlament gewählt und arbeitete in verschiedenen Ministerien. In der Opposition war er für Wohnungsbau und Gesundheit zuständig, bevor er zur Verteidigung wechselte. Der 64-Jährige muss als Minister die von Labour angekündigte Erhöhung der Militärausgaben auf 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes umsetzen und sich um eine Armee kümmern, die in den vergangenen Jahren stark abspecken musste.
Inneres: Yvette Cooper
Yvette Cooper ist eine weitere Vertreterin der 1997 gewählten Blair-Generation. 2015 scheiterte sie mit ihrer Kandidatur für die Labour-Spitze. Mit ihren kämpferischen Reden im Unterhaus hat sie sich einen Namen als versierte Innenpolitikerin gemacht.
Als Chefin des Home Office ist sie für die Migrationspolitik zuständig - eines der großen Wahlkampfthemen. Sie wird eine harte Linie im Kampf gegen irreguläre Einwanderung vertreten müssen. Das Vorhaben der derzeitigen Regierung, Flüchtlinge nach Ruanda abzuschieben, will Labour umgehend stoppen.
Weitere Posten
Wes Streeting wurde zum Gesundheitsminister ernannt. Ihm fällt damit die Aufgabe zu, das durch Sparmaßnahmen und Pandemie ruinierte öffentliche Gesundheitssystem zu sanieren.
Ed Miliband, von 2010 bis 2015 Labour-Chef, übernimmt das Ministerium für Energiesicherheit und CO2-Neutralität. Die ehemalige Anwältin Shabana Mahmood übernimmt das Justizministerium und Bridget Philipson wird Bildungsministerin.