Ein Laden vom Schweizer Schokoladenunternehmen Läderach.

Skandal in der Schweiz Missbrauchsvorwürfe gegen Chocolatier Läderach

Stand: 04.10.2023 15:04 Uhr

Die Vorwürfe wiegen schwer: Der frühere Chef der schweizerischen Schokoladenfirma Läderach soll Schüler misshandelt haben. Läderach selbst weist alles zurück, doch das Traditionsunternehmen gerät unter Druck.

"Unsere Schoggi ist 90 Prozent Freude und 10 Prozent Magie" - so wirbt die Schokoladenfirma Läderach im Internet für "beste Schweizer Schokolade … seit drei Generationen". Anderswo im Netz, in den sozialen Medien, kommt die Edelschokolade aber nicht mehr ganz so gut an: "Läderach Schoggi - nein danke!" ist auf X, dem früheren Twitter, zu lesen. Oder: "Ich will doch nicht Schoggi kaufen von einem, der für Gewalt an Kindern verantwortlich war."

Ähnlich entsetzt äußerten sich Kundinnen und Kunden im Sender SRF. Obwohl sie absoluter Fan der Läderach-Schokolade sei, kaufe sie jetzt nicht mehr dort ein, sagt eine Frau. Und ein anderer Ex-Kunde meint, er sei tief erschüttert, dass so ein Unternehmen so etwas mache.

Vorwürfe ehemaliger Schülerinnen und Schüler

Es geht um schwere Vorwürfe von ehemaligen Schülerinnen und Schülern einer evangelikalen Privatschule im schweizerischen Kaltbrunn - einer Schule, die von Ex-Läderach-Chef Jürg Läderach mitgegründet wurde. In der SRF-Doku mit dem Titel "Die evangelikale Welt der Läderachs - Züchtigung im Namen Gottes" berichten die heute jungen Erwachsenen von Gewalt und Misshandlungen:

Ich musste mich meistens über einen Stuhl legen oder übers Knie und dann die Hose und die Unterhose runterziehen. Und dann gab’s auf den Arsch. Danach konntest du weiterspielen.

Die Frau des damaligen Schulleiters, Helga T., gibt im SRF-Film zu, bei den Züchtigungen mitgemacht zu haben - ebenso wie die anderen Verantwortlichen.

Hat Läderach selbst zugeschlagen?

Chocolatier Jürg Läderach wird in der Doku beschuldigt, auch selbst Kinder geschlagen zu haben. Er bestreitet das vehement - hat sogar eine eidesstattliche Erklärung abgegeben, äußerte Bedauern über das, was an der Schule passiert sei. 

Auch Läderachs Sohn Johannes Läderach besuchte damals die evangelikale Privatschule. Seit 2018 leitet er das Schokoladengeschäft der Familie. In Interviews zeigte er sich erschüttert über die Vorwürfe. "Das geht mir sehr nah, der seelische und körperliche Missbrauch geht gegen alles, woran ich glaub und was mir wichtig ist", so Johannes Läderach.

Unternehmen fürchtet um Ruf

Zu seinem Vater geht der heutige Läderach-Chef auf Distanz. Das Unternehmen fürchtet um seinen Ruf. Das Zurich Film Festival hat als Reaktion auf die SRF-Doku die Sponsorenpartnerschaft mit Läderach gekündigt.

Die Schweizer Bundesbahnen SBB haben Ausflugsangebote zu Läderachs Schokoladenmuseum gestoppt. Der Skandal lasse die mit viel Aufwand aufgebaute Trennwand zwischen Person und Unternehmen einbrechen, zitierte die "Neue Zürcher Zeitung" einen Marktexperten und fragte: "Ist nun die Läderach-Expansion in die USA gefährdet?"

Keine Äußerung zu Folgen der Doku

Auf Anfrage des ARD-Studios Genf wollte sich das Unternehmen nicht zu den Folgen der SRF-Doku äußern - und verwies auf ein Statement des Firmensprechers Matthias Goldbeck auf der Läderach-Homepage. Darin heißt es: "Bitte bewerten Sie das Unternehmen nach der Leistung der heutigen Generation, der mittlerweile 1.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit."

Einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten nach den Anschuldigungen gegen den früheren Firmenchef gekündigt, berichteten Schweizer Medien. Und in manchen Schweizer Filialen setze Läderach nun Sicherheitspersonal ein.

Kathrin Hondl, ARD Genf, tagesschau, 04.10.2023 11:37 Uhr

  

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 04. Oktober 2023 um 05:50 Uhr.