Neues Kabinett Schweden kippt feministische Außenpolitik
Das Konzept der feministischen Außenpolitik war einst von Schwedens Außenministerin Wallström vorangetrieben worden. Der neue Ressortchef Billström beruft sich auf die Gleichstellung, hat den Begriff aber streichen lassen.
Schwedens neu gebildete Regierung aus Moderaten, Christdemokraten und Liberalen kippt das Konzept der feministischen Außenpolitik. Verschiedene Veröffentlichungen zu dem Thema wurden am Dienstag bereits von der Webseite des Außenministeriums entfernt.
Außenminister Tobias Billström von den konservativen Moderaten sagte der Nachrichtenagentur TT: "Die Gleichstellung der Geschlechter ist ein grundlegender Wert in Schweden und auch ein grundlegender Wert für diese Regierung." Der Ausdruck "feministische Außenpolitik" werde aber gestrichen, "denn Etiketten haben die Tendenz, den Inhalt zu verschleiern".
Schweden hatte Vorreiterrolle
Die Idee der feministischen Außenpolitik wird bereits seit mehr als 100 Jahren diskutiert. Schweden mit seiner damaligen Ressortchefin Margot Wallström war 2014 das erste Land, das sich offiziell dazu bekannt hatte. Ihre Politik verstand sich als "eine Antwort auf die systematische Diskriminierung und Unterordnung, die den Alltag unzähliger Mädchen und Frauen auf der ganzen Welt prägt". Es folgten andere Länder wie Kanada, Mexiko und Spanien. In Deutschland hat sich die Ampel-Regierung im Koalitionsvertrag der feministischen Außenpolitik verschrieben.
Kabinett vorgestellt
Der erfahrene konservative Politiker Billström ist einer von 13 Männern und elf Frauen, die dem neuen Kabinett von Ministerpräsident Ulf Kristersson von den Moderaten angehören. Ebba Busch, Parteichefin der Christdemokraten, ist neue Energie- und Wirtschaftsministerin sowie stellvertretende Ministerpräsidentin. Liberalen-Chef Johan Pehrson ist Arbeitsmarkts- und Integrationsminister.
Zum Regierungsteam des Konservativen gehört mit der 26-jährigen Klima- und Umweltministerin Romina Pourmokhtari das jüngste Kabinettsmitglied, das Schweden je hatte. In Bezug auf ihr Ressort sagte die liberale Politikerin mit iranischen Wurzeln: "Es braucht eine Ministerin, die die Wichtigkeit dieser Fragen einsieht."
"Mehrere parallele Krisen"
Die Koalition übernehme "ein Land, das sich mitten in mehreren parallelen Krisen befindet", sagte Kristersson im schwedischen Parlament. Damit sprach er unter anderem Schwedens Probleme mit der Bandenkriminalität und die Energiekrise an. "Es ist eine ernste Lage, die noch schlimmer werden kann", sagte der 58-Jährige. "Die Kriminalität bedroht heute das System. Sie schadet dem Vertrauen, auf das die schwedische Gesellschaft gebaut ist", sagte Kristersson.
Die Regierung will zudem die Einwanderungspolitik verschärfen und unter anderem die Zahl der Quotenflüchtlinge deutlich auf 900 reduzieren. "Schweden kann nicht weiter so eine große Verantwortung übernehmen", sagte die neue konservative Migrationsministerin Maria Malmer Stenergard.
Toleriert von den Schwedendemokraten
Kristersson war am Montag zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Er tritt die Nachfolge der Sozialdemokratin Magdalena Andersson an, nachdem sein konservativ-rechtes Lager bei der schwedischen Parlamentswahl am 11. September eine knappe Mehrheit erzielt hatte. Zweitstärkste politische Kraft waren allerdings nicht Kristerssons Konservative, sondern die rechten Schwedendemokraten geworden. Um auf eine Mehrheit zu kommen, ist die neue Drei-Parteien-Koalition auf die Schwedendemokraten angewiesen.