Ankündigung Putins Russland stationiert Atomwaffen in Belarus
Weitere Eskalationsstufe im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine: Russlands Präsident Putin kündigte an, taktische Atomwaffen im Nachbarland Belarus zu stationieren. Daran sei "nichts Ungewöhnliches".
Russlands rückt mit seinen Atombombenbasen näher an den Westen: Am 1. Juli werden laut Präsident Wladimir Putin Lager im Nachbarland Belarus fertiggestellt sein, danach stationiert Russland dort taktische Atomwaffen. Darauf hätten sich die Regierungen in Moskau und Minsk geeinigt, sagte er im Staatsfernsehen.
Internationale Verträge zur Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen würden nicht verletzt, weil diese Waffen nicht an Belarus übergeben würden, sondern im Besitz Russlands verblieben, sagte Putin weiter. Bereits am 3. April beginne die Ausbildung für die Besatzungen der atomwaffenfähigen Flugzeuge.
Waffen können die USA nicht erreichen
Putin begründete den Schritt damit, dass die USA ebenfalls Atombomben bei ihren Verbündeten stationiert hätten. So hatte er die Vereinigten Staaten in der Vergangenheit immer wieder aufgefordert, Atomwaffen aus Deutschland abzuziehen, weil Moskau sich dadurch in seiner Sicherheit bedroht sehe.
Die USA haben im Zuge der atomaren NATO-Abschreckung Atombomben in mehreren europäischen Ländern stationiert. Offizielle Angaben gibt es dazu zwar nicht, es sollen aber weiterhin in den Niederlanden, Belgien, Italien und Deutschland Atomwaffen lagern - außerdem im asiatischen Teil der Türkei. Die NATO-Staaten Großbritannien und Frankreich besitzen eigene Atomwaffen. Auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel sollen noch bis zu 20 US-Atombomben stationiert sein, die im Ernstfall mit Tornado-Kampfjets der Bundeswehr eingesetzt werden sollen.
Russland stationiert keine strategischen Atomwaffen in Belarus, die etwa auch die USA erreichen könnten. Die Reichweite taktischer Atomwaffen wird mit mehreren Hundert Kilometer angegeben. Die Sprengwirkung liegt demnach zwischen 1 und 50 Kilotonnen TNT.
Putin: Berlarus hat um Stationierung gebeten
Mit dem 1. Juli nannte Putin erstmals ein konkretes Datum. Gespräche mit dem belarusischen Machthaber Alexander Lukaschenko gab es bereits in der Vergangenheit. Lukaschenko habe schon lange darum gebeten, atomare Waffen auf seinem Staatsgebiet zu stationieren, sagte Putin im Fernsehen.
Aus Minsk gab es zunächst keine Angaben. Belarus gehört zu Moskaus engsten Verbündeten und grenzt an die NATO-Staaten Polen und Litauen. Dem Nachbarland seien auch schon "Iskander"-Raketenkomplexe übergeben worden, sagte Putin.
Russland will Panzerproduktion hochfahren
In dem Interview ging Putin auch auf die Ankündigung Großbritanniens ein, der Ukraine panzerbrechende Munition mit abgereichertem Uran zu liefern. Er drohte damit, auch die russischen Streitkräfte mit dieser Art von Geschossen auszurüsten, falls Kiew diese erhalten sollte. Russland verfüge "natürlich" über Mittel, um darauf zu reagieren, sagte Putin. "Wir haben, ohne zu übertreiben, Hunderttausende solcher Geschosse. Wir setzen sie nur derzeit nicht ein."
Westliche Waffenlieferungen an die Ukraine seien zwar eine "Bedrohung" für Russland, sagte Putin. Die russische Rüstungsindustrie mache jedoch Fortschritte, in den kommenden drei Jahren werde sie 1600 Panzer herstellen können. Damit werde die russische Armee "mehr als dreimal so viele" Panzer haben wie ihr Gegner.
Westliche Waffenlieferungen würden diesen Krieg nur verlängern, sagte der Kremlchef im Interview. Putin gab sich einmal mehr sicher, dass Russland ausreichend große Mengen an Waffen und Munition produzieren werde. Von einem baldigen Kriegsende oder einem Truppenrückzug sprach Putin nicht.
Immer wieder Drohungen aus Putins Umfeld
Mit Bezug auf einen möglichen Einsatz von Atomwaffen in der Ukraine hatte Russland in den vergangenen Monaten unterschiedliche Signale gesendet. Beim Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Moskau bekannten sich Putin und Xi in einer gemeinsamen Erklärung dazu, dass ein Atomkrieg "niemals entfesselt" werden dürfe. In einer nuklearen Auseinandersetzung könne es "keine Sieger" geben, hieß es weiter.
Andererseits drohten in den vergangenen Monaten mehrere hochrangige russische Vertreter, darunter der ehemalige Präsident und heutige Vizechef des Sicherheitsrats Dmitri Medwedjew, immer wieder offen mit Atomwaffen. Zudem setzte Russland im Februar den letzten verbliebenen nuklearen Abrüstungsvertrag mit den USA, New Start, aus - kündigte dann aber an, die Verpflichtungen daraus bis zum Auslaufen des Abkommens am 5. Februar 2026 einzuhalten.
Mit Informationen von Frank Aischmann, WDR