Geplante slowakische Justizreform "In Wahrheit ein Pro-Mafia-Paket"
Der wiedergewählte slowakische Premier Fico will Reformen im Strafrecht und in der Justiz durchsetzen - nach ungarischem Vorbild. Tausende protestieren dagegen im ganzen Land. Auch in der EU sorgt man sich um den slowakischen Rechtsstaat.
Schon zum fünften Mal gehen wieder Tausende auf die Straße - in der Hauptstadt Bratislava und in allen anderen größeren Städten in der Slowakei.
"Herr Fico, die Menschen sehen, was ihr tut! Dass ihr den Staat entführt! Ihr schafft unabhängige Institutionen ab, und eure Strafrechtsreform ist in Wahrheit ein Pro-Mafia-Paket", kritisiert etwa Michael Simecka, der an der Spitze der Opposition gegen den slowakischen Regierungschef Robert Fico steht. "Euch geht es nur um Rache und Straflosigkeit."
Im Dezember hat der pro-europäische Politiker Simecka die ersten Proteste organisiert. Damals, als der Linkspopulist Fico im Schnellverfahren die Sonderstaatsanwaltschaft abschaffen wollte. Die ist zuständig für hochrangige Korruptionsfälle, auch aus Ficos vorigen drei Amtszeiten. Aber damit ist er bisher nicht durchgekommen. Die Opposition hat die Abstimmung verzögert.
"Die Regierung hat wirklich gedacht, dass sie uns zum Schweigen bringen kann", so der liberale Politiker Branislav Gröhling. "Aber sie hat sich verrechnet, wenn ich Euch alle hier sehe. Fico fürchtet die Straße. Er hat sich in seine neue Luxuswohnung verkrochen, die er sich von anständiger Arbeit nie hätte leisten können."
Warnung vor "Generalamnestie"
Auch die liberale Präsidentin Zuzana Caputova kritisiert Fico. Seine Reform würde auch das Strafmaß für viele Verbrechen senken und Verjährungsfristen verkürzen. Das sei quasi eine Generalamnestie für Tausende Beschuldigte, darunter auch Vertraute des slowakischen Regierungschefs.
"Die Strafrechtsnovelle ist eine der gravierendsten unserer Geschichte", so Caputova. "Sie würde den Umgang mit einfachem Diebstahl, aber auch mit organisierter Kriminalität grundlegend verändern und die Rechte von Opfern irreversibel einschränken."
EU erhebt Einspruch
Die Europäische Staatsanwaltschaft bemängelt, dass die Slowakei nicht mehr in der Lage wäre, die Veruntreuung von EU-Geldern wirksam zu bekämpfen. Am Mittwoch verurteilte das Europaparlament die slowakischen Reformvorschläge mit großer Mehrheit. In einer Resolution fordern die Abgeordneten die EU-Kommission dazu auf, sehr genau zu verfolgen, wohin die Slowakei bei der Rechtsstaatlichkeit steuert - und früher einzuschreiten als bei Ungarn oder Polen.
Für Fico hat sich das Parlament in Straßburg von der slowakischen Opposition instrumentalisieren lassen. Die Reform sei verfassungskonform und die Kritik von Präsidentin Caputova überzogen.
"Leider Gottes müssen wir feststellen, dass die Präsidentin nicht als Staatschefin aufgetreten ist, sondern als Sprecherin der Opposition", so Fico. "Außerdem hat sie den Präsidentschaftswahlkampf eröffnet. Denn sie weiß, dass der große Favorit für ihre Nachfolge aus der Regierungskoalition kommt."
Caputova tritt bei der Wahl im März nicht wieder an, auch wegen vieler Angriffe auf sie, zum Beispiel von Fico. Der bisherige Parlamentspräsident Peter Pellegrini will heute seine Präsidentschaftskandidatur erklären. Er führt eine gemäßigtere linkspopulistische Partei. Für die Demonstrantinnen und Demonstranten ist er aber nur der "Taschenträger" von Fico, mit dem dieser leichter durchregieren könnte. Ein Selbstläufer ist seine Wahl allerdings nicht, dafür sorgen auch die Proteste.