Pressefreiheit in der Slowakei Fico lernt von Orban
Seit knapp einem Monat regiert der Linkspopulist Fico wieder in der Slowakei. In der Außenpolitik agiert er inzwischen moderater. Die große Gefahr sehen Kritiker im Innern - etwa für die Pressefreiheit.
Normalerweise wäre es keine Schlagzeile wert, dass Journalistinnen und Journalisten den Regierungssitz in Bratislava betreten dürfen. Die Slowakei ist schließlich ein demokratisches Land und EU-Mitglied.
Doch im Oktober ist Robert Fico zum vierten Mal in diesen Regierungssitz eingezogen und mit ihm ein neuer Umgang mit kritischen Medien. Einige von ihnen bezeichnet Ministerpräsident Fico nun als feindliche Medien.
"Unerwünschte Gäste"
Der meistgesehene TV-Sender Markiza, die Zeitungen "Dennik N" und "Sme" sowie das Internet-Portal Aktuality würden sich offen zu Hass und Feindschaft gegen die linksnationale Smer-Partei des Regierungschefs bekennen, so Fico in einem Facebook-Video. Daher habe er beschlossen, ihre Arbeitsgenehmigungen im Regierungssitz zu überprüfen. Bis dahin seien sie dort "unerwünschte Gäste".
Zutritt erhalten diese Medienschaffenden vorerst nun doch. Sie hatten sofort mit Klagen gedroht. Aber die Sorge wächst, dass Fico in seiner vierten Amtszeit die freie Berichterstattung einschränken könnte. Und dass der slowakische Premier besonders in dieser Hinsicht von seinem Amtskollegen Viktor Orban im benachbarten Ungarn lernen und an den Grundpfeilern der jungen Demokratie in der Slowakei rütteln könnte.
Motiviert durch "Straffreiheit und Rache"
Die Staatsanwaltschaft will der 59-Jährige reformieren, den Polizeipräsidenten hat er sofort abberufen und durch einen Vertrauten ersetzt. "Das Einzige, was diese Regierung motiviert, ist Rache", meint der liberale Oppositionsführer Michal Simecka, "Straffreiheit und Rache".
Rache für den tiefen Fall Ficos und seiner Mitstreiter nach dem Jahr 2018. Nach der Ermordung des jungen Investigativ-Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova wurde der damalige Regierungschef durch Massenproteste aus dem Amt gefegt. Er war zum Gesicht eines von Korruption gezeichneten Landes geworden - Korruption, über die Kuciak recherchiert hatte. Fico selbst wurde nie angeklagt, gegen ihn und viele seiner Vertrauten wird allerdings ermittelt, bislang oft erfolglos.
Straffreiheit für sein Umfeld halten Politikwissenschaftler wie Josef Lenc für eines der stärksten Motive für Ficos erbitterten Kampf um ein Comeback.
Vor allem mit russlandfreundlicher Rhetorik punktete Fico im Wahlkampf. Zusammen mit der sozialdemokratischen Hlas-Partei und der kleineren rechtsnationalen SNS hat seine Koalition eine knappe Mehrheit der Abgeordneten hinter sich, darunter pro-russische Verbreiter von Desinformationen und Verschwörungserzähler.
Journalisten sollen wieder "ausgewogen" berichten
Die Schuld an seinem tiefen Fall gab der Linksnationalist auch kritischen Journalistinnen und Journalisten. Diese würden nicht wahrheitsgemäß und objektiv berichten. "Wir können nicht respektieren, dass die Slowakei von Medien oder NGOs gelenkt wird", so Fico zur Regierungserklärung im Parlament.
Alle vier von ihm als "feindlich" bezeichneten Medien sind in privater Hand. Für Aktuality hatte der ermordete Journalist Kuciak gearbeitet. Viele Zeitungen in der Slowakei sind eher progressiv-liberal ausgerichtet. Die Journalisten müssten endlich wieder "ausgewogen" berichten und mehr konservative und nationale Stimmen zu Wort kommen lassen, fordert Fico bereits seit Langem.
Aber auch in die Arbeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks will der wiedergewählte Langzeit-Premier eingreifen und Radio und Fernsehen aufspalten. Beim Etat hat seine Regierung einen direkten Hebel, denn seit Juli zahlen Slowakinnen und Slowaken keine Rundfunkgebühren mehr. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird direkt aus dem Staatshaushalt finanziert.
Medienschaffende schon lange Feindbild
Für den Russland- und Orban-Freund Fico sind Medienschaffende schon lange Feindbilder, die er wahlweise als korrupt oder als "antislowakische Huren" beschimpfte und mit denen er oft nicht redet.
Doch nun unterscheide er als Regierungschef zwischen "befreundeten" und "feindlichen" Medien und behindere gezielt unliebsame Berichterstattung über seine Regierung, beklagt Matus Kostolny, der Chefredakteur von "Dennik N". Das schwäche die Demokratie und sei nicht nur inakzeptabel, sondern auch gefährlich, gerade in einem Land, in dem ein Journalist wegen seiner Arbeit von Auftragskillern ermordet wurde.
Kostolny und seine Kolleginnen und Kollegen wollen sich den Mund jedenfalls nicht verbieten lassen und wie gewohnt kritisch berichten. Auf ein Interview mit dem Comeback-Premier können sie aber kaum hoffen. Fico hat nun einen Boykott "feindlicher" Medien angekündigt.